Im Tal der Sehnsucht
Tiefgarage zu ihrem Auto. Dabei summte sie eine kleine Melodie vor sich hin, die ihr gerade eingefallen war. Etwas Romantisches. Sie war mit Boyd zum Dinner verabredet, und die Vorfreude ließ ihr Herz höher schlagen.
Zum ersten Mal erlaubte sie sich den Glauben daran, dass Boyd sie wirklich so liebte, wie ein Mann die Frau seiner Wahl lieben sollte. Der Zwischenfall mit Robbie hatte nichts damit zu tun. Boyd hatte ihn nur benutzt, um seine wahren Gefühle dahinter zu verstecken.
„Leona, warte! Ich will mit dir reden.“ Sie erkannte die Stimme sofort, und der freche Ton ärgerte sie genauso wie der plötzliche Überfall.
Wütend drehte sie sich um. „Aber ich nicht mit dir, Tonya! Was hast du hier zu suchen? Ich müsste längst weg sein. Boyd erwartet mich zum Dinner.“
Tonya kam schnell näher. „Warum, glaubst du wohl, will er dich und nicht Chloe heiraten?“
Sie sagte das mit so viel Gift in der Stimme, dass Leona einen Schritt zurückwich. „Hat Jinty mit dir gesprochen?“
„Nein, nicht Jinty.“ Tonya verzog keine Miene. „Wir haben uns gestritten und reden zurzeit nicht miteinander.“
„Wundert dich das? Du hast das Taktgefühl eines Bulldozers.“
Tonya presste die Lippen zusammen. „Kümmere dich nicht um mich … es geht mir gut. Kümmere dich lieber um dich selbst. Egal, wer es mir gesagt hat, ich weiß Bescheid.“
„Möchtest du mir vielleicht gratulieren?“
„Er liebt dich nicht, du kleines Unschuldslamm“, zischte Tonya. „Er mag dich, das wissen wir alle, aber Liebe und Sympathie sind nicht dasselbe. Du gehörst zur Familie. Er kennt dich seit deiner Kindheit, doch er liebt dich nicht so, wie ein Mann die Frau lieben sollte, die er heiratet. Ihr seid euch nicht ebenbürtig … wenn du verstehst, was ich meine.“
Leona zwang sich, ruhig zu bleiben. „Hast du das ganz allein herausgefunden?“, fragte sie ironisch.
„Man hat mir geholfen.“ Tonya lächelte bitter. „Übrigens nicht zum ersten Mal. In jeder Familie wird geklatscht. Rupert möchte Chloe als Schwiegertochter, aber viele sind es leid, sich nach seinen Wünschen zu richten. Sie zählen auf Boyd als neues Oberhaupt der Familie und des Konzerns. Er hat sich aus einleuchtenden Gründen für dich entschieden. Du passt in die Rolle. Man kann dich vorzeigen, denn du kennst die Regeln. Außerdem bist du hübscher als Chloe, und Boyd mag hübsche Frauen. Es kann nicht schwer sein, dich ins Bett zu kriegen, und du bist jung genug, um dich jedem Wunsch zu fügen. Mich wundert nur, dass du das alles nicht erkennst.“
Leona nahm die Schlüssel aus ihrer Handtasche und schloss die Wagentür auf. „Bist du fertig?“. Tonya war wirklich un erträglich.
„Ich mag dich nicht, Leona, und ich bin auch enttäuscht von dir. Ich hätte dir mehr Rückgrat zugetraut. Man spielt mit dir … merkst du das nicht? Boyd ist ein Mann, von dem alle Frauen träumen. Ich selbst war nicht ganz immun gegen ihn, aber deswegen würde ich ihm nicht mehr über den Weg trauen als seinem Vater. Wahrscheinlich bist du nur eine Trumpfkarte im Machtspiel zwischen Vater und Sohn. Dafür gibt es genug Beispiele … ganz abgesehen von dieser anderen Sache.“
Tonya war so geschickt, dass Leona in die Falle tappte. „Welche andere Sache?“, fragte sie verächtlich.
„Ach, schon so oben auf!“, mokierte sich Tonya. „Noch bist du nicht Mrs. Boyd Blanchard! Vielleicht wirst du es nie, daher solltest du etwas zurückhaltender sein. Ich rede von deiner lieben Mutter … der bezaubernden Serena.“
Leona zählte zu den friedfertigsten Menschen, inzwischen war sie jedoch am Ende ihrer Geduld. Am liebsten hätte sie Tonya in ihr höhnisches Gesicht geschlagen. „Vorsicht“, warnte sie mit blitzenden Augen. „An deiner Stelle würde ich es dabei belassen.“
Doch Tonya hatte nie auf Warnungen gehört. „Man sagt, dass Rupert verrückt nach ihr war“, stichelte sie weiter, ein Opfer ihrer eigenen Bosheit.
Pass auf, Leona!, befahl ihre innere Stimme. Verlier nicht die Beherrschung. Beherrschung zahlt sich immer aus. Schließlich war sie eine Blanchard. Billiges Gekeife war unter ihrer Würde. „Stammt das aus derselben Quelle?“, fragte sie kühl. „Von jemandem, der genauso gehässig ist wie du? Ich weiß, wer das ist, aber Rupert wird euch für diese Indiskretion nicht dankbar sein.“
Tonya zuckte die Schultern. „Was soll er machen? Schließlich ist es die Wahrheit.“
„Du bist widerlich. Es macht dir Spaß, üble Gerüchte zu
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