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Im Tal des Vajont

Im Tal des Vajont

Titel: Im Tal des Vajont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mauro Corona
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ein Depot für bis zu vierzig Schlitten befand, lud dann jeder sein Heu auf und fuhr damit nochmals anderthalb Stunden hinunter ins Dorf. Auch die Toten der Verwünschung wurden so auf der Schulter bis zum Scalèt getragen, bevor man sie auf die Schlitten laden konnte. Toni della Val Martin wurde in einen Sack gesteckt, weil er ganz verbrutzelt und zusammengeschrumpft war. Dagegen ging Rosina mit ihrem Neugeborenen ganz allein bis zum Scalèt, bevor sie sich dort auf einen Schlitten legte. Damit sie es mit ihrem Kind schön weich hatte, hatten die Schnitter den Schlittenboden mit Latschenkiefernzweigen und Heu ausgelegt.
    Für alle, die vierzig Tage lang auf den Hangwiesen des Palazza arbeiteten, gab es einen besonderen Ort, wo sie ihren Proviant kühl aufbewahren konnten. Er hieß das Tor zur Hölle, ein mehr als hundert Meter tiefes Karstloch nahe dem Peronèifeld. Dank der Stufen, welche die Schnitter in den Stein gehauen hatten, und der in die Felswände eingeschlagenen Eisengriffe konnte man fast senkrecht bis zum Herzen dieser Doline hinabsteigen. Unten, in einer Art länglicher Grotte, lag auf dem Tor zur Hölle immer eine meterdicke Schicht aus Eis und Hartschnee, als wäre es Marmor. Dort hinein hatten die Schnitter Löcher gebohrt, um jene Essenssachen kühl zu halten, die am wenigsten die Juli- und Augusthitze vertrugen. So vor allem Butter- und Schweineschmalz, Wild, einige Fässchen Wein und manches mehr. Dort unten herrschte eine Kälte, dass es das Fleisch von den Knochen löste. Wenn man eine Kerze anzündete, bekam man Gänsehaut vor Angst, denn die Flamme zitterte wie ein Toter, der zurückkehrt, und dann schien auch noch der Eishöcker in Bewegung zu geraten, als drücke der Teufel von unten mit dem Rücken dagegen, um herauszukommen und dich bei lebendigem Leibe zu verspeisen.
    Man blieb immer nur für kurze Zeit dort unten, gerade lang genug, um das Nötigste zu schnappen und schnell wieder hinauf ans Sonnenlicht zu klettern. Es zitterten einem die Beine in dieser tiefen, eisigen Grabstätte, wo es kein Leben und kein menschliches Licht gab und man die kalte Luft des Todes spürte.

Während der Heuernte auf dem Buscada versuchte die Frau von Raggio dreimal mich zu nötigen, und jedes Mal wich ich ihr aus, weil ich meinem Freund kein Unrecht antun wollte.
    Das erste Mal versuchte sie es ausgerechnet unten im Eisgrab der Höllenpforte, wo ich, selbst wenn ich wollte, nichts dergleichen getan hätte.
    Ich war hinuntergestiegen, ein Stück Butterschmalz zum Braten von Kürbis und Polenta zu holen, als ich so etwas wie einen Windstoß herabkommen spürte. Da war sie, schweißgebadet und mit offenem Hemd. Ich sagte ihr, sie solle sich nicht länger so verschwitzt hier drinnen aufhalten, sie würde sich noch eine Lungenentzündung holen. Sie sagte, sie wolle nur eine Flasche Wein holen. Da begriff ich, dass sie wegen mir gekommen war, weil nicht einmal eine Stunde zuvor schon ihr Mann eine Flasche geholt hatte und nicht bereits ausgetrunken haben konnte. Ich sagte ihr, dass Raggio schon wegen des Weins dagewesen sei, nahm das Butterschmalz und wollte wieder zum Licht hochsteigen. Doch sie stellte sich mir so in den Weg, dass mich ihre Brüste berührten, dann drückte sie sich an mich und sagte, ich solle doch schlau sein und nicht so brav tun. Ich schob sie mit den Händen von mir weg und erwiderte, dass ich vielleicht nicht sehr schlau sei, dafür aber aufrichtig, sie solle mich jetzt in Ruhe lassen und mit mir wieder rausgehen. Sie sagte, nur die Dummen seien ehrlich, drückte sich wieder mit den Brüsten an mich und griff mir auch noch mit der Hand zwischen die Beine. Fast hätte ich ihr dann gezeigt, dass ich so dumm auch nicht war, denn sie hatte sicher bemerkt, dass trotz der Kälte meine Hose angeschwollen war. Doch ich schob sie weg und eilte mit dem Butterschmalz unterm Arm die Stufen hinauf. Sie rief mir noch hinterher, ich sei zu nichts gut, und es sei ein Jammer, wo ich doch so einen Großen hätte, ihn nicht auch zu gebrauchen.
    Das zweite Mal versuchte sie es unter dem Gipfelkamm des Buscada in der Misthöhle, von wo aus man zweitausend Meter tiefer wie auf ein Bienennest auf das Dorf Lavestra in der Nähe von Longarone blickt. Man nennt diese große Höhle über dem Abgrund Misthöhle, weil hier im Herbst mehr als achthundert Ziegen die Nacht verbringen und ihren Mist hinterlassen. Ich war zur Höhle gegangen, um mir einen Sack von dem Mist mit nach Haus zu nehmen, denn mit Ziegenmist

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