Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga
Vater und Greta gut beobachten konnte, rückte sich in Positur. Es war Zeit, Theater zu spielen. »Wie furchtbar. Wie ist denn das passiert?« Sie sah, wie sich der Gesichtsausdruck ihres Vaters verfinsterte und er die rechte Hand an die Herzgegend hob.
Carls Stimme war angespannt, als er fragte: »Und … Carla und Sam?«
Greta ließ sich auf den nächsten Stuhl fallen und rieb sich über die Stirn. »Gott sei Dank geht es ihnen gut. Paul van Leeson war auf dem Weg zu Carla. Er hat beide herausgeholt und ihr Leben gerettet, ebenso wie das von Kim und Su Lee Loong. Es grenzt an ein Wunder, dass niemand verletzt wurde.«
Ein Stück Müsli blieb Lisel im Hals stecken, und sie verschluckte sich. Niemand war verletzt worden. Diese Worte hallten in ihrem Kopf wie ein nicht enden wollendes Echo. Carla lebte noch! So ein dämlicher Idiot, dieser Josh. Er hatte doch gesagt, dass alles wie am Schnürchen gelaufen sei. Dies war nicht ihre Vorstellung von einem reibungslosen Verlauf. Paul Leeson war ihnen zu Hilfe gekommen und hatte den edlen Ritter gespielt!
Sie rang nach Atem. Das Zimmer, die Situation, alles schnürte sie ein. Sie brauchte Platz und Zeit zu überlegen. Trotz all der Vorbereitungen, Intrigen und Risiken, die sie eingegangen war, hatte Carla überlebt! Allmächtiger Gott,
sie versuchte, zumindest den Anschein von innerer Ruhe zu bewahren. Warum musste man denn immer letztlich alles selber machen? Sie hatte Josh einen riesigen Batzen Geld gezahlt - und er hatte alles versaut.
»Angie meint, nach Aussage des Leiters der Feuerwehr war es Brandstiftung. Das Positive ist, dass sie eine Spur gefunden haben. Als der Täter geflüchtet ist, hat er mehrere Farbdosen umgefahren, und die Polizei, die übrigens schon mit Carla gesprochen hat, ist sicher, dass das Fahrzeug auf dem Kotflügel der Beifahrerseite und am Reifen Farbspuren aufweist«, verkündete Greta mit einiger Genugtuung.
»Wo sind Carla und Sam denn jetzt? Sie sollten zu uns kommen.« Lisels Angebot klang einladend und liebenswürdig.
»Sie sind bei van Leeson und wollen auch dort bleiben. Das ist näher an ihrem Weingut. Ich trinke jetzt eine Tasse Kaffee und werde danach bei ihnen vorbeischauen.
»Ich möchte, dass sie bei uns wohnen. Hier ist es sicher«, verlangte Carl. »Schließlich sind wir ihre Familie.«
Greta lächelte ihren Vater an. »Ich werde versuchen, sie zu überzeugen, aber du kennst doch Carla. Sie ist sehr unabhängig und kennt Paul und sein Haus sehr gut.«
»Ich fahre mit dir nach Sundown Crossing und danach zu Paul van Leeson«, beschloss Carl. »Vielleicht kann ich sie überreden.«
Lisel drehte sich der Magen um. Sie hatte das Gefühl, sich übergeben zu müssen. Verlass den Raum, sagte sie sich, ehe du auffällst. »Während alle nach Carla und Sam sehen, sollte ich in die Firma fahren. Außerdem habe ich dort um zehn Uhr eine Besprechung wegen der Werbeaktion.« Sie stand auf und verließ raschen Schrittes das Frühstückszimmer.
In ihrer Suite angekommen, nahm sie sofort ihr Handy und wählte Joshs Festnetznummer. »Du bist ja immer noch hier«, zischte sie ihn an, als er abhob. »Du musst sofort verschwinden.«
»Warum?«
»Du Trottel! Du hast alles versaut. Carla und Sam leben noch, und die Loongs ebenso.«
Joshs Stimme explodierte. »Was?! Wieso?«
Ein flüchtiges Lächeln trat auf ihre Lippen, als sie die Bestürzung in seiner Stimme hörte. Er, der sich für den Größten hielt, war letzten Endes doch nicht so großartig. »Van Leeson hat sie gerettet. Das Problem ist jedoch dein Pick-up. Hast du ihn dir schon mal angeschaut?« Sie wartete nicht auf seine Antwort. »Angie Dupayne sagte, dass am vorderen Kotflügel und am Reifen grüne Farbspuren sind, die von Sundown Crossing stammen.«
»Ja. Ich habe es heute Morgen bemerkt, konnte mir aber nicht erklären, wie das passiert ist.«
Der Mann war ein Vollidiot, daran bestand kein Zweifel. »Du musst den Pick-up sofort loswerden«, befahl Lisel. »Stell ihn irgendwo ins Gebüsch und verschwinde blitzartig aus dem Valley, und zwar heute noch, bevor die Polizei sich die Fahrzeuge der Leute anschaut, die etwas gegen Carla haben könnten.«
»Ach du Scheiße«, fluchte Josh. »Dann muss ich mir ja noch einen Lieferwagen kaufen.«
»Ja und? Du hast doch Geld genug, Josh. Tu es einfach.« Ihr Instinkt sagte ihr, dass Josh einer Polizeibefragung nicht lange standhalten würde. Was gleichzeitig hieß, dass er sie verpfeifen würde. Verdammt! Jetzt war es zu spät
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