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Im Tal des wilden Eukalyptus

Im Tal des wilden Eukalyptus

Titel: Im Tal des wilden Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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Kraft, derer sie noch fähig war, an die Tür. Hinter einem Fenster schob jemand die Gardine ein Stück zur Seite und ließ sie dann wieder fallen.
    Ein ehemaliger Nachbar, den sie flüchtig kannte, ging auf der Straße vorbei, blickte pikiert zu ihr herüber und schüttelte den Kopf. Moiras Mutter hätte solch ein Verhalten sicher ebenfalls nicht gebilligt. Aber das war Moira egal. Sie wollte ihr Kind, nichts anderes zählte. Und sie würde sich nicht vom Fleck rühren, bis man sie anhörte.
    Die Tür wurde langsam geöffnet. Nicht von McIntyre, sondern von Ann. Die junge Frau sah Moira in einer Mischung aus Erschrecken und Ablehnung an.
    Â»Ma’am, bitte, das hat doch keinen Sinn.«
    Moira kam vor Schwäche zuerst kein einziges Wort über die Lippen. Dann straffte sie sich. »Gebt mir mein Kind zurück!«
    Fast schon betäubt vor Erschöpfung sah sie, dass Ann, di e kleine, schüchterne Ann, den Kopf schüttelte. Sie blickte ihr zwar nicht in die Augen, aber sie wich auch keinen Zoll zur Seite, als sie sagte: »Nein, Ma’am. Reverend Marsden hat es bestätigt: Es ist jetzt nicht mehr Euer Kind.«
    Â»Aber …« Moira zuckte zusammen, als sie von drinnen Joey brüllen hörte. Ein starkes Ziehen ging durch ihre Brust, sie spürte, dass ihre Bluse nass von ihrer Milch wurde . »Ich bin hier, Joey, Mama ist da! Ann, hörst du nicht, wie er schreit? Ich muss zu ihm. Lass mich rein!« Sie wollte das Mädc hen beiseiteschieben, aber Ann stellte sich ihr in den Weg.
    Â»Ihr wohnt hier nicht mehr, Ma’am. Und der Doktor hat mir verboten, Euch einzulassen. Eigentlich hätte ich nicht einmal öffnen dürfen.«
    Â»Aber … Ich bin seine Mutter! Ich muss ihn doch wenigstens stillen, ich muss …«
    Â»Darüber braucht Ihr Euch keine Sorgen machen. Dr. McIntyre hat eine Amme eingestellt. Und auch ich werde mich natürlich um den kleinen Henry kümmern. Bitte, Ma’am, geht nach Hause.«
    Â»Henry?« Moira starrte sie fassungslos an. »Sein Name ist Joey! Joey!«
    Ann antwortete nicht. In der Schrecksekunde, die Moira gebraucht hätte, um ihren Fuß dazwischenzuschieben, fiel die Tür bereits ins Schloss.
    Moira stieß einen hilflosen Schluchzer aus. »McIntyre, du armseliger Schuft«, flüsterte sie, »gib mir meinen Sohn zurück!«
    Aber diesmal öffnete sich die Tür nicht mehr.
    Ihre Kraft war restlos verbraucht. Sie konnte nicht einmal mehr weinen. Erschöpft sank sie auf der Veranda nieder. Die Welt um sie herum schrumpfte zusammen auf die hölzernen Bohlen unter ihr, auf flirrende Hitze, Staub und Schweiß. Ihre Brüste schmerzten, noch immer benetzte Milch den Stoff ihrer Bluse. Geräusche wogten auf und nieder; Vogelstimmen, der Gesang der Zikaden, eine Kutsche.
    Â»Mrs McIntyre?«, hörte sie irgendwann eine erstaunte Stimme.
    Es fiel so schwer, die Augen zu öffnen, und sie brauchte ein paar Sekunden, um den Mann zu erkennen, der in Offiziersuniform am Fuß der Veranda stand. Mühsam kam sie auf die Beine und hob die Arme vor den Körper, um damit die Milchflecken zu verdecken.
    Â»William«, kam es ihr schließlich über die aufgesprungenen Lippen. Gott, wie durstig sie war … Es war William Penrith, Verwalter des Sträflingslagers und jüngerer Bruder des verhassten James Penrith. Seine Uniformjacke spannte am Bauch, rotblonde Haare klebten verschwitzt an den Schläfen seines rundlichen Gesichts.
    Â»Was tut Ihr hier, Mrs McIntyre? Kann ich … Euch irgendwie helfen?« Er war immer freundlich zu ihr gewesen. Nun ja, zumindest, solange sie ihre Rolle als McIntyres Ehefrau erfüllt hatte.
    Â»Hättet Ihr vielleicht … etwas zu trinken?«
    Â»Natürlich.« Er ging zu seiner Kutsche und kam gleich darauf mit einer lederumwickelten Zinnflasche zurück. Mi t großen Schlucken trank sie fast die gesamte Flasche leer. Als sie sie ihm zurückgab, sah sie die Frage in seinen Augen.
    Für einen Augenblick war sie versucht, ihm alles zu erzählen, aber dann entschied sie sich dagegen.
    Â»Ihr könntet mir einen großen Gefallen tun«, sagte sie stattdessen.
    Â»Gerne«, kam es etwas zögernd von ihm. »Sofern ich dazu in der Lage bin.«
    Â»Ich … ich muss ins Haus. Ich habe dort etwas vergessen …«
    Williams Blick sprach Bände. Dennoch ging er

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