Im Tal der flammenden Sonne - Roman
fügte hinzu: »Ich habe ihm schon erzählt, wie es Sie hierherverschlagen hat.«
»Oh, ich danke Ihnen. Er soll doch bitte hereinkommen«, sagte Arabella.
Tony sah sie verblüfft an. »Das wird er bestimmt nicht tun.«
»Und wieso nicht, wenn ich fragen darf?«
»Afghanen trinken keinen Alkohol. Ihre Religion verbietet es ihnen. Sie werden einen Afghanen nie an einem Ort sehen, an dem Alkohol ausgeschenkt wird.«
»Ich werde auf keinen Fall hinausgehen«, beharrte Arabella eigensinnig.
»Ihnen wird gar nichts anderes übrig bleiben, wenn Sie mit ihm reden wollen. Und Sie sollten sich beeilen, weil bald Zeit zum Gebet ist. Die Afghanen beten mehrmals am Tag und lassen sich durch nichts davon abbringen.«
»Oh«, machte Arabella. Tränen traten ihr in die Augen. Sie sah Maggie flehentlich an. »Aber ich kann doch so nicht nach draußen!«
Tony zuckte die Schultern. »Machen Sie, was Sie wollen. Faiz kommt jedenfalls nicht herein.«
»Sag ihm, er soll zur Hintertür kommen«, bat Maggie ihren Mann und wandte sich dann Arabella zu. »Niemand wird Sie dort sehen, bleiben Sie einfach in der Tür stehen.«
Tony warf seiner Frau einen verdutzten Blick zu, ging dann aber nach draußen, um mit dem Afghanen zu reden. Faiz folgte ihm zum Hintereingang des Hotels. Arabella wartete dort schon.
»Guten Tag«, sagte sie zögernd. Der Afghane erschrak unwillkürlich beim Anblick ihres vom Sonnenbrand entstellten Gesichts, und Arabella entging seine Reaktion nicht.
Faiz war ein kleiner Mann. Er trug ein weites, tunikaähnliches Gewand und einen Turban. Der beinahe verschlagene Ausdruck in seinen dunklen Augen behagte Arabella nicht. Sie fragte sich, ob es klug war, ihm ihre Bitte vorzutragen. Dann aber dachte sie an ihre Eltern und das mögliche Wiedersehen, und dieser Gedanke gab ihr Mut. Sie holte tief Luft und sagte:
»Ich möchte nach Alice Springs zu meinen Eltern. Sie wissen nicht, wo ich bin. Würden Sie mich hinbringen? Ich werde Sie selbstverständlich dafür bezahlen.«
»Von hier aus wird mein Weg mich nach Süden führen«, erwiderte Faiz mit einem flüchtigen Seitenblick auf die McMahons, die nicht glauben konnten, dass die junge Frau Geld anbot, das sie gar nicht besaß.
Faiz ziehe mit seinen Handelswaren von Farm zu Farm, erklärte Tony. Er sei im Norden gewesen und würde sich, nachdem er seine Vorräte in der Stadt ergänzt hätte, nach Süden in Richtung Flinderskette, einer Bergkette, wenden.
Arabella machte große Augen. »Er ist ein Vagabund, meinen Sie? Eine Art Zigeuner?«
»Nein, so kann man das nicht sagen.« Tony warf Faiz einen verlegenen Blick zu. Der Afghane schien nicht sehr erfreut über den Vergleich. »Er ist ein fahrender Händler. Die Leute auf den Farmen, vor allem die Frauen, sind dankbar, dass Faiz ihnen Waren ins Haus bringt. Sie haben nicht oft die Gelegenheit, in der Stadt einzukaufen.«
Arabella wandte sich Faiz zu. »Mein Vater wird Sie großzügig bezahlen, wenn Sie mich sicher nach Alice Springs bringen. Ich verspreche Ihnen, der Umweg wird sich für Sie lohnen.«
»Kann sie auf einem Kamel reiten?«, wollte Faiz von Tony wissen.
»Natürlich nicht!«, rief Arabella entsetzt. »Ich will ein Pferd und eine Kutsche mit Dach, damit ich nicht in der prallen Sonne sitzen muss.«
»Eine Kutsche?« Der Afghane starrte sie verblüfft an. »Es gibt keine Kutschen in Marree.«
»Es wird doch nicht so schwer sein, irgendwo eine aufzutreiben«, entgegnete Arabella hochnäsig.
Faiz schüttelte den Kopf. »Entweder Sie reiten auf einem Kamel, oder Sie bleiben hier. Die Wüste ist kein Ort für ein Pferdefuhrwerk.«
»Kamele stinken und spucken«, stieß Arabella verächtlich hervor.
Das war nun doch zu viel für Faiz. Er schoss einen bösen Blick auf Arabella ab und knurrte mit verhaltener Stimme ein Schimpfwort.
»Auf einem Kamel zu reiten ist gar nicht so schwer«, flüsterte Maggie der jungen Frau zu. »Wenn Sie Ihre Eltern bald wiedersehen wollen, sollten Sie dieses Opfer bringen. Sie können einen Schirm von mir haben, damit Sie vor der Sonne geschützt sind.«
»Meine Eltern würden niemals von mir erwarten, dass ich auf so einem stinkenden Vieh reite«, versetzte Arabella beinahe hysterisch.
»Meine Kamele stinken nicht!«, sagte Faiz zornig. Dann wandte er sich ohne ein weiteres Wort um und stapfte davon.
Arabella sah ihm verblüfft nach. Der Gedanke, sie könnte ihn mit ihren Worten beleidigen, war ihr offenbar gar nicht gekommen.
»Na, das haben Sie ja
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