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Im Tal der bittersüßen Träume

Im Tal der bittersüßen Träume

Titel: Im Tal der bittersüßen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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schwebte endlich der Helikopter ein. Seine roten und grünen Blinklichter waren wie ein Signal: Hier kommt das Leben!
    Aber das täuschte. Mendoza Femola brachte nicht nur Medikamente mit. Aus dem Hubschrauber sprang, in den Knien federnd, Rick Haverston.
    Die Organisation war ungeduldig geworden.
    Rick Haverston hielt sich nicht mit unnützen Dingen auf. Unnütz war vor allem die Frage, ob Antonio Tenabo die Cholera überleben würde. Die Frage des Überlebens stellte sich Haverston überhaupt nicht; wo er auftrat, gab es Tote. Das war sein Beruf, und daran würde sich auch in Santa Magdalena nichts ändern. Er wurde dafür bezahlt, und er lieferte für gute Dollars auch eine gute Arbeit ab, so wie man von einem Bäcker frische, knusprige Brötchen und von einer Wäscherei ein fleckenlos weißes, korrekt gebügeltes Hemd erwarten darf. Denn Töten war für ihn ein Job wie jeder andere.
    Haverston hatte schon von Mendoza Femola in Nonoava erfahren, was mit Pierre Porelle passiert war, warum man Medikamente in den Bergkessel flog und welches Durcheinander Paddy angerichtet hatte. Völlig unverständlich war es Haverston, daß Paddy diesen Dr. Högli zu Hilfe gerufen hatte, statt Porelle einfach auf dem Kakteenfeld liegen zu lassen. Das hätte vieles vereinfacht. Jetzt hockten alle sogar in der Kirche, ein Club jammernder alter Herren, ein Haufen Waschlappen, wo gerade jetzt die Gelegenheit so günstig war, sowohl den Pfaffen wie auch den Pillen-Artisten aus nächster Nähe zu liquidieren.
    Rick demonstrierte gleich nach der Landung, wie er sich sein Leben in Santa Magdalena vorstellte: Wahllos griff er sich einen der vor der Kirche stehenden Indios heraus, zerrte ihn zu Paddys Wagen, gab ihm drei kräftige Ohrfeigen, warf ihn auf den Nebensitz, sagte auf spanisch: »Zur Hacienda, du Wanze!« und ließ den Motor an. Der Indio starrte entgeistert auf den Fremden, wollte aus dem Wagen springen, aber Haverston griff sofort zu, zog den Mann am Kragen zurück und schlug seinen Kopf gegen die Holme der Windschutzscheibe.
    »Nicht doch, mein Kleiner!« sagte Rick fast väterlich. »Ich hasse es, zweimal das gleiche zu sagen.«
    Der Indio nickte, kroch in sich zusammen und zeigte auf die Straße. »Dort, Señor …«
    »Na also!« Haverston fuhr los. Der Indio hatte den Kopf gesenkt, wie eine Puppe schwankte er bei jeder Kurve hin und her. Der Topfhut war ihm über das Gesicht gerutscht, und so sah Haverston nicht, wie die schwarzen Augen vor Haß funkelten. Es hätte Rick auch kaum erschüttert – er hätte sich am Ende des Weges lediglich mit einem Schuß verabschiedet.
    Mendoza Femola und sein Pilot, der Polizeisergeant Emanuel Lopez, rannten mit den Medizinkartons in die Kirche, begleitet vom Gesang der frommen Indios, die auch zum Abendmahl in der Kirche blieben, jetzt nicht allein aus purer Frömmigkeit, sondern in der vagen Hoffnung, der große Mr. Paddy könnte wieder ein Faß mit reinem Wasser spendieren.
    Femola und Lopez rissen ihre Polizeimützen vom Kopf und rannten durch den Mittelgang zum Altar. Dort knieten sie nieder, gewissermaßen im Lauf abstoppend und nach vorn sinkend, sprangen wieder auf und verschwanden mit den Kartons hinter dem Altar. Pater Felix beendete gerade den Gottesdienst und hob segnend die Hände.
    »Endlich!« schrie Paddy. »Sehen Sie sich Antonio an! Wenn er noch zu retten ist, kommt das einem Wunder gleich.«
    »Es war nicht meine Schuld, Mr. Paddy.« Dr. Högli riß bereits ein Paket auf. Es enthielt Einwegspritzen mit Terramycin und andere Antibiotika. Mendoza starrte auf den stöhnenden und zuckenden Tenabo. Der Gestank warf ihn fast um; er fächelte sich mit seiner silberbelitzten Polizeichefmütze Luft zu. Dr. Högli begann mit der ersten Injektion. Evita war mit den Infusionsnadeln und Schläuchen gekommen und hielt Antonios Arm, während Juan-Christo die Hohlnadel in die Armvene schob.
    »Blödsinn!« sagte Dr. Högli grob. »Wir müssen Tenabo umdrehen und ihm einen gewaltigen Einlauf machen.«
    »Also, ich stehe da und warte auf den Boten aus der Apotheke«, fuhr Mendoza Femola fort. »Da hält vor der Polizeistation ein amerikanischer Wagen. Nanu, denke ich, was ist das? Hat sich wohl verfahren? Will zu Blondie Marys Puppen und landet bei mir! Aber nein! Es steigt ein Kerl aus, ein knochiger, schwindsüchtiger Bursche mit hellblauen, merkwürdig fischigen Augen, fragt ohne Begrüßung: ›Wie komme ich nach Santa Magdalena?‹, und als ich antwortete: ›Überhaupt nicht! Das

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