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Im Tal der träumenden Götter: Roman (German Edition)

Im Tal der träumenden Götter: Roman (German Edition)

Titel: Im Tal der träumenden Götter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Lobato
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schnalzend in Teiucs Rücken, dieser schrie auf, und der Schimmelhengst scheute. Dafür, dass Tomás, der seinen Hals umklammerte, nicht stürzte, musste Anavera ihm sogar noch Bewunderung zollen.
    Sie kam sich herzlos vor, als sie aus dem Sattel sprang und die Ponys einfing, während vor ihren Augen etwas derart Unaussprechliches geschah. Damit, dass die Tiere mit dem Karren davonstoben und sich die Beine brachen, war jedoch niemandem geholfen. Sorgfältig band sie alle drei Pferde an den Pfeilern fest, ehe sie Tomás und ihrer Mutter folgte.
    Citlali galoppierte noch immer ungezügelt auf die Szene zu. Kurz fürchtete Anavera, er werde in Teiuc hineinrasen, da erhielt dieser einen weiteren Hieb, stieß einen gellenden Schrei aus, und der silbergraue Hengst bäumte sich steil auf. Bei solchem Sturz hatten sich schon Männer den Hals gebrochen, aber Tomás hatte Glück. Er fiel zur Seite, nicht nach hinten, und schaffte es, sich zur Kugel zu krümmen und mit geschütztem Kopf abzurollen. Citlali vollführte ein paar Bocksprünge, dann galoppierte er den nahen Hang hinauf, wo er außer Reichweite der Männer stehen blieb.
    Der Rurale wollte ausholen, um Teiuc den nächsten Schlag zu versetzen, aber Sanchez Torrija winkte ihn hinüber zu Tomás, der sich stöhnend aufrappelte. Mit der Peitschenschnur in einer Hand blieb der Rurale vor ihm stehen. Sanchez Torrija selbst trat nur lässig einen Schritt vor.
    »Sieh an, wen haben wir denn da? Tun die Kerle hier draußen eigentlich auch noch etwas anderes als Bastarde zeugen?«
    Tomás sprang auf und hatte im nächsten Moment die Hände an Sanchez Torrijas Hals. Ehe er zudrücken konnte, hatte die Mutter die Gruppe erreicht. Mit einem Satz war sie bei Tomás und riss ihn zurück. »Komm zu dir«, schrie sie ihn an, und es half. Tomás ließ die Arme sinken und trat einen Schritt zurück.
    Der Rurale zuckte mit den Schultern, ging wieder in Stellung und wollte mit der Auspeitschung fortfahren.
    »Halt!«, rief die Mutter, trat zwischen Teiuc und seinen Peiniger und sah Sanchez Torrija ins Gesicht. »Dieser Mann wird nicht mehr geschlagen. Kein Mann wird hier mehr geschlagen. Sklaverei ist in Mexiko verboten, und als Ihre Arbeiter haben die Männer das Recht darauf, als Menschen behandelt zu werden. Sie mit der Peitsche zu schlagen untersagt das Gesetz, an das auch Sie sich zu halten haben, Señor!«
    »Interessant. Und dabei wissen wir doch alle, dass diese Indios nicht mit den Ohren, sondern mit dem Rücken hören. Wer verbietet mir eigentlich, auf meinem Grund und Boden mit meinen Leuten zu verfahren, wie ich es für richtig halte?«
    »Ich«, erwiderte die Mutter. »Querétaro ist nicht Yucatán, wo offenbar niemand den Menschenschindern Einhalt gebietet. Querétaro hat einen Gouverneur, und in dessen Namen verwarne ich Sie. Sollte mir noch einmal zu Ohren kommen, dass Sie auf Ihrem Grund Ihre Arbeiter misshandeln, lasse ich Sie zur Rechenschaft ziehen.«
    Felipe Sanchez Torrija warf den Kopf auf, als wollte er lachen. »Allerhand. Und womit wollen Sie mich belangen? Dieser Mann kann schließlich kommen und gehen, wie er will, er lebt in einem freien Land. Einer Bestrafung mit der Peitsche hat er freiwillig zugestimmt. Die sind doch Prügel gewohnt, die Kerle. Stumpf, wie die sind, stecken die die paar Hiebe schon weg.«
    »Was für ein Unsinn«, versetzte die Mutter schneidend. »Kein Mexikaner lässt sich freiwillig schlagen, und das wissen Sie.«
    »Wenn es ihm in meinem Dienst nicht passt, kann er gern seine Sachen packen. Er muss mir nur zuvor die Kleinigkeit zurückzahlen, die er sich leichten Herzens von mir geliehen hat.«
    »Ich bezahle«, sagte die Mutter, trat zu Teiuc und berührte behutsam seinen Arm. »Sie zahlen es uns zurück, Teiuc. Wir haben Arbeit genug für Männer wie Sie, und Sie hätten gleich zu uns kommen sollen.« Ebenso behutsam begann sie die Fesseln um seine wundgescheuerten Gelenke aufzuknoten.
    »Vergessen Sie nicht, Ihre Menagerie einzusammeln«, höhnte Sanchez Torrija. »Den Gaul dort hinten behalte ich meinethalben hier, aber den Halbaffen, der friedlichen Bürgern an die Kehle geht, nehmen Sie um Himmels willen wieder mit.«
    Noch einmal schoss Tomás zu ihm herum, doch Anavera machte ihm hastig ein Zeichen, das ihn zur Besinnung brachte. In diesem Bruchteil eines Herzschlags hatte jedoch auch Sanchez Torrija seinem Rurale ein Zeichen gegeben. Der holte blitzschnell aus und ließ die Peitschenschnur auf Tomás niedersausen. Anavera

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