Im Tal der flammenden Sonne - Roman
hervorragend hingekriegt«, bemerkte Tony mit einem genervten Seitenblick auf seine Frau. Kein Kameltreiber, das wusste er, wäre jetzt noch bereit, Arabella nach Alice Springs zu bringen.
4
Der Tag zog sich dahin. Clarice und Edward schwebten zwischen Hoffen und Bangen und beteten, dass ihre Tochter lebend gefunden wurde. Es dämmerte bereits, als es an der Tür des Hotelzimmers klopfte. Edward öffnete. Es war Sergeant Menner. Edward brauchte ihn nur anzusehen und wusste, dass der Sergeant keine guten Nachrichten hatte. Unwillkürlich hielt er den Atem an.
»Es tut mir sehr leid, Mr Fitzherbert«, sagte Sergeant Menner leise. »Der Suchtrupp hat keine Spur von Ihrer Tochter gefunden.«
Edward schwankte zwischen Niedergeschlagenheit und der Erleichterung darüber, dass keine Leiche entdeckt worden war. Er hörte, wie hinter ihm Clarice wieder zu weinen anfing. »Wie weit sind Ihre Männer vorgestoßen?«
»So weit es ihnen zu Pferd möglich war, Sir. Sie haben ein ziemlich großes Gebiet durchkämmt.« Der Sergeant wich Edwards Blick aus. Er wusste, dass einem besorgten Vater diese Erklärung nicht reichen würde.
»Anscheinend nicht groß genug«, blaffte Edward den Sergeant auch schon an. »Ich dachte, Ihre Leute wären mindestens zwei Tage unterwegs!«
»Ich kann verstehen, dass Sie das nicht gerne hören, Sir«, begann Sergeant Menner behutsam. »Aber wie ich Ihnen bereits sagte, sind die Chancen, dass der Leichnam Ihrer Tochter gefunden wird, äußerst gering …«
»Hören Sie endlich auf, von einer Leiche zu reden, verdammt noch mal!«, brauste Edward auf. »Sie können nicht mit Sicherheit sagen, dass Arabella tot ist! Und wir werden die Hoffnung, dass sie noch lebt, nicht so schnell aufgeben! Ich werde Männer anheuern, die nach ihr suchen. Und dieses Mal werden sie gründlich suchen, ich werde mit ihnen gehen! Wir werden das ganze Gebiet durchkämmen – wenn es sein muss, von hier bis nach Marree!«
»Ich kann Sie nicht daran hindern, Sir, aber Sie werden niemanden finden, der bereit ist, sein Leben zu riskieren, wo die Chancen, Ihre Tochter …«
Edward ließ ihn nicht ausreden. »Was würden Sie denn tun, wenn es Ihre Tochter wäre?« Seine Stimme bebte vor Erregung.
»Ich kann Sie ja verstehen«, entgegnete der Sergeant betreten. »Aber im Gegensatz zu Ihnen habe ich bereits Leute gesehen, die sich in der Wüste verirrt hatten. Kein schöner Anblick, glauben Sie mir.«
»Wunder gibt es immer wieder, das haben Sie selbst gesagt«, entgegnete Edward mit erstickter Stimme.
»Das stimmt, Sir. Hätte Ihre Tochter sich nur verlaufen, wäre es durchaus möglich, dass sie einen oder zwei Tage überlebt hat, aber wenn sie aus einem fahrenden Zug gefallen ist …« Der Sergeant beendete den Satz nicht. Er senkte den Blick. Er brachte es nicht über sich, Edward ins schmerzerfüllte Gesicht zu sehen. »Es tut mir aufrichtig leid, Sir.«
Edward schloss die Tür, holte zittrig Luft und riss sich zusammen. Er musste stark sein, schon Arabella zuliebe. Falls er sie finden wollte, würde er all seine Kraft und seinen Verstand brauchen.
Da sie in der ersten Nacht im Hotel kaum ein Auge zugetan hatte, schlief Arabella an jenem Abend sofort nach dem Zubettgehen ein und erwachte erst am nächsten Morgen. Maggie hatte ihr einen Schlüssel für ihre Zimmertür gegeben, damit sie abschließen konnte, was sehr dazu beitrug, dass Arabellas innere Anspannung sich löste. Außerdem hatte Maggie ihr versichert, die Aborigine-Frauen würden sich nicht blicken lassen, weil an diesem Abend nichts für sie zu holen war: In den zwei Stunden, die die Bar geöffnet hatte, konnten sich die Männer nicht so sehr betrinken, dass ihnen der Sinn nach einem sexuellen Abenteuer stand.
Arabella stand auf und ging zur Tür, um zu lauschen, ob jemand auf dem Flur war. Sie hörte, wie Jonathan Weston sich mit Stuart Thompson unterhielt. Er werde den ganzen Tag unterwegs sein, sagte Stuart, und Jonathan erwiderte, auch er werde das Hotel für einige Stunden verlassen. Als beide gegangen waren, schlüpfte Arabella aus ihrem Zimmer und die Treppe hinunter. Sie suchte Maggie und bat sie um einen Hut und einen Schleier. Einen Hut könne sie gern bekommen, aber einen Schleier habe sie nicht, erwiderte Maggie verdutzt. Dann aber kramte sie aus einer Schachtel mit alten Sachen einen hauchdünnen schwarzen Schal hervor, von dem Arabella meinte, er eigne sich hervorragend für ihre Zwecke. Sie setzte den
Weitere Kostenlose Bücher