Im Tal der flammenden Sonne - Roman
fuhr sie fort: »Was es wohl mit Stuart Thompsons Goldsuche auf sich hat?« Sie bestäubte ihre Hände mit Mehl, damit der Teig nicht kleben blieb. »Mr Thompson verrät ja nicht viel, aber die meisten glauben, er weiß, wo sich ein reiches Vorkommen befindet.«
»Glauben Sie das auch? Das wäre aufregend!«
»Nun, falls es wirklich stimmt, wäre es in einer kleinen Stadt wie Marree kaum geheim zu halten. Das Goldfieber ist etwas Seltsames. Es kann ganz normale Männer zu Verrückten machen. Oh, fast hätte ich es vergessen – Tony sagte, Jonathan Weston hätte vorhin nach Ihnen gesucht. Ich hab Tony gesagt, Sie wären noch im Garten, aber anscheinend war es nicht so wichtig.«
Zorn loderte in Arabella auf. Tony hatte doch gewusst, dass sie draußen im Garten arbeitete. Warum hatte er Jonathan nicht hinausgeschickt? »Wo ist Jonathan jetzt?«
»Ich glaube, oben in seinem Zimmer. Er will am frühen Nachmittag aufbrechen und schon alles vorbereiten.«
»Vielleicht hat er gute Nachrichten für mich«, sagte Arabella und eilte zur Küche hinaus.
»Holen Sie mir zuerst die Eier«, rief Maggie ihr nach, doch Arabella hörte nicht. Maggie wandte sich kopfschüttelnd wieder dem Teigkneten zu. Was für eine gute Nachricht konnte Jonathan wohl für Arabella haben? Die Telegrafenleitung war noch immer unterbrochen, und soweit Maggie wusste, waren keine fahrenden Händler aus Alice Springs in Marree eingetroffen.
Die Tür zu Jonathans Zimmer stand offen. »Hallo«, sagte Arabella. »Ich habe gerade gehört, Sie hätten mich gesucht. Haben Sie gute Nachrichten für mich?«
Jonathan, der mit dem Rücken zur Tür auf seinem Bett saß, drehte sich um. Er polierte die Objektive seiner Kamera. »Ich fürchte, nein.«
»Oh.« Arabella ließ den Kopf hängen.
Jonathan stand auf und ging zu ihr. »Kein Afghane ist bereit, Sie nach Alice Springs zu bringen«, sagte er sanft. »Ich habe jeden gefragt. Ihre Kamele gehen ihnen über alles, und es scheint, als hätten Sie sie beleidigt.«
»Ich habe nur die Wahrheit gesagt«, verteidigte Arabella sich trotzig.
Als Jonathan von Faiz Mohomet erfahren hatte, dass Arabella die Tiere als »stinkende Viecher« bezeichnet hatte, war er entsetzt gewesen. Diplomatie musste die junge Frau offenbar noch lernen. »Es tut mir leid«, sagte er. Er hatte sich sogar bei den Afghanen für ihr Benehmen entschuldigt, doch der Schaden, den Arabella mit ihrer Äußerung angerichtet hatte, war nicht wiedergutzumachen. Die Afghanen wollten nichts mehr mit ihr zu tun haben. »Die Afghanen sind in gewissen Dingen sehr empfindlich, zumal sie in Australien benachteiligt werden. Als Asiaten bleibt ihnen beispielsweise die Staatsbürgerschaft verwehrt. Wenn man bedenkt, was sie geleistet haben und noch immer leisten, ist das mehr als ungerecht.«
»Ich habe nie etwas gegen die Leute gesagt, nur gegen ihre Kamele.«
»Das macht für die Afghanen keinen Unterschied«, erklärte Jonathan. »Sie haben größte Achtung vor den Tieren und ihren Fähigkeiten. Wenn Sie ihre Kamele beleidigen, beleidigen Sie die Menschen.«
Arabella war viel zu gekränkt über die Zurückweisung, als dass sie auf die Gefühle der Afghanen hätte Rücksicht nehmen können. »Mit einem von denen allein würde ich mich auf so einer langen Reise sowieso nicht sicher fühlen«, versetzte sie bockig. »Dann warte ich eben, bis meine Eltern mit dem Zug kommen und mich holen. Das dauert bestimmt nicht mehr lange.«
»Hoffentlich behalten Sie Recht«, meinte Jonathan.
»Ich will nur noch fort von hier! Ich kann weder kochen noch putzen, aber erklären Sie das mal Tony McMahon! Ich hab ihm gesagt, dass ich noch nie im Haushalt gearbeitet habe, und er muss doch selbst sehen, dass ich nicht zur dieser Arbeit tauge. Mein Vater wird die Hotelrechnung bezahlen, aber Tony hält mich wohl für eine Hochstaplerin. Ich kann es kaum erwarten, sein Gesicht zu sehen, wenn meine Eltern kommen! Wie ich das alles hier hasse«, fügte sie heftig hinzu. »Ich sehne mich nach meinem alten Leben!«
Jonathan musterte sie nachdenklich. Allmählich konnte er sich vorstellen, was für ein Leben sie geführt hatte. Hausarbeit war fraglos nichts für sie. Sie war aber auch kein hilfsbereiter Mensch. Bestimmt hatten ihre Eltern sie viel zu sehr verwöhnt. Arabella hatte offenbar stets im Mittelpunkt gestanden, und alles hatte sich immer nur um sie gedreht; deshalb war sie nicht fähig, sich in andere hineinzuversetzen und Dinge aus einer anderen Warte als der
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