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Im Tal des wilden Eukalyptus

Im Tal des wilden Eukalyptus

Titel: Im Tal des wilden Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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nicht richtig begriffen hatte. Und noch etwas trübte die Freude: Er wurde das Gefühl nicht los, dass ihm etwas Wichtiges entgangen war.
    Moira strich sich die Haare aus dem erhitzten Gesicht. »Dann hat der alte Bock Ann ja ganz umsonst geheiratet!« Sie lachte. »Ob er sich jemals hätte träumen lassen, eine Sträflingsfrau zu ehelichen?«
    Es waren diese Worte, die Duncan aufrüttelten. Gleich darauf durchfuhr es ihn wie mit einem Messerstich.
    Der Doktor hatte der Amme gekündigt.
    Er hatte Ann geheiratet.
    Dafür konnte es noch einen anderen Grund geben.
    Â»Weibliche Sträflinge erlangen die Freiheit, wenn sie heiraten«, sagte er tonlos.
    Wieso war er bloß nicht schon früher darauf gekommen? E r war doch selbst lange genug Sträfling gewesen, um solche Dinge zu wissen! Mehr noch: Einmal hatte sogar er selbst Ann gegenüber erwähnt, sobald sie heirate, sei sie frei. Damals hatte sie diesen Gedanken entsetzt zurückgewiesen. Inzwischen hatte sie ihre Meinung offenbar geändert.
    Â»Ja und?«
    Â»Das heißt, dann dürfen sie auch ausreisen.«
    Moira sah ihn an, alle Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen. »Was?«
    Â»McIntyre könnte vorhaben, das Land zu verlassen. Zusammen mit Ann –«
    Â»Und Joey!«, ergänzte Moira mit bleichen Lippen. »Aber das … das kann er doch nicht tun!«
    Ningali hatte ihre erregte Unterhaltung stumm verfolgt. »Scho-i weg?«, fragte sie.
    Â»Ich … ich weiß es nicht.« Moira schlug sich die Hand vor den Mund. »Vielleicht. Vielleicht will der Doktor ihn mitnehmen. Nach … nach Sydney. O mein Gott, Duncan, möglicherweise sind sie schon an Bord eines Schiffes! Wir müssen sofort zum Hafen!«
    Â»Jetzt beruhige dich! Das ist nur eine Vermutung. Wahrscheinlich ist er noch immer in Toongabbie und …«
    Â»Das kannst du nicht wissen! Du hast doch selbst gesagt, du bist gar nicht erst bei ihm gewesen!«
    Sie hatte recht. Die Vorstellung, Joey womöglich doch noch zu verlieren, ließ Duncan plötzlich kalten Schweiß ausbrechen. »Ich reite nach Sydney. Du wartest hier und …«
    Â»Ich bleibe nicht hier!«, fiel Moira ihm ins Wort. »Artemis kann uns beide tragen!«
    Â»Und falls McIntyre doch kommt, um unseren Jungen zu bringen?«
    Â»Glaubst du das wirklich?«
    Er zögerte, dann schüttelte er den Kopf. »Also gut. Ningali, könntest du …« Er hielt inne, als er bemerkte, dass seine Schwester und Tedbury verschwunden waren.
    Artemis ließ sich nur widerstrebend von ihrem Weideplatz fortführen. Und auch dann war sie offenbar der Meinung, sie habe für heute genug geleistet, schließlich war sie schon nach Toongabbie und wieder zurück geritten worden.
    Die breite, ungepflasterte Straße nach Sydney, die die ­ersten Siedler einst durch den dichten Busch geschlagen hatten, vermittelte den Eindruck einer durchgehenden, angenehm schattigen Laube; von überall her erscholl Singen und Zwitschern. Zu anderen Zeiten genoss Duncan es, hier entlangzureiten, aber heute konnte es ihm nicht schnell genug gehen. Der Weg nach Sydney war ihm noch nie so lang vorgekommen wie an diesem Tag. Er spürte die Hitze, die aus den Büschen aufstieg, und jeden Stein, über den Artemis lief. Hinter ihm hielt sich Moira fest, wortlos, angespannt. Für einen kurzen Moment fragte er sich, was er tun würde, wenn McIntyre tatsächlich in Sydney war und vorhatte, ein Schiff zu besteigen. Außer Moiras Drohung, ihn anzuzeigen, hatten sie keine Handhabe gegen ihn.
    Um Artemis’ Kräfte zu schonen, stieg Duncan mehrmals ab und lief nebenher mit. Dennoch weigerte sich das Pferd auf halber Strecke, noch einen Schritt zu tun. Sie verloren wertvolle Zeit damit, Artemis am Wegesrand ein paar Gräser rupfen zu lassen. Duncan klebte die Zunge am Gaumen. Wieso hatten sie bloß nicht daran gedacht, Wasser mitzunehmen?
    Moira vibrierte vor Ungeduld, bis sie endlich weiterreiten konnten und die ersten Gebäude von Sydney in Sicht kamen. Dicht an dicht säumten einfache, kleine Häuser die Straßen und wirkten dabei wie eine Ansammlung von Spielzeug, das ein Kind dort hingestellt hatte. Dazwischen drängten sich vereinzelt Wirtshäuser, an einer Ecke wurde ein Hotel gebaut. Hier bog Duncan normalerweise nach rechts ab, auf den Hügel, wo, hinter der Residenz des Gouverneurs, Mr Howes kleine

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