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Im Tal des wilden Eukalyptus

Im Tal des wilden Eukalyptus

Titel: Im Tal des wilden Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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andere stellten Messer und Speerspitzen aus Stein her. Bald würden sie mit den abendlichen Gesängen und Erzählungen beginnen. Ab und zu schimmerten die dunklen Leiber im Licht der sinkenden Sonne auf, die nur selten durch die dichtbelaubten Baumwipfel drang. Alle trugen sie Schmucknarben auf Schultern und Rücken, die sich wulstig von der dunklen Haut abhoben. Viele von ihnen waren schwarz wie afrikanische Neger, aber manche wiesen einen helleren Kupferton auf. Männer wie Frauen hatten ihre buschige Haarpracht mit Känguruknochen, Holzstücken oder Vogelfedern geschmückt. Unter ihren dichten Brauen funkelten tiefliegende, freundliche Augen. Aber auch wenn Duncan die fremdartigen Gesichter inzwischen zuordnen konnte und den Namen fast jedes Mannes kannte, so fühlte er sich doch wie ein Fremdkörper. Er gehörte nicht hierher. Er gehörte zu Moira und dem Kleinen .
    Â»Ich freue mich wirklich, dass es dir wieder bessergeht .« Auch Joseph hatte den letzten Rest Brei ausgelöffelt und stellte die Schüssel auf den Boden. »Dann konnte ich dir ja tatsächlich helfen.«
    Duncan nickte. Dabei hatte Joseph erst nichts davon wissen wollen. Eher würde er sich in sein eigenes Fleisch schneiden, hatte er gesagt, als seinem Sohn so etwas anzutun. Nur Duncans Beharren sowie seine Feststellung, dass Joseph schließlich an seinem Zustand schuld sei, hatte ihn einlenken und zum Messer greifen lassen. Die Erinnerung an den grausamen Schmerz war nichts, woran Duncan gern zurückdachte, aber die nachfolgende Erleichterung war es wert gewesen.
    Er hatte sich schnell erholt. Und sich rasiert. Es war eine Wohltat gewesen, sich endlich wieder waschen und mit Josephs Messer die tagealten Stoppeln von den Wangen kratzen zu können. Das Laufen fiel ihm zwar noch immer schwer und ähnelte mit der einfachen Krücke, die Tedbury aus einem gegabelten Ast für ihn angefertigt hatte, eher ­einem dreibeinigen Humpeln, aber er wollte sich nicht beklagen. Alles war besser, als noch länger fiebernd in der stickigen Laubhütte zu liegen. Wenn es so weiterging, würde er bald zu Moira zurückkehren können.
    Ein helles Lachen klang über die Lichtung. Etwas weiter entfernt, dichter an den Bäumen, saßen die Frauen des Clans im Kreis und rollten Schnüre aus Gras und Haaren zu langen Fäden, die sie dann zusammenflochten. Daraus würden sie Bänder, Gürtel und Taschen herstellen. Ningali saß bei ihnen. Endlich. Sie wirkte anders, fremd und doch vertraut. Erwachsener. Duncan versuchte, ihren Blick zu erhaschen, und als sie ihn bemerkte, lächelte sie ihn an. Stolz und erfüllt von neuem Wissen. Als würde sie von innen her leuchten.
    Â»Wir brauchen Fleisch«, riss Josephs beiläufige Stimme ihn aus seinen Gedanken. »Ich werde morgen mit Pemulwuy, Tedbury und noch ein paar anderen Männern auf die Jagd gehen.«
    Â»Auf die Jagd«, wiederholte Duncan zweifelnd. »Was wollt ihr denn jagen? Siedler? Oder nur ihre Tiere?«
    Â»Weder noch«, erwiderte Joseph ganz ruhig. »Kängurus und Kusus. Du hast doch nichts dagegen?«
    Duncan schüttelte den Kopf, auch wenn er bezweifelte, dass sein Vater ihm die Wahrheit sagte. Ihm war plötzlich kalt, seine Glieder schienen von einer jähen Mattigkeit befallen, und er sehnte sich danach, sich wieder hinzulegen.
    Er murmelte eine kurze Erklärung und griff nach der Krücke. Als er sich aufrichtete, schoss ein scharfer, vernichtender Schmerz durch sein verletztes Bein, und bevor er es zurückhalten konnte, stöhnte er auf. Fast wäre er wieder zusammengesackt.
    Â»Was ist los?« Joseph war hastig aufgestanden, streckte seine Hand aus. »Ist es wieder schlimmer geworden? Soll ich dir helfen?«
    Mit zusammengebissenen Zähnen schüttelte Duncan den Kopf. Kalter Schweiß brach ihm aus allen Poren, ihm war schwindelig und übel. Aber schon nach wenigen krampfhaften Atemzügen klangen Schwindel und Übelkeit ab, und auch der Schmerz ließ etwas nach.
    Â»Es geht schon«, knurrte er.
    Sicher war es nur die heutige Anstrengung gewesen. Er brauchte nichts weiter als etwas Ruhe. Er stützte sich schwer auf die Krücke und humpelte langsam davon. Der kurze Weg in die Hütte schien ihm plötzlich meilenlang zu sein.

10.
    Â»Nicht weinen, Joey, ich bin ja bei dir!« Moira zügelte das Pferd. Joeys Greinen erklang dicht unter ihrem Kinn.
    Wo die Straße

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