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Im Tal des Vajont

Im Tal des Vajont

Titel: Im Tal des Vajont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mauro Corona
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die den Platz besetzt hatten. Ihre Schwester, die nach Mailand gegangen war, um dort als Hausdienerin zu arbeiten, erschien diesmal nicht zum Begräbnis, anders als sie es nach dem Tod unserer Mutter getan hatte. Man konnte sie nicht mehr ausfindig machen. Irgendwohin war sie verschwunden und hatte seither kein Lebenszeichen mehr von sich gegeben, nicht einmal mit einer Postkarte. Die Familie, bei der sie gearbeitet hatte, schrieb uns, dass sie ohne jede Erklärung fortgegangen war und sich nie wieder hatte blicken lassen.
    Nach dem Tod der alten Tante begann ich mit der Zucht von Kälbern, handelte mit Kühen und Ziegen und hängte dafür die Holzfälleraxt an den Nagel. Nur im November ging ich noch hin und wieder in den Wald, um fünf bis sieben Kubikmeter Kaminholz zu schlagen. Bastianin war immer in seiner Schmiede unten am Vajontufer in der Nähe von Bondis Osteria. Aber wenn es in den Wald ging, kam er herauf und half mir beim Schlagen des Holzes, von dem dann jeder die Hälfte bekam. Wir mochten uns und kamen immer gut miteinander aus.
    Nur einmal wären wir fast aneinandergeraten, wegen einer Sache mit seiner Geliebten, die sich später in der Irrenanstalt von Pergine mit dem eigenen Betttuch strangulierte. Sie war verrückt geworden und zog sich immer wieder vor allen die Röcke hoch. Eines Tages, als sie nach der Messe vor der Kirche wieder einmal alles herzeigen wollte, hielt ich sie zurück. Auch mein Bruder stand dabei, und alle Leute, die aus der Kirche herauskamen, schauten und lachten nur, wobei die Männer und die jungen Burschen am meisten hinschauten. Kaum fasste ich sie an, schrie sie schon los und beschimpfte meine Mutter als Schlampe. Da verpasste ich ihr eine solche Ohrfeige, dass sie den Kopf zwischen ihre Hände nahm und kein Wort mehr sagte, bis wir sie schließlich in das nächste Haus hineinzogen. Ich wollte ihr noch eine verpassen, doch da fasste mich mein Bruder am Arm und sagte basta. Mein Arm fühlte sich an wie im Schraubstock seiner Schmiede. Lass den Arm los, sagte ich ihm. Wenn ich sie noch einmal anfasste, erwiderte er, würde er mir den Kopf aufspalten. Ich schaute ihm in die Augen. Beinahe hätte ich ihm mit einem Faustschlag den Schädel zertrümmert und seiner Wahnsinnigen noch die Nase zerschlagen, aber dann besann ich mich und dachte an die Zeit zurück, als wir noch klein und Waisen waren, und vergaß darüber meine Wut und sagte, du hast ja recht, Bastianin, verzeih mir.
    Sonst haben wir uns immer gut vertragen.

Nach meiner ersten Meisterin in Sachen Liebe hatte ich auch noch andere Frauen, die immer älter waren als ich. Gleichaltrige oder Jüngere interessierten mich überhaupt nicht, mir gefielen die Älteren, weil sie mich an Maddalena Mora erinnerten. Einige Jahre lang hatte ich eine Geliebte, die kam aus der Siedlung Mulini delle Spesse, hieß Francesca und war dazu auch schön, jedenfalls schien es mir so. Aber sie wollte immer, dass wir alles nach ihrem Willen machten. Doch ich ließ mich nicht gern kommandieren, weder von ihr noch von sonst jemandem. Ich hätte sie ohrfeigen können, wie es alle anderen Männer im Dorf mit den Frauen taten, aber das gefiel mir nicht. Ich tat es nur ein Mal bei der Verrückten meines Bruders, was ich dann aber gleich bereut hatte. Ich versuchte eher vernünftig mit ihr zu reden, aber bei meiner Geliebten gab es kein vernünftiges Reden, es musste immer alles nach ihrem Willen geschehen. Ich war geduldig und hielt sie vier Jahre lang bei mir, bis ich es schließlich satt hatte.
    Es geschah an einem Tag im September. Jaco dal Cuch hatte mir ein neu geborenes Hündchen geschenkt, das inzwischen aber schon selbstständig fressen konnte. Es war ein schönes Hündchen, und ich war froh, es bei mir zu haben. Hunde sind eine bessere Gesellschaft als viele Menschen, die, hast du sie einmal beleidigt, dir nicht mehr ins Gesicht sehen. Dagegen liebt dein Hund dich immer, selbst wenn du ihn schlägst, was natürlich nicht rechtfertigt, ihn zu schlagen; und wenn du ihn rufst, wedelt er ganz glücklich mit dem Schwanz. Ich nahm ihn zu mir ins Haus und setzte ihn mit einer Schüssel Ziegenmilch nah an den Kamin. Am Abend kam Francesca. Als sie den Hund sah, entbrannte sie vor Zorn wie zwei brennende Harzstöcke. Nein, sie wolle keinen Hund, sie könne Hunde nicht ertragen, und ich sollte ihn sofort aus dem Haus werfen oder in den Stall stecken. Ich sagte ihr, ich würde ihn nah bei mir am Kamin behalten, weil er mir Gesellschaft leistete und es

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