Im Tal der Mangobäume
suchte Neds Aufmerksamkeit.
»Einen Moment noch!«, herrschte Marcus ihn an. »Bist du wahnsinnig?«, schalt er Ned. »Mit mir die Küste entlangbummeln ist ja gut und schön, aber dich dem Land ohne militärische Ausbildung auszuliefern, das ist etwas ganz anderes. Da wimmelt es von wilden Schwarzen. Schlag dir das aus dem Kopf. Geh nach Hause!«
»Guter Gott, nein! Ich bin ganz versessen darauf, dorthin zu kommen. Es wird phantastisch.«
»Entschuldigen Sie, mein Herr, Mr.Heselwood …«, beharrte der Kassierer, und lachend wandte Ned sich ihm zu.
»Mach dir keine Sorgen, Marcus. Wir treffen uns nachher noch.«
»Mr.Heselwood …« Der Kassierer beugte sich vor und sprach mit gedämpfter Stimme. »Ich bedaure sehr, aber Sie haben keine dreißig Pfund auf der Bank. Sie haben nur neun Pfund, zwei Schilling und drei Pence.«
»Unsinn! Schauen Sie noch einmal nach! Sie werden sehen, dass ich die Summe zur Verfügung habe.«
»Vielleicht … der Direktor?«, flüsterte der Kassierer.
»Ja. Augenblicklich! Wo ist er?«
Ned wurde rasch durch eine Schwingtür geführt. Der Direktor zog sich hastig seine Jacke an.
»Was soll das?«, fragte Ned. »Man sagt mir, mein Kontostand ist niedrig. Aber erinnern Sie sich bitte, ich habe einen Kreditbrief, unterzeichnet von meinem Vater, den Sie, glaube ich, recht gut kennen, mein Herr.«
»Durchaus, durchaus, Mr.Heselwood. Ein feiner Mensch. Leider sieht es so aus, dass Mr.Heselwood andere Vorkehrungen für Sie getroffen hat. Ich habe hier ein Telegramm …«
Er reichte es Ned und trat zurück; die Hände auf dem Schmerbauch gefaltet, wartete er gespannt auf Neds Reaktion.
»Er hat den Kreditbrief gekündigt?« Ned war bestürzt. »Kann er das denn?«
»Ich bedaure unendlich, Mr.Heselwood, ja.«
»Und jetzt habe ich nur neun Pfund auf diesem Konto?« Um das Gesicht zu wahren, ließ er es so klingen, als hätte er mehrere Konten. »Kann ich dann die neun Pfund haben?«, fragte er steif; er wollte nicht noch einmal an der Kasse anstehen.
»Gewiss, Mr.Heselwood.« Der Direktor eilte zu dem Kassierer, stieß ihn in die Rippen und flüsterte ihm seinen dringenden Auftrag zu. Er stand ungeduldig dabei, während der Kassierer das Geld noch einmal zählte und in einen braunen Umschlag steckte. Dann eilte der Direktor die wenigen Schritte zurück zu Ned und drückte ihm das Geld in die Hand wie einem Bettler.
»Danke, mein Herr«, sagte Ned liebenswürdig. »Sie waren sehr entgegenkommend.«
Draußen erschien ihm das ungefilterte Sonnenlicht greller als gewöhnlich. Ihm war speiübel. Als hätte er einen Hitzschlag erlitten. Irgendwie schaffte er es, durch die Stadt zu der Pension zu reiten und sich in sein Zimmer zu flüchten, um diesen Tiefschlag, der die Chance seines Lebens zerstörte, zu verdauen.
Seine Wirtin kam an die Tür. »Mr.Heselwood, hier ist ein Telegramm für Sie. Ist jemand gestorben?«
»Das werde ich gleich sehen.« Er faltete das Telegramm vorsichtig auseinander und las die akkurate Schrift. »Es ist niemand gestorben«, sagte er. »Ich habe eine Stellung als Farmverwalter bekommen.«
Die Wirtin strahlte. »Also, ich muss schon sagen! Das sind doch gute Nachrichten, nicht wahr?«
Er schloss die Tür und starrte auf das Blatt Papier.
Kehre unverzüglich zu deinen Pflichten auf Montone zurück und verdiene deinen Unterhalt. Vater.
An diesem Nachmittag kam Ned Heselwood nicht wieder. Harry war besorgt, nicht wegen des Geldes für Neds »Passage«, wie er es nannte, sondern weil es nicht zu Ned zu passen schien. Der Bursche war so aufgeregt gewesen, weil er mit von der Partie war und Harry hätte um einen Goldbarren gewettet, dass Ned binnen einer Stunde zurück sein würde.
Aber vorerst musste er noch andere Leute sprechen.
Als er im Hof arbeitete, rief Tottie zu ihm hinaus, ein Schwarzer stehe am Tor.
»Sieh mal nach, was er will!«
»Jawohl!«
Tottie eilte den Pfad entlang und scheuchte eine Schar Kakadus auf, die im Gras scharrten. Die Vögel protestierten mit einem Schwirren aus rosa und grauen Federn, kehrten aber flugs zu ihrer Tätigkeit zurück, stapften umher, die Köpfe gesenkt, und pickten an Samenkörnern, zierlich wie alte Damen. Tottie lachte. »Habe euch wohl aus dem Konzept gebracht, wie?«
Ladjipiri hörte das Lachen und betrachtete es als gutes Vorzeichen.
Als die Frau mit einem gütigen Lächeln auf ihn zukam, mit Haaren von der Farbe der leuchtenden Felsen dort draußen im fernen Land, da wusste er, dass sie ihn zu
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