Im Tal der Mangobäume
eine Träne aus dem Auge. »Weißt du nicht, dass Georgina und ich als einzige zahlende Passagiere der
Emma Jane
noch am Leben sind?«
Lucy Mae lachte. »Was für Passagiere gab es denn sonst noch?«
»Sträflinge! Wir waren entsetzt. Aber dein guter Vater hat gesagt: ›Jetzt wissen wir, warum die Passage so billig war.‹«
»Lord und Lady Heselwood waren auf einem Sträflingsschiff?«
»Jasin war damals kein Lord, aber ich kann dir sagen, er war sehr erzürnt, als gefesselte Gefangene an Bord gebracht wurden. Aber er hatte seine Passage bezahlt wie wir übrigen auch, und man hätte nichts tun können außer kehrtmachen und das Schiff verlassen. Doch das wollte niemand von uns riskieren; denn es war damals sehr schwierig, eine Passage zu bekommen.«
»Hast du dich gefürchtet, mit Sträflingen auf dem Schiff?«
»Nein«, sagte Milly hastig. »Sie waren angekettet auf dem Unterdeck. Sie waren recht laut, aber darüber möchte ich nicht sprechen. Es gab auch eine lustige Begebenheit. Dr.Brooks und seine Frau Adelaide waren mit uns an Bord, und der Kapitän bat Brooks, nach unten zu kommen und nach kranken Sträflingen zu sehen. Doch Brooks klärte ihn auf, er sei Doktor der Astronomie, nicht Doktor der Medizin! Der Kapitän war wütend, aber Dr.Brooks konnte nichts dafür.«
»Doktor der Astronomie, das gibt es selten. Was ist aus ihm geworden? Du sprichst nie von ihm.«
»Ach, der arme alte Brooks. Bald nach der Landung wurde er krank und starb. Die lange Reise war zu viel für ihn. Adelaide war über seinen Tod verzweifelt; sie war viel jünger als er und fühlte sich verloren in dem fremden Land. Aber sie war eine hübsche Frau, sehr elegant. Sie hatte es eine Weile sehr schwer, bis sie Rivadavia begegnete.«
Milly breitete ihre Handarbeit aus. »Die Arbeit an dieser Tischdecke braucht eine Ewigkeit. Die Decke ist zu groß. Hätte ich bloß nicht damit angefangen.«
»Ich sticke sie fertig, wenn du willst. Es ist ein wunderschönes Stück.«
»Nein, ich muss das selbst zu Ende bringen. Deine Arbeit genügt den Anforderungen nicht, man würde es sehen. Ich lasse sie für eine Weile liegen und schreibe Georgina einen Brief.«
»Du hast ihr doch schon unsere Anteilnahme bekundet.«
»In Zeiten schwerer Prüfungen«, blaffte Milly, »sollen die Menschen für andere tun, was sie können. Ich möchte in die Stadt und mich erkundigen, ob an den nächsten zwei Tagen Schiffe nach Sydney auslaufen. Danach wird es zu spät sein.«
Milly faltete die unvollendete Tischdecke zusammen, legte sie in eine mit Stoff ausgekleidete Schachtel und trug sie zum Wäscheschrank. Danach begab sie sich an den großen verzierten Sekretär in ihrem Wohnzimmer, um sich ihren Kontobüchern zu widmen. Zumindest hantierte sie so lange damit herum, bis Lucy Mae das Haus verließ.
Verärgert schniefend griff sie zu einem Federhalter, um Duke einen zweiten Brief zu schreiben.
Er hatte auf ihren ersten nicht geantwortet, worin sie ihn einlud, sie zu besuchen, damit sie sich über seinen galanten Antrag unterhalten könnten. Soweit sie wusste, hatte Lucy Mae, das dumme Kind, den Erhalt seines Briefes nur bestätigt. Seines Heiratsantrags! Wie es der Anstand gebot. Aber ohne ihm ein eindeutiges Ja oder Nein mitzugeben.
Milly befürchtete, dass sie ihm eine Absage erteilt hatte. Oder dass die alles andere als begeisterte Reaktion von Lucy Mae Duke veranlasst hatte, anderswo auf Brautschau zu gehen.
Diesmal schrieb sie dem guten Jungen einen ebenso liebevollen Brief, ohne mit einem Wort zu erwähnen, dass er ihr voriges Schreiben nicht beantwortet hatte. Sie entschuldigte sich für das Versäumnis ihrer Tochter, ihm zu antworten, wies aber darauf hin, dass Lucy Mae neben seinem Heiratsantrag noch eine delikate Angelegenheit mit ihm zu besprechen habe und weiterhin seinen Besuch erwarte, wie erbeten.
Da Monate vergangen seien, schrieb Milly betrübt, obliege es ihr nun, sich präziser auszudrücken:
Dir mitzuteilen, dass eine gewisse Person ein Kind von Dir erwartet
.
Abschließend ließ sie Duke deutlich wissen, dass seine Anwesenheit in ihrem Hause baldmöglichst höchst willkommen wäre.
Der Brief, mit dem Absendernamen auf dem Kuvert, traf auf Mango Hill ein.
»Was sie wohl will?«, fragte Paul Laura. »Schon der zweite Brief!«
»Vielleicht macht sie sich bloß Sorgen um ihn. So wie ich. Kein Wort von ihm! Ich dachte, er würde inzwischen längst zurück sein.«
»Duke kann selbst auf sich aufpassen. Vielleicht kommt er
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