Im Tal der flammenden Sonne - Roman
gefüllt und die Kamele anschließend beladen werden. Das war eine überaus harte, schweißtreibende Arbeit. Zum Glück hatten sie beim Beladen der Tiere Hilfe von zwei Männern vom Rasthaus in Mungerannie bekommen. Hier in Marree halfen ihnen Tony und die anderen Männer beim Entladen, unterwegs aber hatten sie bei jeder Rast die Wasserbehälter ohne fremde Hilfe herunternehmen müssen.
Arabella stand da und staunte. Sie musste zugeben, dass die Kamele etwas Majestätisches besaßen, wie sie so daherschritten. Ihr Fell war zwar staubig und sah ganz zerrupft aus, doch ihr Gang war anmutig und ihre Haltung würdevoll. Arabella wusste von Maggie, welch gewaltige Entfernung die Kamele in der sengenden Hitze mit ihrer schweren Last zurückgelegt hatten, und sie bewunderte die Tiere für deren gewaltige Leistung. Plötzlich begriff sie, was Jonathan gemeint hatte, als er sagte, sie würde schon noch verstehen, weshalb die Afghanen so große Achtung vor ihren Kamelen hatten.
Inzwischen waren drei Männer aus der Bar gekommen. Gemeinsam machten sie sich daran, die Wasserbehälter abzuladen und sie hinter dem Stall im Schatten eines Baumes zu lagern. Im Gegensatz zu dem großen, kräftigen Musloom Shar, dem Kameltreiber mit dem buschigen Bart, war Mahomet Drim ein Knirps. Er maß höchstens einen Meter fünfunddreißig, war aber von stämmiger Statur.
Maggie war ebenfalls nach draußen gekommen und hatte sich zu Arabella gesellt. Sie bemerkte deren verblüffte Miene beim Anblick des kleinen Mannes. Mahomet Shar reichte dem knienden Kamel kaum bis zum Kopf.
»Er ist zwar klein, aber bärenstark«, raunte Maggie. »Und ein richtiger Mann – er hat elf Kinder mit seiner Frau gezeugt, einer Aborigine.«
»Elf Kinder!« Arabella riss die Augen auf, und Maggie lachte laut heraus.
Es war früh am Abend. Arabella half Maggie gerade beim Belegen der Sandwiches, als Tony hereinkam. Er machte ein mürrisches Gesicht.
»Ich habe einen meiner besten Kunden verloren, und das ist allein Ihre Schuld!« Er zeigte mit dem Finger anklagend auf Arabella.
»Wieso? Was habe ich denn jetzt wieder getan?« Arabella starrte ihn an.
»Die Männer hänseln Wally gnadenlos, seit Sie ihn blamiert haben, und jetzt weigert er sich, in die Kneipe zu kommen. Wally hat eine Menge Geld in Alkohol umgesetzt – wir werden es merken, wenn er nicht mehr kommt. Es sind harte Zeiten. Wir sind auf jedes Pfund angewiesen, das ein Gast hierlässt.«
»Was haben Sie denn zu ihm gesagt?«, fragte Maggie.
»Na ja … nur, dass ich seinen nackten Hintern gesehen habe«, antwortete Arabella errötend.
»Sie haben gesagt, dass er grunzt, wenn er mit einer Frau zusammen ist«, schimpfte Tony. »Jetzt fangen seine Kumpel zu grunzen an, sooft sie ihn sehen.«
»Nicht zu fassen.« Arabella schüttelte den Kopf. »Wie können erwachsene Männer nur so kindisch sein!«
Maggie schürzte die Lippen. »Habe ich Ihnen nicht gesagt, Sie sollen Jacko nicht vor seinen Freunden bloßstellen?«
»Aber mich darf er ungestraft demütigen, was?« Arabella war den Tränen nahe.
»Er hat lediglich Fitzi zu Ihnen gesagt.« Tony machte eine ungeduldige Handbewegung. »Das ist doch keine Demütigung, das ist nur ein Spitzname. Mich nennen sie Macca, aber mache ich einen Aufstand deswegen?«
»Maggie hat doch auch keinen Spitznamen«, klagte Arabella.
»Eigentlich heiße ich Margaret. Ich wurde immer so gerufen, bis ich hierherkam.«
»Ich kann ›Fitzi‹ nicht ausstehen!«, beharrte Arabella.
»Sich damit abzufinden wäre aber das kleinere Übel gewesen«, sagte Maggie. »Jacko kann manchmal komisch sein, wenn ihn etwas ärgert. Nicht, Tony?«
Der nickte zerstreut. Die Einnahmen, die ihm jetzt entgehen würden, beschäftigten ihn mehr.
»Was soll das heißen?«, fragte Arabella beunruhigt.
Maggie zuckte die Achseln. »Na ja, wer weiß, auf was für Ideen er kommt.«
»Ich schlage vor, Sie entschuldigen sich bei ihm«, sagte Tony. »Ich will, dass er wieder in meiner Bar sitzt und das tut, was er am besten kann – sein Geld versaufen.«
»Ich denke gar nicht daran!«, gab Arabella entrüstet zurück. »Ich werde mich auf keinen Fall bei ihm entschuldigen! Ich finde es unerhört, dass Sie so etwas von mir verlangen!«
Tony blickte seine Frau an. »Vielleicht kannst du sie zur Vernunft bringen«, meinte er gereizt. Dann kehrte er in die Bar zurück.
»Nehmen Sie die Sache nicht auf die leichte Schulter, Arabella«, sagte Maggie warnend. »Wally Jackson ist ziemlich
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