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Im Tal des wilden Eukalyptus

Im Tal des wilden Eukalyptus

Titel: Im Tal des wilden Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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niederländische Seemann sprach ein recht passables Englisch und war sichtlich erfreut, sich mit ihm unterhalten zu können. Auf der Reise von Amsterdam nach Sydney, so erzählte der Mann, seien viele Seemänner am Skorbut erkrankt, und dann sei auch noch der Schiffsarzt gestorben. Er sei der Letzte der Besatzung, der noch im Lazarett sei; sobald die Mannschaft wieder vollständig sei, wolle man nach Batavia aufbrechen.
    Alistair hörte nur mit halbem Ohr hin, was der Mann von seinen Abenteuern auf See und an Land berichtete. Erst bei seinen letzten Sätzen horchte er auf. Ein kleiner, ein winziger Hoffnungsschimmer keimte in ihm auf, und seine Gedanken begannen, einen fieberhaften Reigen zu tanzen.
    Batavia lag in Niederländisch-Indien. Von dort aus kön nte er sicher ein Schiff nach Europa besteigen. Aber wenn er ohne die Erlaubnis des Gouverneurs ausreiste, würde er sich der Fahnenflucht schuldig machen. Das schloss eine Rückkehr nach England oder Irland aus. Andererseits – musste er denn unbedingt zurück nach Europa, wo stets die Gefahr auf ihn lauerte, dass seine Vergangenheit ihn einholte? Was sprach dagegen, von Batavia aus weiterzureisen nach – ja, zum Beispiel in die Vereinigten Staaten von Amerika? Dort wäre er vor Strafverfolgung sicher. Dreizehn der ehemals britischen Kolonien hatten sich schon etliche Jahre zuvor vom englischen Mutterland losgesagt und boten, so hatte er gehört, viele neue Möglichkeiten für arbeitswillige Einwanderer.
    Er spürte, wie sein Herzschlag sich beschleunigte. War das der Ausweg?
    Â»Batavia«, wiederholte er langsam. »Und Ihr sagtet, Euer Schiffsarzt sei verstorben?«
    *
    Manchmal rechtfertigte das Ziel die Mittel, versuchte Moira sich einzureden, denn inzwischen war sie sich nicht mehr sicher, ob sie wirklich das Richtige getan hatte. Gewissensbisse und die Erinnerung an McIntyres gequälten Gesichtsausdruck verfolgten sie, aber da war auch die Hoffnung, bald wieder ihren kleinen Sohn bei sich zu haben.
    Nachdem sie Duncan gebeichtet hatte, womit sie Mc­Intyre gedroht hatte, war er weniger verärgert als befürchtet gewesen. Natürlich fand er es verwerflich, jemanden zu erpressen. Andererseits konnte auch er es nicht hinnehmen, dass sein Sohn bei einem Sodomiten aufwuchs – und damit möglicherweise selbst zu einem solchen wurde. Ganz zu schweigen von den Gefahren, die dem Jungen sonst noch drohten.
    Â»Würdest du es tun?«, hatte Duncan nach einer langen Pause gefragt.
    Â»Was?«
    Â»Den Doktor anzeigen, wenn er uns Joey nicht zurückgibt.«
    Moira hatte gezögert. »Ich weiß es nicht. Aber es reicht, wenn er es glaubt. Hoffe ich.«
    *
    Unabhängig davon ging das Leben weiter. Der Weizen war gesät, die ersten Spitzen des Getreides lugten bereits aus der Erde. Jetzt waren sie in Parramatta, um Saatmais einzukaufen.
    Â»Oh, sieh nur!« Moira deutete freudig überrascht über die Straße, während sie Duncan half, die letzten beiden Beutel mit Saatgut über Artemis’ Rücken zu hängen. »Da drüben hat ein Geschäft für Damenbekleidung aufgemacht. Ich … will auch nichts kaufen. Nur schauen.«
    Der Laden befand sich an einer Straßenecke, und vor den beiden großen Fenstern, von denen jedes auf eine andere Straße zeigte, drängten sich die Schaulustigen. Auch Moira konnte sich nicht sattsehen an den schönen Stoffen und Farben, die dort ausgestellt waren, und an der Schneiderpuppe mit dem prachtvollen Kleid voller feiner Spitze. Sie unterdrückte einen sehnsüchtigen Seufzer. So schnell würde sie sich keine neue Garderobe leisten können – jetzt noch weniger als bisher, da ihnen McIntyres monatliche Zuwendung über die schlimmsten Notzeiten geholfen hatte. Nun waren sie auf sich allein gestellt.
    Duncan war neben sie getreten, Artemis’ Zügel in der Hand. »Vielleicht später, wenn die Ernte genug eingebrach t hat«, sagte er leise.
    Moira nickte und versuchte, unbekümmert zu klingen. Es war nicht seine Schuld, dass sie so wenig Geld hatten. »Dann werden wir die alten Sachen einfach noch ein bisschen länger tragen. Wozu gibt es denn Nadel und Faden?«
    Sie wollte sich erneut dem Schaufenster zuwenden, als sie bemerkte, dass Duncan erstarrte.
    Â»Dr. McIntyre«, sagte er, und seine Stimme hörte sich plötzlich ganz gepresst an.
    Â»Was?« Aber da sah sie ihn

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