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Im Tal der träumenden Götter: Roman (German Edition)

Im Tal der träumenden Götter: Roman (German Edition)

Titel: Im Tal der träumenden Götter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Lobato
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hätte, und die jetzt, mit ihren verheulten Augen, nur noch elend und hässlich war. Jaime grüßte sie nicht einmal. Jede aus dem Leim gequollene Matrone im Saal wäre ihm lieber gewesen als sie.

5
    S etz dich hin«, sagte Porfirio Diaz, ließ sich selbst in einen der Sessel nieder und füllte sich ein Glas zu einem Viertel mit bronzefarbenem Cognac. »Gehe ich recht in der Annahme, dass du mich wie üblich beim Trinken allein lässt?«
    »Nein«, erwiderte Benito.
    »Nein was?«
    »Nein, ich bleibe lieber stehen«, sagte er. »Und nein, wenn du es verkraften kannst, schließe ich mich dir beim Trinken an.«
    »Hört, hört.« Porfirio runzelte die Stirn und füllte gut doppelt so viel Cognac in ein zweites Glas. »Hier. Betrink dich. Wenn es wegen des Schmierfinken ist, tust du gut daran, denn darüber ist mit mir nicht zu reden.«
    »Betrinken von mir aus, aber nicht Selbstmord begehen«, sagte Benito, nahm dem Präsidenten sein Glas aus der Hand und schob ihm das übervolle dafür hin. »Und falls du mit dem Schmierfinken Miguel Ximenes meinst, ist überhaupt kein Reden nötig. Lass den Mann gehen. Du hast keine Handhabe gegen ihn, es sei denn, du willst ein Verfassungsrecht brechen.«
    »Und wer sagt dir, dass ich das nicht will?«
    »Du«, antwortete Benito. »Soweit ich weiß, schwingst du derzeit die Verfassung vor dir her wie früher deine blutbeschmierte Regimentsfahne.«
    »Jetzt, da meine Wiederwahl gesichert ist, wird das nicht länger nötig sein«, entgegnete Porfirio und sah dem Cognac in seinem Glas beim Kreisen zu.
    »Es war ohnehin nicht nötig«, sagte Benito. »Für Wahlbetrug braucht es kein hehres Gerede von Verfassungsrechten.«
    Immerhin ging ein Zucken über das gepuderte Gesicht des Präsidenten. »Hab dich nicht so«, brummte er. »Wir beide sind Soldaten, keine Klosterschülerinnen. Willst du, dass dieses Land in dem Moder von Jahrhunderten steckenbleibt? Oder willst du, dass es endlich den Kopf erheben und sich als Schwester unter die zivilisierten Nationen der Welt gesellen darf? Willst du, dass Investoren aus Europa und den Vereinigten Staaten hier ihr Geld anlegen, dass Mexiko moderne Fabriken und Transportwege bekommt? Du hast die New Yorker gehört, die uns heute haben abblitzen lassen. Nach Yucatán will kein vernünftiger Mensch einen Schienenstrang legen. Nicht, weil der verfluchte Dschungel dort unten in drei Tagen alles wieder überwuchert, sondern weil jeder Investor fürchten muss, dass ihm Rebellen die Leute massakrieren und die Ausrüstung unter den Fingern wegstehlen.«
    »Was für Rebellen meinst du? Die Cruzoob von Chan Santa Cruz? Dann sprichst du von einem zumindest durch Großbritannien anerkannten Staat, Porfirio.«
    »Ha! Die Briten können anerkennen, was sie wollen, die haben schließlich nicht die Folgen zu tragen. Aber ich als Präsident dieses Landes – muss ich mir einen Staat von Aufrührern, Götzenanbetern und rückständigen Wilden auf dem Boden Mexikos vielleicht bieten lassen? Muss ich ertragen, dass mir ein New Yorker Großunternehmer ins Gesicht sagt, mein Land verfüge noch nicht über die Tischmanieren, um an die Tafel des Fortschritts geladen zu werden? Dieses Übel will ich mit der Wurzel ausreißen, das ist mein Lebenswerk, und dabei muss eben manches über die Klinge springen.«
    »Die Pressefreiheit zum Beispiel«, bemerkte Benito.
    »Heilige Jungfrau von Guadalupe, geh mir vom Leib mit deiner Pressefreiheit!« Der Präsident sprang auf und hob drohend das Cognacglas. »Ich will den Leuten Würde geben, hörst du? Würde, die ein Mann vor sich hertragen kann, ohne sich zu schämen.«
    Benito wischte sich einen Speicheltropfen von der Wange, ging zum Kaminsims und entnahm der Mappe, die er dort abgelegt hatte, einen Stoß Papiere. »Und ich will ihnen trockene Wohnungen geben«, sagte er und schob die Papiere vor Porfirio auf den Tisch. »Wohnungen, in denen ein Mann seiner Frau ein Kind machen kann, ohne dass es ihm an Typhus verreckt.«
    »Was ist das?« Porfirio ließ sich wieder in den Sessel fallen und blätterte die Bogen durch.
    »Ein Entwurf für ein Entwässerungssystem«, antwortete Benito. »Die Slums im Osten dieser Stadt sind, wie du es so ansprechend ausdrückst, im Moder steckengeblieben. Du sperrst Männer ein, weil sie über das Elend ihrer Landsleute schreiben, über die Überflutungen, die ganze Viertel in Sümpfe verwandeln, über Abwässer, die ins Trinkwasser treiben, tote Kinder, Seuchen, vom Hunger aufgeblähte

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