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Im Tal der Mangobäume

Im Tal der Mangobäume

Titel: Im Tal der Mangobäume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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sie zu Jasin, als sie an seinem Schreibtisch saß, wo sie sich in diesen Tagen die meiste Zeit aufhielt. »Genau, wie du es erwarten würdest. Aber keinen Empfang. Keinen Leichenschmaus. Das könnte ich nicht ertragen. Ein Begräbnis mit den vielen schauderhaften Beileidsbekundungen wird schon schlimm genug, und umso schlimmer, wenn Edward nicht rechtzeitig gefunden wird.«
    Während sie sich derart wegen ihres Sohnes grämte, traf ein Brief von Paul MacNamara ein, der in Rockhampton lebte. Auch er bekundete seine Anteilnahme, doch vor allem wollte er sie davon unterrichten, dass er Edward vor ein paar Monaten gesehen hatte. Wie sie vermutlich wisse …
    »Was ich nicht wusste«, murmelte sie. »Nicht ein Wort von ihm seit dem Rückantworttelegramm von seiner Wirtin. Ich habe keine Ahnung, wo er ist.« Paul setzte sie davon in Kenntnis, dass Edward sich einem Viehtrieb in den fernen Westen angeschlossen hatte, gemeinsam mit Duke MacNamara, der, wie sie sich vielleicht erinnere, Pauls jüngerer Bruder war. Sie seien noch auf dem Weg dorthin, und Paul befürchtete, dass Edward noch nichts vom Tod seines Vaters erfahren hatte. Ihr Ziel liege zu weit westlich für ein Telegramm, weswegen Paul es übernommen habe, Edward zu schreiben und den Brief einem für die weit im Westen gelegene Siedlung Longreach bestimmten Postsack zu übergeben.
    Georgina war über Pauls Nachricht verzweifelt; konnte es doch Monate dauern, bevor Edward in Sydney eintraf, sofern der Brief ihn überhaupt erreichte. »Ausgerechnet, wenn ich dich am meisten brauche«, weinte sie.
    Sie hatte so viele frisch verwitwete Frauen gesehen, die durch die Anwesenheit von Freunden und Verwandten bei sich zu Hause getröstet, ja aufgeheitert wurden, und hatte sich über deren Fähigkeit gewundert, sich in so einer Zeit dermaßen ungezwungen zu geben. Als ginge die Rolle der Gastgeberin über alles.
    »Diese Witwe hier«, seufzte sie, »kann das nicht; sie will niemanden sehen außer ihrem Sohn. Ist das zu viel verlangt?«
    Jasins Büro kam ihr unterdessen kalt und abweisend vor, deshalb zog sie um in das warme kleine Sommerhaus, dessen Tür den Blick auf den Ozean umrahmte. Dies wurde ihre tägliche Zuflucht, ein Puffer gegen den Schrecken von Jasins Tod. Hier saß sie manchmal nur und starrte vor sich hin, dann wieder erging sie sich in Betrachtungen über viele, viele Dinge.
    Sie dachte an Pauls Brief … Edward war gen Westen gezogen. Mit Duke. Duke MacNamara! Der Name jagte ihr einen Schrecken ein. Machte ihr Angst. Sie verstand Paul MacNamaras liebenswürdige Bemühungen, für sie mit Edward Verbindung aufzunehmen, ungeachtet der Familienstreitigkeiten. Jeder Gentleman würde so handeln. Aber bei Edwards Lage! Gütiger Gott im Himmel, wieso hatte er sich mit einem MacNamara zusammengetan? Bei seiner Vorgeschichte!
    Es sei denn, überlegte sie, es sei denn, die Mutter der MacNamaras hatte die Sache für sich behalten. Hatte niemandem davon erzählt. Das heißt, niemandem außer dem Polizeisergeant, der ihre formelle Klage gegen Edward zu den Akten genommen hatte.
    Leider hatte der Sergeant, ein gütiger Mann, in dem vergeblichen Bemühen, Dolour zum Einlenken zu bewegen, Milly Forrest die Sache erzählt. Milly hatte auch nicht mehr ausrichten können als Georgina.
    Dolour MacNamara war eine harte, unnachgiebige Frau. Letztendlich richtete sie ihren Hieb nicht gegen Edward, sondern gegen das System. Nie würde Georgina die Worte dieser Person vergessen, die zu jener Zeit wohlhabend und wohlgeachtet, doch wegen ihrer Sträflingsvergangenheit nach wie vor verbittert war.
    Georgina hatte sie angefleht, ihren Sohn nicht ins Exil zu zwingen, und gesagt: »Aber hier ist seine Heimat. Er ist in Australien geboren. In Sydney.«
    Sie sah sie noch vor sich, die dunklen, unbeteiligten Augen der Frau, die gemurmelt hatte: »Ich bin in Irland geboren und wurde zwangsweise aus meiner Heimat verbannt, dabei hatte ich keinem etwas getan.«
    »Sie sind sehr hart. Mrs.MacNamara.«
    »Auf Sträflingsschiffen wird man das.«
    Und gerissen, dachte Georgina nickend. Dolour dürfte gewusst haben, wie die Männer in ihrer Familie reagiert haben würden, wenn sie erfahren hätten, dass ihr Nachbar, Heselwoods Sohn, sie zu vergewaltigen versucht hatte. Deshalb behielt sie es für sich. Ihr Fall wäre verloren gewesen, hätten Pace und seine Söhne mit demselben Mittel Rache an Edward genommen.
    Georgina schüttelte erleichtert den Kopf. All die Jahre habe ich mir deswegen Sorgen

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