Im Tal der Mangobäume
Bettzeug über abgenutzte Sattel, Lumpen, rostende Töpfe bis zu Pfannen … einfach jegliche Art menschlichen Treibguts. Sogar kaputte Wagen, die auf der Seite lagen, als wären sie verwundert über eine Welt, die auf den Kopf gestellt worden war.
»Woher kommt denn das alles?«, wollte Charlie wissen.
»Daran gewöhnen Sie sich besser«, erwiderte Edward. »es ist alles andere als schön, aber so etwas passiert eben, wenn Abertausende von verrückten Goldsuchern aufs Land losgelassen werden. Manche kamen zu Pferd zu den Goldfeldern, manche, wie Sie sehen, mit Wagen, aber der Rest musste die Strecke zu Fuß zurücklegen und hat mit zunehmender Erschöpfung Ballast abgeworfen. Oder Überflüssiges.«
»Allmächtiger! Ich hatte ja keine Ahnung!«
»Viele von ihnen sind zermürbt und entkräftet am Straßenrand gestorben, glaube ich«, erklärte Edward. »Ein Segen für die örtlichen Leichenbestatter!«
»Ich hätte mehr Leute auf der Straße erwartet.«
»Nein. Wie Sie sehen, befinden sich die meisten auf dem Rückweg nach Maryborough. Es ist fast zu Ende.«
»Der Ansturm aufs Gold?«
»Nein. Das Gold. Nachdem nach rund einem Jahr kein Schwemmgold mehr zu finden war, musste man danach graben, aber nach ein paar Jahren hatte auch das keinen Sinn mehr. Sollte es noch Gold geben, so liegt es zu tief. Das Fest ist vorbei. Zumindest in dieser Gegend hier, und das ist gut so.«
Charlie zeigte sich überrascht. »Aber Sie verlieren dadurch doch gewiss einen einträglichen Markt? Ich war immer der Meinung, die Schlachter könnten die Nachfrage kaum bewältigen.«
»O ja, das schon. Ich hoffe, dieser Ritt wird Mrs.Palliser nicht zu viel?«
»Ich glaube nicht.« Charlie lächelte Rosa an, die mit Clem vorausritt. »Es scheint ihr Spaß zu machen.«
»Das ist gut. Sie ist eine wirklich schöne Frau, nicht wahr?«
Charlie, der nicht den Wunsch hatte, mit diesem Burschen über seine Frau zu sprechen, nickte nur.
Rosa war von dem Ritt enttäuscht. Den Anblick so vieler erschöpfter Leute, die sich wie Flüchtlinge aus einem ausgeplünderten Dorf zurück nach Maryborough kämpften, fand sie deprimierend. Die Frauen und Kinder, die sich mit den Männern vorwärtsschleppten, sahen derart ausgezehrt und abgekämpft aus, dass Rosa das Herz blutete. Aber außer ihnen etwas Wasser anzubieten, konnte sie nichts tun. Und selbst da schritt Clem ein, als zwei Frauen auf sie zurannten und um Wasser baten.
»Reiten Sie weiter, Mrs.Palliser. Sitzen Sie nicht ab«, rief er. »Ich kümmere mich darum.«
Er goss aus seinem Wassersack Wasser in ihre Metallbecher und wünschte ihnen einen guten Tag.
»Viele von diesen armen Leuten sind verzweifelt«, erklärte er Rosa, als sie weiterritten. »Da sind schon Reiter von ihren Pferden gezerrt worden. Sie müssen sich also ein bisschen vorsehen.«
Zur Mittagszeit machten sie Rast in einem Gasthof, und Clem tränkte die Pferde. Der Gastwirt erklärte, aufgrund des abgeflauten Goldrausches werde er in wenigen Tagen schließen und habe daher schon all seine Hilfen entlassen. Er könne ihnen lediglich Brötchen und Buschhonig anbieten.
»Wenn Ihnen das reicht?«, fragte er.
»Da wird uns nichts anderes übrigbleiben«, erwiderte Rosa.
Charlie blieb unbeeindruckt. »Können wir denn nicht woanders einkehren?«
Rosa hatte Hunger. Während die Männer debattierten, biss sie in ein Brötchen und ließ sich vom Gastwirt ein weiteres einpacken, da die beiden Männer inzwischen unbedingt zum nächsten Gasthaus weiterreiten wollten.
Eine Stunde darauf mussten sie entdecken, dass das nächste Gasthaus geschlossen und der Wassertank leer war, und so zogen sie wieder weiter. Glücklicherweise hatte Clem beim letzten Halt sämtliche Flaschen frisch aufgefüllt. Ungefähr zu diesem Zeitpunkt fingen ihr Mann und Edward Heselwood, beide schlecht gelaunt, damit an, sich wegen jeder Kleinigkeit scharf anzureden, weshalb sie wieder zu Clem ritt.
Ein wenig später hörte sie Edward Charlie anschnauzen: »Sie sind genau wie mein Vater! Der weiß auch über alles und jedes Bescheid!«
Clem blickte zu ihr hinüber und zwinkerte.
Sie kicherte.
Edward ritt an ihre Seite, so dass Charlie wutschnaubend allein hinter ihnen zurückblieb.
Schließlich hatten sie ein Gasthaus gefunden, in dem Edward und Charlie »dinieren« konnten, wie Rosa es sarkastisch ausdrückte. Aber die Suche hatte Zeit gekostet, und so trafen sie erst spät in der Nacht bei strömendem Regen an ihrem Reiseziel ein.
Rosa, die
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