Im Tal der bittersüßen Träume
Krankenhaus an«, sagte Haverston plötzlich. »Ich hab's mir überlegt. Drei Gewehrgranaten ins Hospital, das hat eine überzeugende Wirkung. Und Sie, Jack, geben gleichzeitig schönes, reines, kaltes Wasser aus – so viel, wie die Indios haben wollen! Lassen Sie sie Ihr Schwimmbecken leersaufen, während ich das Krankenhaus beschieße. Ich glaube, Jack, das ist eine ganz vorzügliche Idee.«
Paddy schwieg. Er zog den dicken Kopf in die Schultern und starrte entsetzt auf die staubige Straße.
Einer der Meldereiter aus den Reihen der Capatazos brachte die Meldung sofort zu Dr. Högli: Der Patron und dieser Mörder aus den USA waren mit dem Geländewagen im Dorf gewesen, hatten sich umgesehen und waren dann wieder zur Hacienda zurückgefahren. Pater Felix empfahl vermehrte Aufmerksamkeit. Irgend etwas lag in der Luft. Rick Haverston hatte – nach Feldherrnsitte – seinen Gegner gemustert.
Aber das war nicht die entscheidende Meldung dieses Abends. Als die Feuer loderten und die Indio-Posten im weiten Umkreis das Krankenhaus abschirmten, erschien im Hospital Jorge Cuelva.
Bisher hatte man Cuelva immer als den Stellvertreter Antonio Tenabos angesehen. Er war überall dabei, wo Tenabo sein Unwesen getrieben hatte, er hatte jede Gemeinheit mitgemacht, und während Tenabo die Faust war, machte Cuelva das Geräusch: Er lachte immer und überall schallend, schrie »Wumm!«, wenn Tenabo zuschlug, oder »Hoppla!«, wenn jemand in den Staub rollte, und Tenabo war sehr zufrieden mit ihm, denn er war für ihn so etwas wie ein Claqueur.
Jetzt stand er in der Tür zur Dr. Höglis Arbeitszimmer, drehte den großen Sombrero in den Händen, wirkte sehr kleinlaut und hatte seine Waffen draußen bei der Indio-Wache abgegeben, was vor kurzem noch undenkbar gewesen wäre.
»Doktor«, sagte Jorge Cuelva und hielt sich an seinem riesigen Hut fest. »Ich habe schon mit dem Padre darüber gesprochen. Was jetzt in Santa Magdalena geschieht, ist eine Katastrophe, für uns alle, Doktor … Der Patron wird toben, aber er wird nie herausfinden, wie's gewesen ist. Wir sind uns nämlich alle einig, Doktor, alle.«
»Ich verstehe gar nichts«, sagte Dr. Högli. Er stand hinter seinem Schreibtisch. Evita hatte einen Berg gewaschener Mullbinden vor sich liegen und wickelte sie auf. Die Vorräte im Hospital gingen zur Neige; alles, was man noch weiterverwenden konnte, wurde jetzt aufgehoben und gereinigt. Vier Indiofrauen wuschen die Binden und Tücher aus; das bedeutete, daß es noch weniger Wasser zum Trinken gab. »Was wollt ihr?« hatte Dr. Högli die Kranken gefragt. »Dursten und auf Regen warten – oder an Blutvergiftung sterben?« Und die Kranken hatten geantwortet: »Doktor, mach alles, wie du es willst.«
»Es stehen zwei Männer bereit, Doktor«, sagte Cuelva und drehte seinen Hut, »um Sie und die Señorita aus dem Tal fortzuschaffen.«
Dr. Högli stockte der Atem. Aus den Augenwinkeln sah er Evita an. Sie saß wie gelähmt.
Freiheit! Weiterleben dürfen! Wasser! Hinaus aus dieser Hölle von Tal! Weit, weit weg fahren und nie mehr den Namen Santa Magdalena hören! Wieder leben können in einer Welt von Schönheit und Glück. Das alles las er in ihren Augen, und er konnte sie verstehen.
»Und der Padre?« fragte Dr. Högli. Er gab sich keine Mühe, seiner Stimme noch einen festen Klang zu geben.
»Den Padre auch, Doktor …«
»Und was sagt Pater Felix?«
Jorge Cuelva drückte den riesigen Hut an seine Brust. »Er will in Santa Magdalena bleiben.«
Dr. Högli senkte den Kopf und wandte sich ab. Aber beim Umdrehen fing er Evitas Blick auf.
»Wir auch«, sagte er.
Eine ganze Zeit stand Dr. Högli schweigsam am Fenster und blickte hinaus auf den Vorplatz des Hospitals. Links und rechts des Weges, der zum Dorf führte, hatten die Indios aus großen Steinen runde Verteidigungsnester gebaut. Jeweils vier Männer hockten hier in der glühenden Sonne, nur geschützt durch ihre breitkrempigen Sombreros, und bewachten den Zugang zum Krankenhaus. Streifen umkreisten das gesamte Hospitalgebiet. Auf einigen nahen felsigen Erhebungen standen die Wachen und beobachteten jede Bewegung im Talkessel und im Dorf. Von hier aus konnte man auch auf der gegenüberliegenden Seite die Kirche, das Pfarrhaus und den weiten Dorfplatz übersehen. Näherte sich von der Hacienda irgend etwas Verdächtiges, würde man es sofort erkennen und hätte Zeit, sich darauf einzurichten.
Aber niemand glaubte daran, daß Rick Haverston am hellen Tag etwas gegen
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