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Im Tal der Mangobäume

Im Tal der Mangobäume

Titel: Im Tal der Mangobäume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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genug von der Gesellschaft der beiden Männer hatte, freute sich derart, als Clem ihr in der Ferne die Lichter der Montone-Station zeigte, dass sie am liebsten darauf zugestürmt wäre, hätte er sie nicht angewiesen, vorsichtig auf dem dunklen Weg entlangzutraben.
     
    Lord Heselwood wartete schon besorgt auf sie. Er empfing Rosa mit einem breiten Lächeln.
    »Mrs.Palliser, wie bedauerlich, dass Sie hier ausgerechnet in solch einer Nacht ankommen. Für morgen halte ich schönes Wetter für Sie bereit. Dr.Palliser«, fuhr er in ernsterem Ton fort, »ich kann Ihnen gar nicht genug dafür danken, dass Sie diese Reise auf sich genommen haben. Lady Heselwood hat sich schon zurückgezogen, aber morgen früh steht sie Ihnen sogleich zur Verfügung.«
    Er führte sie ins Haus. »Ich würde es verstehen, wenn Sie sich nun gleich auf Ihr Zimmer begeben wollten. Die Haushälterin wird Ihnen Ihr Abendessen bringen.«
    Charlie blickte zu Rosa. »Vielleicht solltest du das, meine Liebe. Ich speise mit Lord Heselwood, damit ich mir vor unserer ersten Begegnung schon einmal ein Bild über Lady Heselwoods Zustand machen kann.«
    »Ja, natürlich.« Rosa lächelte.
    »Na schön«, meinte ihr Gastgeber freundlich.
    Er stellte ihnen Mrs.Ansell vor, die Haushälterin, eine geschäftige kleine Frau, die genauso besorgt um ihre Herrin war wie ihr Herr.
    »Ich freue mich ja so, dass Sie hier sind«, flüsterte sie Charlie zu. »Ich mache mir wirklich Sorgen um Lady Heselwood. Ich habe versucht, sie dazu zu bewegen, einen der hiesigen Ärzte aufzusuchen, aber das lehnen sie strikt ab. Und ich weiß nicht, was ich für sie tun kann.«
    »Seien Sie unbesorgt«, erwiderte er. »Das bringen wir morgen früh alles in Ordnung.«
     
    Für Outback-Verhältnisse wirkte das Wohnhaus der Heselwoods nicht sonderlich groß, besaß jedoch dank eines sehr kompakten Grundrisses zwei Gesellschaftsräume und vier Schlafzimmer. Vielleicht, dachte Charlie bei sich, war dieser Grundriss ein Ergebnis der Farmgeschichte. Einen nächtlichen Angriff von einem Stamm meuchelnder Wilder vergaß man nicht so schnell. Möglicherweise hatte Heselwood beim Entwerfen des Hauses unbewusst nach Schutzmaßnahmen gesucht, obgleich ein weiterer Überfall unwahrscheinlich war. Zumindest von Schwarzen.
    Das gepflegte Steingebäude besaß dicke Mauern und verfügte über keine Veranda. Dabei hielt man Veranden bei Häusern in diesem Klima gewöhnlich für unerlässlich; sie boten Schatten, Platz für geselliges Zusammensein, Ruhepausen, sogar als zusätzliches Gästezimmer fanden sie Verwendung. Aber hier war nichts dergleichen zu sehen. Die schwere Haustür, genau in der Mitte von insgesamt acht Fenstern gelegen, war mit Innenriegeln versehen, und Charlie musste unwillkürlich an das väterliche Haus denken, bei dem die Haustüren, außer bei Sandstürmen, immer offen standen. Dieses Haus war um einen Hof herumgebaut worden. Einem derartigen Baustil war Charlie noch nie begegnet.
    »Es gleicht einem Fort«, bemerkte er am Morgen darauf, als sie sich ihre Umgebung ansehen konnten.
    »Finde ich nicht«, entgegnete Rosa. »Bis aufs Mobiliar hat das Gebäude spanische Anklänge und ähnelt sehr dem Landhaus meines Vaters.«
    »Hat Lord Heselwood dieses Haus denn je besucht?« Charlie fragte sich, ob er die Bauweise kopiert hatte.
    »O nein, er ist nie dort gewesen. Habe ich nicht erwähnt, dass Lord Heselwood und mein Vater sich noch nie grün waren?«
    »Bitte? Wieso?«
    »Keine Ahnung. Vielleicht erwähnen wir Vater besser nicht, während wir hier sind.«
    Charlie ärgerte sich. Hätte er davon gewusst, hätte er Rosa nie und nimmer mitgenommen. Es erschien ihm aufdringlich, eine ohnehin bereits belastete Familie auch noch an alte Differenzen zu erinnern.
    Glücklicherweise unternahm Lord Heselwood nach dem Frühstück persönlich mit ihnen einen Spaziergang und zeigte ihnen den Obstgarten, den Lady Heselwood vor so vielen Jahren angelegt hatte und der jetzt wieder bepflanzt wurde. Ihr Gastgeber war gegenüber Rosa äußerst charmant, und so zerstreuten sich Charlies Bedenken.
    Während er darauf wartete, dass man ihn aufforderte, sich um Lady Heselwood zu kümmern, schrieb er rasch einen Brief an seinen Bruder Langley.
     
    Schließlich wurde Charlie ins Zimmer seiner Patientin geführt, die für ihr Alter noch ausgesprochen attraktiv war. Sie musste in den Fünfzigern sein, dachte er, und trug ihre Jahre mit Würde. Ihr ergrauendes Haar war leicht gewellt und wurde durch

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