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Im Tal der bittersüßen Träume

Im Tal der bittersüßen Träume

Titel: Im Tal der bittersüßen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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meiner Kirche!« sagte der Pater.
    »Meine Kranken brauchen mich! Felix, Sie wollen es als alter Dickschädel bloß nicht zugeben: In einer solchen Situation ist ein Krankenhaus wichtiger als ein Weihrauchkessel! Ich weiß, ich weiß! Ihre Gottesdienste! Die Beichten! Die Kommunion! Ich richte Ihnen im Hospital einen großen Raum als Notkirche ein!«
    Sie konnten sich nicht einigen, und so blieb es bei den beiden Gruppen. Auch wenn es gegen jede Logik war – später sollte sich zeigen, daß sie in ihrer Sturheit doch das Richtige getan hatten.
    Pierre Porelle erlebte den Aufmarsch der Indios mit. In einem Bett des großen Krankensaals liegend, bewacht von seinen Zimmergenossen, geschwächt durch die hohen Penicillingaben und gepeinigt von vielen hundert kleinen Entzündungen, die jetzt höllisch zu jucken begannen, wunderte er sich, daß man seiner Anwesenheit solch große Aufmerksamkeit schenkte. Er nahm an, daß alles nur seinetwegen geschah und grübelte darüber nach, was wohl Rick Haverston gegen diese Belagerung tun würde, wenn er übermorgen in Santa Magdalena eintraf. Antonio Tenabos Cholera war ein neuer Schlag, mit dem keiner gerechnet hatte, auch das verschlechterte Paddys bisher so günstige Position.
    »Wenn man nicht wüßte, daß ein Pater mitspielt«, sagte er zu Juan-Christo, der seine Wunden neu einpuderte, »könnte man sagen: Bei euch hilft der Teufel mit.«
    Juan-Christo gab keine Antwort. Dem Doktor allein oblag es, die neue Lage zu erklären.
    Dr. Högli tat es am späten Nachmittag dieses turbulenten Tages.
    »Es ist eine Farce des Schicksals«, sagte er und setzte sich auf Porelles Bettkante, »aber ich bin dabei, Ihnen zum zweitenmal das Leben zu retten, obgleich Sie sich vermutlich noch immer überlegen, wie Sie mich umbringen können. Nach den letzten Ereignissen ist sicher, daß auch Sie auf der Abschußliste stehen.«
    »Auf wessen Liste?« fragte Porelle. Er hatte immer noch Mühe mit dem Sprechen. Der halbe Liter Wasser pro Tag weichte seinen ledernen Gaumen nicht auf.
    »Rick Haverston.«
    »Der Name ist allerdings ein Signal, Doktor.«
    »Haverston hat es schon auf Rot gestellt. Rot wie Blut. Polizeichef Mendoza Femola ist bereits liquidiert. Das war Haverstons Visitenkarte.«
    »Haverston«, keuchte Porelle. Seine geschwollenen Augen weiteten sich.
    »Ja. Er ist seit gestern hier! Die Hölle von Santa Magdalena ist komplett.«
    Am frühen Abend, bei einem herrlichen Sonnenuntergang, der den Himmel in breite Flammenstreifen zersägte, machte Haverston im Dorf einen Besuch. Jack Paddy mußte ihn auf dieser Informationstour, wie Rick es nannte, begleiten; er bestand darauf. Sie fuhren mit dem schweren Geländewagen, diesem Panzer-Ersatz, für den es kein Hindernis gab.
    Schon bei den ersten, verstreut in den gelbbraunen, von der Sonne verbrannten Gärten liegenden Steinhäusern ahnte Paddy, was in Santa Magdalena geschehen war. Er legte eine Hand auf Haverstons Unterarm und zeigte mit der anderen hinaus.
    »Sehen Sie sich das an! Nur Weiber und Kinder! Kein einziger Mann mehr im Dorf!«
    »Na und?« antwortete Rick gleichgültig.
    »Sie hirnloser Ballerer! Das bedeutet, daß alle Indios zur Bewachung von Dr. Högli und Pater Felix eingesetzt sind.«
    »Regt Sie das auf?« Haverston hielt mitten im Dorf auf der sogenannten Hauptstraße, einem breiten, geraden, mit festgestampftem Geröll befestigten Weg. Die Indios hatten ihn Avenida l'Iglesia getauft. Er führte direkt auf die Kirche zu und mündete in den großen Platz. Dort aber standen jetzt die Gruppen der primitiv Bewaffneten bei den noch nicht entzündeten Holzhaufen und riegelten Kirche und Pfarrhaus ab.
    »Es war alles so gut im Fluß!« knurrte Paddy. »Es war alles so gut organisiert. Ich war mit einem Unbesiegbaren verbündet – mit der Sonne. Aber die Großschnauzen in den Staaten schicken mir einen, der seine Revolver beschläft wie andere ihre Weiber!«
    »Jack, ich habe mich noch nie beleidigen lassen«, sagte Haverston ruhig. Er stützte sich auf das große Lenkrad und sah hinüber zu den Menschenknäueln. »Sie sollten höflicher im Umgang mit mir sein.«
    »Sie sollten langsam begreifen, daß es jetzt unangenehm für Sie wird«, sagte Paddy ruhig. »Sie haben Ihren Auftrag – aber Sie können ihn nicht ausführen. Machen Sie das mal Ihren Partnern klar! Oder wissen Sie schon, wie Sie jetzt noch an Dr. Högli und Pater Felix herankommen?«
    »Ja«, sagte Haverston schlicht.
    Paddy blickte ihn entgeistert an.

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