Im Tal der Mangobäume
noch einer, Boss«, rief ein Polizist, der den Gefangenen gegen einen Baum stieß.
»Nenn mich nicht Boss«, brummte der Inspektor und wandte sich an den Fremden. »Wer bist du?«
»Was wollen?«
»Er spricht wenigstens Englisch«, sagte Marcus zu den Polizisten, die der Befragung beiwohnten. »Name?«
»Jericho«, antwortete der Mann zornig. »Was wollen?«
Marcus versetzte ihm mit der Peitsche einen leichten Schlag ins Gesicht. »Was tust du hier?«
Der Schwarze starrte ihn an. »Wakari fangen. Fische.«
»Wo ist das nächste Schwarzenlager?«
»Kein Lager, Boss.«
»Du lügst. Wo sind eure Frauen? Eure Gins?«
Jericho betrachtete die vielen uniformierten Männer um sich herum und seine Augen wurden weit vor Angst. »Keine Gins«, murmelte er. »Alle auf Wanderschaft.«
Die Peitsche schlug ihm ins Gesicht. »Das werden wir ja sehen.«
Krill kam hinzu. »Der andere Bursche ist weg.«
»Verdammter Mist! Sie könnten nicht mal einen Fisch mit einem Netz fangen, Krill. In welche Richtung ist er abgehauen?«
»Kann ich nicht sagen, bei dem dichten Gebüsch. Vielleicht dorthin.« Krill deutete nach Nordosten.
Marcus wandte sich wieder an den Gefangenen. »Euer Lager da drüben, ja? Egal, ich finde es. Jetzt hör mir gut zu. Kennst du das Lagerdorf da hinten?«
Jericho wirkte verwirrt. Er schüttelte den Kopf.
»Wer hat es angezündet? Schwarze?«, beharrte Marcus. Er machte aus dieser Befragung eine große Sache vor Zeugen, für die Berichte über ihn.
Nach einigen weiteren Fragen mit vorhersehbar negativem Ergebnis wandte er sich an Krill: »Holen Sie mir Handschellen.«
»Wohin bringen wir ihn?«
Marcus machte ein finsteres Gesicht. »Seine Gefährten suchen. Wir treiben ein paar zusammen und sehen zu, dass sie die Brandstifter verraten; denn die wissen, wer es war, darauf können Sie Gift nehmen.«
Es geschah so schnell, dass Marcus ihn nicht mal verschwinden sah. Offenbar hatte der Polizist, der den Gefangenen festhalten sollte, den Griff gelockert. Er erlebte die Überraschung seines Lebens, als Jericho sich plötzlich auf die Erde fallen ließ, ins Unterholz schlüpfte und die Böschung hinunter hechtete.
Sie suchten fast eine Stunde, ehe Krill ihn erspähte, wie er am Damm vorbei das andere Ufer hinaufstürmte. Krill drückte seinem Pferd die Knie in die Flanken, um es anzutreiben, setzte über den Damm, schwenkte nach links, dem Flüchtigen nach, doch so wie es aussah, würde der Schwarze davonkommen. Die Distanz zwischen ihnen vergrößerte sich.
Krill zügelte sein Pferd, als würde er aufgeben, und legte sein Gewehr an. Seine Polizisten, die die Verfolgungsjagd beobachteten, feuerten ihn an und übertönten mit ihren Rufen das »Nein!« des Inspektors.
* * *
Sie verscharrten den Leichnam im Gebüsch.
Dieser Vorfall fand keine Erwähnung in Inspektor Beresfords Tagesbericht. Das war nicht nötig. Es ließ sich ja nicht ändern. Es war ein Unfall, weiter nichts. Niemand brauchte es zu wissen.
Leider wusste es aber jemand.
Jerichos Ermordung war von seinem Reisegefährten auf dem Wipfel eines Baumes beobachtet worden.
Der Aborigine Jericho von demselben Darambal-Stamm wie Banggu, Sohn des Ladjipiri, war auf dem Weg ins Hochland zur Familie seiner Frau gewesen, um die Nachricht zu überbringen, dass sie gestorben war.
»Sie wurde von einem Stier aufgespießt, der eine Koppel durchquerte«, sagte er auf seine langsame, abwesende Art zu Banggu. »Sie hat sich nie vor den Rindern gefürchtet, sie hatte sie gern. Sie hat sich nicht vor den Rindermännern in Acht genommen, ihr gefielen die großen Kühe, die Milch gaben, und sie hat die Kälber angelacht; sie hat sie gern bemuttert.«
»Arbeitest du auf einer Farm?«, fragte Banggu.
»Ja. Es ging nicht anders, das Leben wurde zu mühsam. Meine Frau hat für die Missus gearbeitet. Ich, ich bin Viehhüter. Boss hat mich gehen lassen, um es ihrer Mutter zu sagen. Seine Missus passt auf meine Kinder auf, bis ich zurück bin. Sie waren traurig.« Er rang sich ein betrübtes Lächeln ab. »Sie sagten, ich sollte ihrer Mama ausrichten, dass sie ein braves Mädchen war.«
»Es ist doch schön, dass sie so gut von deiner Frau sprechen.«
Jericho nickte. »Wohin gehst du?«
»Raus nach Pitta-Pitta-Land. Mein Vater war Händler. Wir haben dort Freunde.«
»Ein langer Weg von deinem Land. Warum geht ein junger Mann wie du so weit? Ärger zu Hause?«
»Was für ein Zuhause?«, fragte Banggu erzürnt. »Du hast es selbst gesagt, das Leben ist
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