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Im Tal der Mangobäume

Im Tal der Mangobäume

Titel: Im Tal der Mangobäume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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mühsam heutzutage.«
    »Sprichst du denn Englisch?«
    »Ja.«
    »Warum läufst du dann weg? Es ist immer noch deine Heimat; besser, man versucht in ihrer Welt zu leben, statt in den Schatten zurückzusinken.«
    Banggu brachte es nicht über sich, diesem Mann zu erzählen, dass er auf der Flucht war. Als er Jericho vor acht Tagen begegnet war, als sie erstmals das Lagerfeuer teilten, war Banggu außerstande gewesen, über die Ereignisse an der Schlucht zu sprechen, doch Jericho hatte gespürt, dass er bekümmert war, und um seine Seele zu beschwichtigen, hatte er ihm unterwegs uralte Traumzeitgeschichten erzählt, Geschichten von Geistern, die die Erde vor ihrer Zeit verlassen hatten und zurückgekommen waren, um die Dinge ins Lot zu bringen.
    Seine Frau, erklärte er bekümmert, war einer von diesen Geistern. »Sie wird keine Ruhe finden, bis ihre Mutter davon erfährt und sie auf die richtige Art und Weise in ihr Träumen singen kann. Mit Kriegern ist es dasselbe«, erklärte er. »Für viele kommt der Hieb unvorbereitet. Manche haben niemanden, der die Zeremonien für sie verrichtet, deswegen verweilen sie ruhelos.«
    Banggu hörte aufmerksam zu und schöpfte ein wenig Hoffnung. Er flüsterte: »Mein Vater und meine Mutter und meine Schwestern und anderen Verwandten werden für die richtige Trauer für meinen Bruder sorgen, nicht wahr?«
    Ohne über diese merkwürdige Frage im mindesten erstaunt zu sein, nickte Jericho. »So viele trauernde Herzen, die ihm die gebührende Achtung erweisen. Er wäre stolz.«
     
    Banggu saß weinend an dem flachen Grab, das Herz erfüllt von Hass auf den weißen Polizisten, der seinen Freund erschossen hatte. Und auf die anderen bösen Männer, die ungerührt dabeistanden, als man ihn in die Erde legte. Sie hatten geraucht. Geredet. Ihre Wasserkessel gefüllt.
    »Ich weiß den Namen deiner Frau nicht«, jammerte Banggu, »sonst würde ich ihre Mutter suchen und dein Weinen zu ihr tragen.«
    Dann fragte er sich, ob sein Freund noch hier war. Zu früh dahingegangen. War es ihm bestimmt, seine Frau zu suchen und jetzt mit ihr Hand in Hand zu gehen? Beide waren nun Geister, unvorbereitet aus dem Leben gerissen.
    Irgendwie beruhigte dies den jungen Mann, der Trost verzweifelt nötig hatte. Es schien ihm romantisch, eine bittersüße Traumzeitgeschichte. Vielleicht wartete die Frau auf ihren geliebten Mann? Wartete gar nicht darauf, dass ihre Mutter die Morgenrituale vollzog.
    In dieser Nacht schlief er ohne Furcht vor Träumen am Ufer des Mischief Creek. Er schlief tief, als sei er in Gesellschaft von Freunden, schreckte jedoch plötzlich auf in der Erinnerung an die Ereignisse des vorigen Tages. Schreckte auf im Zorn.
    Er wartete ein paar Stunden, bis er sich in einem gebührenden Zustand der Ruhe befand, um in Ehrerbietung Abschied zu nehmen von seinem Freund. Er kannte sich mit Ritualen nicht besonders gut aus, brachte aber einen Gesang zustande, gewiss, der gute Mann würde wissen, dass er sein Bestes getan hatte.
    Dann machte er sich auf und folgte dem Polizeikommando nach Westen, blieb dicht am Gebüsch, behielt aber die Straße im Auge. Er hätte ohnehin diese Richtung genommen, daher wollte er nicht abweichen, wenn es nicht unbedingt notwendig war, etwa wenn er sich verirrte.
     
    Inspektor Beresford fand es schwierig, die Begrenzungen auszumachen, trotz Landkarten, die nur Gott, Viehzüchter und Landvermesser lesen konnten, doch er drängte vorwärts in dem Wissen, dass es auf lange Sicht niemanden störte, wenn Polizei auf seinem Grund patrouillierte. Das hieß niemanden bis auf das Großmaul Langley Palliser, der ständig in der Zeitung stand mit seiner Forderung, die Berittene Einheimischenpolizei müsse aufgelöst werden. Gottlob pflichteten ihm nur wenige Viehzüchter bei. Ihnen war klar, dass im Busch Polizeischutz vor plündernden Schwarzen lebensnotwendig war, seien die Polizisten nun Europäer oder Aborigines.
    Zwei Tage nach Krills Missgeschick, für das er sich entschuldigt hatte, wobei er die Aufregung und die Furcht, der Bursche würde entkommen, ins Feld führte, saß Marcus vor seinem Zelt an dem Klapptisch und studierte die Landkarten.
    Wohl sprach er, als wisse er genau, wo er sich befand, doch in Wirklichkeit hatte er nur eine blasse Ahnung. Rinderfarmen waren auf diesen Karten mit Namen verzeichnet, und Lager, die mehrere Farmen versorgten – etwa Barleycorn’s Retreat –, hatten sich bald zu Dörfern entwickelt. Nicht schlecht, mutmaßte er. Dieses

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