Im Tal des wilden Eukalyptus
würde den Doktor sofort über dieses untragbare Verhalten informieren müssen.
»Maâam, Ihr solltet nach Hause gehen.«
Ihr Blick wurde ein wenig klarer. Sie legte den Kopf schief und sah Duncan prüfend an. »Ich kenne Euch doch. Ich weià nur nicht mehr, woher.«
»Duncan OâSullivan. Wir haben uns einmal kurz bei Dr. McIntyre gesehen.«
»Bei Dr. McIntyre â¦Â«, wiederholte sie. Dann verzog sich ihr Gesicht, und sie begann zu schimpfen. »Dieser unmögliche Mensch! Dieser widerliche, verlogene Stinkstiefel!«
»Sprecht Ihr von Dr. McIntyre?«, fragte Duncan irritiert.
»Allerdings«, schnaufte sie. »Er hatte keinen Grund zur Klage, gar keinen â ich habe seinen kleinen Jungen immer gut und liebevoll versorgt. Aber gestern hat er mich ausgezahlt und vor die Tür gesetzt! Ohne eine Erklärung! Er hat nur gesagt, er brauche mich nicht mehr!« Sie begann zu weinen. »Was soll denn jetzt aus mir werden? Mein Mann ist tot, und ich habe zwei kleine Kinder zu ernähren! Sir, Ihr habt nicht zufällig Arbeit für mich?«
Duncan schüttelte den Kopf, wie betäubt. »Nein, ich bedaure. Es ⦠tut mir sehr leid für Euch, Mrs Harris.«
»Nun, dann werde ich es wohl woanders versuchen müssen.« Die Amme strich sich die Tränen aus dem Gesicht und wankte dann mit so viel Würde, wie sie aufbringen konnte, die StraÃe hinunter.
Duncan sah ihr nach, und ein vollkommen unwirkliches Gefühl der Zuversicht machte sich in ihm breit. So schlimm es für Joeys Amme auch war â dass der Doktor ihr gekündigt hatte, konnte nur eines bedeuten: Er würde ihnen tatsächlich ihren Jungen zurückgeben!
Ohne sich noch einmal umzusehen, ohne auch nur einen Gedanken an seinen ursprünglichen Plan zu verschwenden, schwang er sich auf Artemisâ Rücken. Er musste sofort zu Moira und ihr die gute Nachricht überbringen!
*
Moiras Freude mitzuerleben, war sehenswert. Sie lachte und weinte gleichzeitig und sprudelte über vor Plänen und Ãberlegungen.
»Wir müssen die Wiege wieder aufstellen! Hoffentlich ist sie nicht schon zu klein für ihn. Und â oh, wir brauchen Kleidung. Joey ist ja kein winziger Säugling mehr. Er ist jetzt schon zehn Monate alt. Ob er bereits laufen kann? Ob er mich noch kennt?«
Duncan hörte ihr lächelnd zu. So ausgelassen hatte er sie schon lange nicht mehr gesehen. Und so begehrenswert. Sie strahlte vor Glück. Sie brauchte kein neues Kleid, um schön zu sein.
Nur Noel, dem Kater, wurde ihr Ãbermut zu viel. Doch kaum hatte er sich beleidigt in den Busch verzogen, tauchten zwei willkommene Besucher bei ihnen auf: Tedbury und Ningali. Trotz der Wärme trug das Mädchen wieder Duncans alte Sachen; offenbar fühlte es sich wohl darin.
»Warum freust du dich so? Habt ihr gut gejagt?« In Tedburys dunklem Gesicht leuchteten seine Zähne weiÃ.
»Besser! Viel, viel besser!«, entgegnete Moira atemlos. »Joey kommt zu uns zurück!«
Lachend ergriff sie Ningali bei den Händen und tanzte mit ihr herum â bis sie plötzlich mit schuldbewusstem Gesicht abbrach.
»Entschuldige«, sagte sie zu dem Mädchen. »Ich ⦠hatte für einen Moment ganz vergessen, dass erst vor kurzem dei n Vater gestorben ist. Aber ich freue mich so. Joseph â Bun-Boe â hätte sich sicher auch gefreut.«
Ningali sah plötzlich aus, als hätte sie in eine verfaulte Frucht gebissen, und schüttelte wild den Kopf. »Nein!«
»Doch, er hätte sich bestimmt gefreut.«
»Nein«, wiederholte das Mädchen nachdrücklich. »Nicht sagen. Nicht Namen sagen!«
Jetzt war auch Duncan verwirrt. »Wir dürfen Josephs Namen nicht aussprechen?«
»Es bringt Unglück«, erklärte Tedbury. »Wenn unsere Schnittwunden verheilt sind, ist die Trauerzeit um. Dann darf man die Namen der Toten nicht mehr aussprechen. Sonst kann ihr Geist wiederkommen und Unheil bringen.«
»Das heiÃt, du sprichst auch nicht mehr über ⦠deinen Vater?« Moira vermied es gerade noch, Pemulwuys Namen zu erwähnen.
Tedbury nickte. »Nicht mehr für lange, lange Zeit.«
Das kurze, ernste Gespräch hatte Duncans erwartungsvolle Freude ein wenig abgekühlt. Dass sein Junge jetzt endlich, endlich nach Hause kommen würde, war ohnehin so unfassbar, dass er es noch gar
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