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Im Tal des wilden Eukalyptus

Im Tal des wilden Eukalyptus

Titel: Im Tal des wilden Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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tatsächlich zur Tür und klopfte. Militärisch kurz und fordernd. Moira erhob sich hastig.
    Nichts passierte. Nicht einmal die Gardine bewegte sich. William klopfte noch einmal, dann wandte er sich an Moira.
    Â»Es tut mir leid, Mrs McIntyre, offenbar ist niemand zu Hause.«
    Â»Aber – ich weiß, dass er da ist. Mit … mit Joey!«
    William runzelte die Stirn. »Wer ist Joey?«
    Â»Mein Sohn!« Moira schrie es fast. »Er hat mir mein Kind weggenommen, versteht Ihr! Meinen neugeborenen Sohn!«, brach es aus ihr heraus, und bevor sie sich zu­rückhalten konnte, erzählte sie ihm nun doch, was passiert war.
    William hörte ihr mit versteinerter Miene zu. »Es tut mir sehr leid für Euch, Mrs McIntyre«, kam es dann von ihm, »und ich wünschte, ich könnte etwas anderes sagen, aber ich fürchte, Euer Mann ist im Recht. Ich hätte Euch wirklich gern geholfen …«
    Moira sah, wie er sich wand. Erschöpft ließ sie die ­Schultern hängen. Sie hätte etwas mehr Kampfgeist er­wartet, doch mit Unterstützung von seiner Seite konnte sie offensichtlich nicht rechnen. »Aber nehmt wenigstens mein Angebot an, Euch zurück nach Parramatta zu bringen.«
    Im ersten Moment wollte sie ablehnen. Sie wollte hier nicht weg. Aber dann siegte die Stimme der Vernunft. Sie musste sich dringend ausruhen und wieder zu Kräften kommen. Und Duncan alles erzählen.
    Duncan! Er wusste ja noch gar nicht, was passiert war! Plötzlich konnte es ihr nicht schnell genug gehen. Sie musste sofort zurück nach Parramatta! Duncan würde wissen, was sie tun könnten.
    Und so nickte sie matt. Zumindest das konnte er für sie tun. »Und, bitte, William, nennt mich nicht mehr Mrs McIntyre. Mein Name ist Moira.«
    *
    Sie fühlte sich hohl. Entsetzlich leer, ausgehöhlt bis ins Mark. McIntyre hatte ihr Joey weggenommen. Ihr Kind, ihr Sohn, ihr Leben. Diese Erkenntnis überlagerte jedes andere Gefühl in ihr. Auch die Sorge um Duncan.
    Eine solche Nacht hatte Moira noch nie erlebt. Eine Nacht, in der sie hin und her gerissen wurde zwischen Verzweiflung, Hoffnung und Angst, gefolgt von Phasen abgrundtiefer Erschöpfung, in denen sie schlief wie eine Tote, um kurz darauf wieder aufzuschrecken, weil sie meinte, ihr Kind schreien gehört zu haben. Aber da war nichts. Nur stumme, schweigende Nacht.
    Und wo um alles in der Welt steckte Duncan?
    Als er am Vormittag immer noch nicht aufgetaucht war, schrieb sie eine kurze Nachricht für ihn und steckte sie an den Türrahmen, dann machte sie sich erneut auf den Weg. Diesmal zu Elizabeth Macarthur.
    Elizabeth war bestürzt, von McIntyres Vorgehen zu hören. Sobald sie Moira von dem Brand erzählt und berichtet hatte, dass Duncan dorthin gelaufen war, um löschen zu helfen, brachen die beiden Frauen auf. Sie fanden einen aufgelösten Mr Betts vor, der lauthals auf die elenden Wilden schimpfte und Verwünschungen ausstieß. Seiner Familie war zum Glück nichts passiert, aber die Eora hatten fast sein gesamtes Maisfeld niedergebrannt.
    Â»Ohne die Hilfe meiner Nachbarn wäre noch mehr vernichtet worden«, sagte er grimmig.
    Betts wusste auch nicht, wo Duncan war. Zum letzten Mal erblickt habe er ihn, als die Soldaten des New South Wales Corps gekommen seien und die schrecklichen Wilden endlich vertrieben hatten.
    Â»Haben sie ihn festgenommen? Bitte, Mr Betts, habt Ihr etwas gesehen?«
    Betts schüttelte den Kopf. »Nein, das wäre mir nicht ent­gangen. Könnte sein, dass die Wilden ihn entführt haben. Man hört ja so einiges. Sonst wäre er doch sicher wieder hier aufgetaucht und hätte sein Pferd geholt. Aber jetzt könnt Ihr die Stute ja mitnehmen. Ich habe sie in meinen Stall gestellt und versorgt. Ich bringe sie gleich.«
    Er machte Anstalten, die Hütte zu verlassen.
    Â»Paul, warte!«, hielt ihn seine Frau zurück, deren spitzes Gesicht unter der Haube Moira an ein Frettchen erinnerte. Sie reichte ihm ein Stück Stoff. »Vergiss das nicht.«
    Â»Ach ja, das gehört ihm ja auch noch.« Er hielt Moira ein zerfetztes, angesengtes Hemd hin. »Fürchte allerdings, damit wird er nicht mehr viel anfangen können.«
    Moira nahm das Kleidungsstück entgegen. Das Hemd roch durchdringend nach Rauch, und vor plötzlicher Schwäche versagten ihr die Beine. Sie sank auf einen Stuhl.
    Â»Könnte ich bitte … etwas

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