Im Tal der Mangobäume
seinem Sohn führen würde. Zu Banggu.
Gleich nachdem seine Vettern ihm berichtet hatten, dass ein Weißer sich anschickte, Rinder dorthin zu treiben, und einen Führer brauchte, hatte seine Frau ihn bedrängt, den Posten anzunehmen.
»Ich habe einen Sohn durch sie verloren. Du musst wieder über die Berge gehen und meinen anderen Sohn suchen.«
»Sie bringen noch mehr von den Rindern mit. Warum soll ich ihnen helfen?«
»Weil du sie nicht aufhalten kannst. Das kann keiner. Wenn du nicht gehst, machen andere die Arbeit. Doch wenn du bei den weißen Männern bist, kannst du sie reden hören, kannst Sachen erfahren. Schau dich nach meinem Sohn um.«
»Unserem Sohn, Frau! Selbst wenn ich ihn finde, ich kann ihn nicht mit zurückbringen. Er ist hier nicht mehr in Sicherheit.«
Sie weinte. »Hörst du nicht, worum ich bitte? Ich muss wissen, ob er noch am Leben ist, nicht mit einem Gewehr erschossen und zu den Krähen in die Schlucht geworfen, wie es damals an dem schrecklichen Tag geschah … dem Tag, als du seinen Freund gefunden und begraben hast! Was ist Banggu zugestoßen? Keiner hat ihn mehr gesehen. Ist er dort gestorben oder ist er bei deinen Freunden in Sicherheit? Du musst es mir sagen.«
Ladjipiri atmete tief ein und stellte sich hoch aufgerichtet an das Tor.
»Ich suche Mr.Merry«, sagte er zu der Frau und musste schmunzeln, als er das Wort in seinem Kopf plötzlich übersetzte: fröhlich.
»Mr.Merry«, wiederholte er, wissend, dass diese Frau Mrs.Merry sein musste. Sie waren wahrlich ein seltsames Volk, diese Weißen.
Tottie betrachtete den großen Schwarzen, dessen ergrauende Haare mit einem geflochtenen Band zusammengefasst waren und dessen Gesicht, das einem Gesteinsbrocken glich, ein schwarzer Spitzbart zierte. Er trug eine ausgefranste Arbeitshose und ein Hemd, beides zu klein für seinen langen Körper.
»Ja, Mr.Merry ist hier«, sagte sie liebenswürdig. »Mr.Trader?«
Er nickte. »Trader.«
»Schön, treten Sie ein.«
Der Zaun bestand aus Draht, der zwischen Pfosten und Tor gespannt war. Das hatte Harry aus gekreuzten Baumschösslingen zusammengebastelt und mit Angeln aus Rohleder versehen. Trader stieg mühelos hinüber.
* * *
Die zwei Männer saßen mit gekreuzten Beinen neben einem großen geschlossenen Planwagen auf der Erde.
Mr.Merry hatte blaue Augen, nicht wie das Blau des Himmels, sondern wie tiefblaues Wasser an einem Sonnentag. Sie waren erfüllt von Liebe zu seiner Frau. Im Vordergrund der Augen stand Entschlossenheit, doch in der Tiefe stand Schmerz. Dieser Mann trug eine Klage mit sich, die er nie ablegen würde. Er war körperlich kräftig, und das war von Vorteil, dachte Ladjipiri, als er hörte, wohin sein Brotherr das Vieh treiben wollte.
»Schwieriges Land für Weiße, das, Boss.«
»Ich weiß. Ich war schon einmal da. Wir haben Rinder zum Thomson-Fluss getrieben, aber die Aborigines dort waren unglücklich darüber, darum haben wir uns nach Cameo Downs zurückgezogen. Kennst du Cameo Downs? Wohnen viele Schwarze da.«
Ladjipiri nickte; er dachte an die weiße Frau, die die Irikandji-Männer getötet hatten, unweit des Flusses, der, wie er unterdessen erfahren hatte, »Toms Sohn« hieß. Und das Meer von Rindern. Hatte er diesen Mann vielleicht schon einmal gesehen?
»Diesmal bin ich der Boss«, sagte Mr.Merry. »Ich nehme nicht so viele Rinder mit. Aber, Trader, du sollst wissen, ich wünsche nicht, dass den Schwarzen Leid geschieht. Ich möchte gut Freund sein. Meine Frau auch. Sie ist ein gutherziger Mensch. Würdest du das deinen Leuten sagen? Kannst du ihnen sagen, dass wir in friedlicher Absicht kommen?«
Er nickte.
»Sprichst du dieselbe Sprache wie das schwarze Volk da draußen?«
»Manche. Alle verschieden.«
Mr.Merry stöhnte. »Das ist ein Jammer. Ich hatte gehofft, die Sprache zu erlernen. Für welche soll ich mich denn nun entscheiden?«
Ladjipiri war verblüfft. Er hatte nie von einem Weißen gehört, der eine Sprache der Schwarzen beherrschte. Er kratzte sich am Kopf. Das Pitta-Pitta-Volk könnte mit ihm sprechen. Andererseits könnte es für Mr.Merry sicherer sein, die Sprache der Kalkadoon zu lernen. Er schauderte. Er wünschte diesen Menschen auch kein Ungemach. Er wollte nicht teilhaben an den Kriegen dort draußen. Er wollte nur Banggu finden.
»Vielleicht am besten ein paar Worte Kalkadoon lernen, wie ich.«
»Warum? Gehörst du zu den Kalkadoon?«
»Nein. Ich lerne das. Mensch hier, Land hier ist Darambal. Da draußen ist
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