Im Tal der Mangobäume
nicht zu kümmern, die wohl immun dagegen geworden sein musste. Die Ärmste!
Schließlich ergriff Rosa Lady Heselwoods Hände und küsste sie auf die Stirn. »Gibt es etwas, das ich für Sie tun kann, bevor ich gehe?«
»Nein danke. Sie sind ein liebes Mädchen. Ich freue mich so, Sie kennengelernt zu haben. Wir unterhalten uns später in Ruhe.«
An jenem Morgen verband ein kleiner und sehr heller Regenbogen die Berge, und Georgina konnte ihn von ihrem Schlafzimmerfenster aus sehen. Seine Mutter fand ihn schön, aber Edward konnte nur an den alten Spruch denken: »Regenbogen in der Früh macht dem Schäfer große Müh«, und seine Besorgnis wuchs.
Dass sein Vater warten wollte, bis der Gips abgenommen wurde, hatte Edward für Irrsinn gehalten, auch wenn er sich damit dem Rat irgendeines Krankenhausbürokraten beugte. Mit der Zeit hatte der faulige Geruch ihres Beines Georgina immer mehr zugesetzt.
»Irgendetwas stimmt doch da nicht«, erklärte Edward seinem Vater immer wieder. »Abgesehen davon, dass sie das Pulver und Wasser vermischt und es Mutter aufs Bein geklatscht hat, hatte die Lombe doch vermutlich keine Ahnung, was sie eigentlich tat. Da hätte doch mehr zu tun sein müssen. Mutter hat gesagt, sie habe nach dem Sturz Schnitte und Abschürfungen an ihrem Bein gehabt. Hat diese Frau die zunächst gereinigt? Wer weiß? Sie hat uns ja partout nicht in den Raum gelassen. Ich wollte hineingehen, aber du hast es mir verboten!«
»Ich wollte deine Mutter nicht beunruhigen. Sie war sehr nervös.«
»Verdammt, sie hatte auch allen Grund dazu!«
Als Mrs.Ansell mit Jasins Hilfe den Gips weggeschnitten hatte, war Georgina ohnmächtig geworden. Im Grunde aber war es für alle ein Schock: Ihr Bein bot einen grauenvollen Anblick, und der Knochen war – für alle unübersehbar – schief zusammengewachsen. Zudem waren die Schmerzen ohne den Halt durch diesen schmuddeligen Gips kaum auszuhalten.
Edward wollte umgehend in die Stadt reiten und einen Arzt holen, doch das lehnte Jasin rundweg ab. Er sagte, Georgina müsse den besten Arzt bekommen, und er würde Palliser anschreiben, Brisbanes führenden Chirurgen. Er weigerte sich schlicht, einen dieser »Bauern« an sie heranzulassen.
Die Korrespondenz mit Palliser kostete weitere wertvolle Zeit, und Edward kochte vor Wut über die Verzögerung. Einmal drohte er seinem Vater, einen der hiesigen Ärzte herzuholen.
»Das ist mein Haus!«, hatte Jasin ihn angebrüllt. »Ich lasse sie nicht in ihre Nähe! Siehst du denn nicht, wie schlecht es ihr geht? Wenn sie jetzt nicht die richtige Behandlung bekommt, dann verliert sie ihr Bein!«
»Und du glaubst, keine Behandlung ist besser? Wo ist dieser Arzt denn bitte? Hast du ihm nicht gesagt, dass es dringend ist?«
»Der kommt schon.«
»Das erzählst du Mutter auch immerzu. Dabei würde es sie nicht stören, einen der Ärzte aus dem Krankenhaus hinzuzuziehen. Ich war in der Stadt und habe mich über sie kundig gemacht. Beide sind erfahrene Landärzte und genießen einen guten Ruf. Vor allem Dr.Oliver.«
Jasin war aschgrau. »Du hast mit ihnen über Mutter gesprochen?«
»Natürlich habe ich das. Sie ist nicht dumm. Wenn es ein Krankenhaus gibt, dann muss es auch Ärzte geben.«
»Du hältst dich von ihr fern, du verdammter Narr! Ich lasse nicht zu, dass du sie beunruhigst! Meinst du nicht, du hast schon genug angerichtet?«
»Ah, verstehe, jetzt geht das wieder los, ja? Es ist alles meine Schuld.«
»Wenn du dich angesprochen fühlst …?«
Jasin war davongestürmt, und sie hatten seitdem kein Wort mehr gewechselt.
Nicht dass sie sonst viel miteinander geredet hätten. Die Arbeit auf der Farm war weitergegangen. Edward hatte den Besitz auf eigene Faust erforscht, wenn Clem beschäftigt war, und entdeckt, dass er viel größer war als gedacht. Sie hatten ungefähr dreißigtausend Rinder, und es gab Schlachthöfe, die sowohl die Metzger aus Gympie belieferten als auch Unabhängige auf den ausgedehnten Goldfeldern versorgten. Edward war mit dem Anwesen und den Farmgehilfen halbwegs vertraut, als Jasin zu den Ställen hinuntergekommen war und ihm gesagt hatte, er solle sich am Brandmarken versuchen. Edward erinnerte sich daran, wie er als Kind zugesehen hatte, wie die Männer die Tiere mit dem Lasso einfingen und dann mit einem Brandzeichen versahen, und erklärte sich einverstanden, es zu versuchen.
Aber das war leichter gesagt als getan.
Man konnte es nicht anders sagen: Am ersten Tag war er, wie einer der
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