Im Tal der flammenden Sonne - Roman
wich langsam zur Tür zurück.
»Vielen Dank, Mohomet. Auf mich wartet schrecklich viel Arbeit. Hoffentlich finden Sie etwas, das Ihnen gefällt, Arabella!« Ohne eine Antwort abzuwarten, verließ sie eilig den Laden. Arabella, die es lieber gesehen hätte, wenn Maggie geblieben wäre, machte noch eine Handbewegung, um sie aufzuhalten, doch es war zu spät. Der Ladeninhaber bemerkte es nicht. Er durchsuchte bereits einen Kleiderständer nach etwas Passendem.
»Sie sind in der Tat ein sehr zierliches kleines Mädchen«, sagte er nach einem prüfenden Blick. Dann hielt er ihr ein Kleid hin, das nach Arabellas Meinung scheußlich und obendrein ein Kinderkleid war: rosarot und gelb gemustert, vorne durchgeknöpft und ärmellos. »Ich fürchte, ich habe nicht viel in Ihrer Größe da.«
»Ich bin neunzehn und kein kleines Mädchen mehr«, fauchte sie. »Und ich weiß selbst, dass ich klein und schmal bin. Aber haben Sie nicht etwas, das mich vollständig bedeckt?«
Mohomet sah sie verblüfft an. »Warum wollen Sie sich denn verstecken?«
»Ich möchte mich vor der Sonne schützen, so gut es geht.«
»Am besten meidet man die Sonne ganz«, sagte Mohomet in einem, wie er hoffte, sachlichen Ton. »Ist das nicht möglich, sollte man auf jeden Fall zwischen zwölf und zwei Uhr, wenn die Sonne am heißesten brennt, drinnen bleiben. Ich zum Beispiel schließe mein Geschäft um zwölf, bete und schlafe dann zwei Stunden.«
Doch bei dem, was Arabella vorhatte, würde ihr gar nichts anderes übrig bleiben, als sich der Sonne auszusetzen, deshalb benötigte sie zweckmäßige Kleidung. »Haben Sie nicht etwas Knöchellanges mit langen Ärmeln?«
Mohomet machte ein verdutztes Gesicht. »Ich glaube nicht«, murmelte er, während er die Kleider auf dem Ständer durchsah. »Dafür ist hier kein Bedarf.«
»Aber Sie haben doch auch so etwas an«, meinte Arabella, ihn von Kopf bis Fuß musternd.
»Sie suchen etwas in der Art?« Mohomet deutete verwundert auf sein langes Gewand.
»Ja.«
Der Händler ging ans andere Ende des Ladens, wo weitere Kleiderständer standen. »Ah!« Er nickte zufrieden und zog ein Gewand hervor. »Wie wäre es damit?«
Arabella betrachtete es prüfend. Es war eine Art Kaftan in einem warmen Bronzeton, knöchellang und mit dreiviertellangen Ärmeln. Der Stoff war mit einem schwarzen Muster bedruckt, eine Kordel diente als Gürtel. »So etwas habe ich noch nie gesehen«, staunte sie.
»Das trägt man in Vorderasien«, klärte Mohomet sie auf. »Meine Landsleute verlangen schon mal solche Sachen.«
Arabella gefiel das Gewand zwar nicht, aber sie durfte nicht wählerisch sein. Immerhin war es aus Baumwolle. »Na ja, besser als gar nichts«, meinte sie. »Und lange muss ich es ja nicht tragen, weil ich bald wieder bei meinen Eltern sein werde«, fügte sie zuversichtlich hinzu.
Mohomet warf ihr einen eigenartigen Blick zu. »Woher sollen Ihre Eltern denn wissen, dass Sie noch am Leben sind? Die Telegrafenleitung ist unterbrochen, und es wird einige Zeit dauern, bis sie wieder repariert ist.«
»Meine Eltern wissen, dass ich lebe«, erwiderte Arabella mit Nachdruck, »und sie werden nach mir suchen, bis sie mich gefunden haben.«
»Niemand kann ohne Wasser in der Wüste überleben, Miss Fitzherbert. Oder nur für sehr kurze Zeit. Viele sind schon verdurstet oder verhungert. Sie können von Glück sagen, dass die Aborigines Sie entdeckt haben.« Mohomet war überzeugt, dass die Familie der jungen Frau nicht mehr damit rechnete, sie lebend wiederzusehen, sprach es aber nicht aus.
»Von Glück sagen? Ha! Ich kann von Glück sagen, dass diese Wilden mich nicht getötet haben!«, brauste Arabella auf. »Wo ist die Umkleidekabine?«
»Oh, Sie möchten das Kleid anprobieren?«
»Es passt mir garantiert nicht besser als das von Maggie, aber ich möchte es trotzdem gleich anziehen.«
Mohomet fragte sich, weshalb sie es so eilig hatte. »Sie können sich hinten in meiner Wohnung umziehen.«
»Ich hoffe, die Tür lässt sich abschließen«, murrte Arabella, als sie durch den Laden nach hinten ging. Mohomet sah ihr tödlich beleidigt nach.
Einige Minuten später kam sie zurück. Sie hatte den Kaftan angezogen und trug Maggies Kleid über dem Arm. Das weite, lange Gewand bedeckte ihren Körper fast vollständig. Zusammen mit dem Hut und dem Schleier bot sie einen reichlich merkwürdigen Anblick. Sie suchte sich verschämt passende Unterwäsche und ein Paar Sandalen aus, die sie anprobierte. »Bitte setzen Sie
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