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Im Tal der flammenden Sonne - Roman

Titel: Im Tal der flammenden Sonne - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran Sylvia Strasser Veronika Duenninger
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umgedreht und stapfte davon.
     
    Edward Fitzherbert stand an einer Straßenecke und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Ein heißer, böiger Wind zerrte an seiner Kleidung. Zwischen ein und vier Uhr nachmittags, wenn die Hitze am größten war, lag Alice Springs vollkommen verlassen da – wie eine Geisterstadt. Edward war die einzige lebende Seele, die um diese Zeit durch die Straßen irrte.
    In den letzten beiden Tagen hatte er jedes Hotel in der Stadt mehrmals aufgesucht und sowohl die Angestellten als auch die Gäste gefragt, ob sie nicht jemanden wüssten, der bereit wäre, seine Tochter in der Wüste zu suchen. Die einzige Möglichkeit, mit den Einheimischen ins Gespräch zu kommen, bestand darin, ihnen einen Drink zu spendieren und sich selbst auch einen zu genehmigen, und so hatte Edward mehr getrunken, als ihm lieb war. Er hatte überdies sämtliche Geschäfte und Kirchen abgeklappert. Lediglich die Freudenhäuser hatte er ausgelassen: Er wusste, Clarice hätte es selbst unter den gegebenen Umständen nicht verstanden, wenn er diese Etablissements betreten hätte. Sogar Leute auf der Straße hatte er angesprochen. Die Antwort war fast immer die gleiche gewesen: »Fragen Sie die Aborigines.«
    Die Eingeborenen in der Stadt machten einen unterernährten, schmuddeligen, verwahrlosten Eindruck auf Edward, sodass er davor zurückschreckte, sie mit einer so wichtigen Aufgabe zu betrauen. Da ihnen der Zutritt zu Hotels und Kneipen verboten war, beschafften sie sich ihren Schnaps auf andere Weise und betranken sich. Einige boten selbst hergestellte Kunstgegenstände auf der Straße an, andere bettelten. Edward war nachts mehrmals von Gestalten, die plötzlich aus dunklen Hauseingängen hervorsprangen, um Geld oder Zigaretten genötigt worden. Man hatte ihm geraten, sich an die Afghanen zu wenden, doch die paar, die er in der Stadt gesehen hatte, waren ihm wenig Vertrauen erweckend erschienen.
    Zu Edwards Enttäuschung kannten sich die weißen Siedler in der Gegend offenbar überhaupt nicht in der Wüste aus. Die meisten hatten am eigenen Leib erfahren – sei es durch den Verlust von Vieh, sei es durch den Tod von Freunden oder Angehörigen –, wie grausam die Wüste sein konnte, und waren deshalb für keine Summe bereit, ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Die Bewohner der Stadt hielten sich in deren nahem Umkreis auf, und wer auf einer Farm zu Hause war, kam nach kürzester Zeit auf die Gefahren zu sprechen, die in der Wüste lauerten.
    »Aber ihr lebt doch auch dort draußen«, hielt Edward ihnen entgegen.
    »Ja, aber wir bleiben auf unseren Farmen«, erwiderten sie, »und wenn wir aus irgendeinem Grund doch durch die Wüste müssen, dann nie ohne Fährtensucher oder eingeborenen Farmarbeiter.«
    Mit jeder Minute, die verstrich, wuchs Edwards Verzweiflung. Er wusste, dass die Zeit gegen ihn arbeitete. Es kam ihm so vor, als würde er vor Kummer allmählich den Verstand verlieren und er könnte nichts dagegen tun.
    In der Todd Street ließ er sich auf eine Bank fallen. Er stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Wo war der selbstbewusste Mann geblieben, der sich voller Abenteuerlust mit seiner Familie auf den Weg nach Australien gemacht hatte? Edward kannte sich nicht wieder. Falls sie Arabella nicht lebend fanden, würde er nie mehr der Alte sein. »Wären wir doch alle in der Wüste umgekommen!«, stieß er verbittert hervor.
    »Sie suchen ’nen Fährtensucher, Boss?«
    Edward erschrak. Er blickte auf und sah drei Aborigines vor sich. Sie waren mager und ärmlich gekleidet, und Edward kam unwillkürlich der Gedanke, dass die Kerle ihn ausrauben wollten. »Na ja«, antwortete er vorsichtig, »ich brauche jemanden, der in der Wüste nach meiner Tochter sucht oder mich zumindest dorthin bringt. Woher wisst ihr das?«
    »Wir haben gehört, dass Sie überall herumfragen.«
    »Kennt ihr jemanden, der mir helfen könnte?«
    »Was springt dabei raus?«
    »Eine hohe Belohnung. Ich werde jedem, der mir hilft, eine anständige Summe bezahlen.«
    »Wir können Ihre Tochter finden, Boss«, sagte der Mann, der bisher gesprochen hatte.
    »Ihr?« Edward musterte die drei argwöhnisch. Mit ihren dünnen Beinen und ausgemergelten Körpern schienen sie ihm wenig geeignet für einen strapaziösen Marsch durch die Wüste. Da würde er selbst ja länger durchhalten!
    »Wir sind die besten Spurenleser in der ganzen Gegend, Boss.«
    »Tatsächlich?« Edward machte ein überraschtes Gesicht. »Habt ihr so etwas denn schon einmal

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