Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Tal der bittersüßen Träume

Im Tal der bittersüßen Träume

Titel: Im Tal der bittersüßen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
»Später kann er den Helden spielen und überall seine Narben zeigen.«
    Paddy drehte sich um und verließ die Terrasse. Vor dem Haus traf er auf einige seiner Capatazos und bemühte sich, die Haltung des großen Bosses zu bewahren.
    Sie umringten Paddy sofort, als er langsam hinüber zu dem Gästeflügel der Hacienda ging. »Emanuel hat alles erzählt!« riefen sie.
    »Ich weiß es auch, Leute.« Paddy atmete schnaufend durch.
    »Bekommen wir auch die tausend Dollar, Patron?«
    »Ihr seid verrückt!« Paddy blieb stehen. »Ist euch Mendoza nicht Warnung genug? Gegen diesen Americano kommt ihr nicht an! Leute, ich kenne die Typen! Ich bin ja selbst Amerikaner. Dieser Mann ist kälter als ein Stein unter dem Eis.«
    »Ein Tag ist lang, Patron«, sagte einer aus der Gruppe der Capatazos. »Und eine Woche ist noch länger.«
    »Versucht es!« Paddy sah seine Mexikaner an. Plötzlich spürte er so etwas wie Weichheit in sich aufkommen. Meine Leute, dachte er. Für sie bin ich der Boß und der Vater zugleich. Sie haben Angst vor mir, und sie lieben mich doch – rätselhaft genug. »Es wird Tote geben, Leute.«
    »Er ist allein, Patron.«
    »Ihr Idioten! Er zählt mehr als zehn Santa Magdalenas zusammen! Fühlt euch nicht so sicher! Das ist Haverstons Verbündeter: Eure Sorglosigkeit! Er fühlt sich nie sicher, er ist immer auf dem Sprung, wie ein Berglöwe, der eingekreist ist.« Paddy nagte an der Unterlippe, aber dann sprach er es doch aus, obgleich es gegen alle Vernunft war. »Wenn ihr etwas tun wollt – sagt dem Pfaffen und dem Doktor Bescheid.«
    »Schon geschehen, Patron!« Die Capatazos grinsten. »Ein Reiter ist bereits unterwegs.«
    Santa Magdalena richtete sich auf seine Verteidigung ein.
    Solange man es mit Paddy allein zu tun gehabt hatte, war der Kampf einigermaßen fair gewesen, auch wenn's um so höllisches Zeug wie Peyotl und Rauschhanf ging. Für die Mexikaner war der Krieg Paddys gegen Dr. Högli und Pater Felix so etwas wie ein Gesellschaftsspiel geworden – während die Indios von Tag zu Tag mehr zusammenschrumpften und vom großen Durst vernichtet wurden. Aber wen kümmern schon die Indios?
    Jetzt aber sah die Sache anders aus. Der Krieg wurde zum nackten Mord (obschon, genaugenommen, jeder Krieg nichts als nackter Mord ist. Denn Probleme, gleich welcher Art, durch Blut zu lösen, heißt morden, auch wenn eben dadurch Kaiser, Könige und Politiker als die ›Großen‹ in die Geschichte eingehen!).
    Die Männer des Dorfes räumten ihre Häuser und marschierten in zwei Gruppen ab – die einen zur Kirche, die anderen zum Hospital. Sechs Capatazos zu Pferde – drei auf jeder Seite – hielten den Kontakt von Gruppe zu Gruppe aufrecht. Dazwischen aber breitete sich vollkommene Stille und Leere aus. Hier die Kirche, davor das nur noch von Frauen, Kindern und Greisen bewohnte Dorf – dort das Hospital. Das Land dazwischen war Niemandsland – oder freies Schußfeld, ganz wie man es sehen wollte. Was man an Holz noch heranschleppen konnte, wurde zu den beiden ›Festungen‹ geschafft. Jeder brennbare Abfall wurde gesammelt.
    Feuer, Amigos, Feuer! Man muß jetzt jede Nacht große Feuer brennen! Nicht eine Wüstenmaus darf unbemerkt in die Nähe kommen.
    Wenn es nur Wasser gäbe! Nur einen Tag Regen. Einen einzigen Tag, Gott im Himmel! Mehr wollen wir nicht, das genügte uns schon! Einen kleinen Tag lang Regen. Es ist ja nicht allein wegen des Wassers … es geht auch um die Hoffnung, Herr über der glühenden Sonne! Die Hoffnung, daß wir weiterleben dürfen.
    So gründlich sich an diesem Tag Santa Magdalena gegen einen einzigen Mann rüstete, der fröhlich in Paddys Swimming-pool planschte und elegant vom Sprungbrett Pirouetten drehte, während zwanzig Meter weiter Emanuel Lopez weinte und hinter dem Haus, in einer Ecke des Gartens, Mendoza Femola verscharrt wurde – so uneins waren sich Dr. Högli und Pater Felix.
    Es ging um ein Grundproblem: Wer kommt zu wem?
    Dr. Högli sagte: »Es ist sinnlos, daß jeder sich gesondert verschanzt. Wir sind am stärksten gemeinsam! Vereint marschieren, vereint schlagen!«
    »Markige Worte«, sagte Pater Felix. »Aber es ist etwas Wahres dran. Kommen wir bei mir zusammen!«
    Dr. Högli schüttelte den Kopf. »Ich kann meine Kranken nicht alleinlassen, Felix. Kommen Sie zu mir.«
    »Unmöglich! Ich kann meine Kirche nicht alleinlassen!«
    »Felix! Bei mir liegen jetzt neununddreißig Kranke! Bei Ihnen handelt es sich bloß um ein Gebäude.«
    »Ich bleibe in

Weitere Kostenlose Bücher