Im Tal des wilden Eukalyptus

aus England. Unter diesem Namen war er Mrs Walcott vorgestellt worden, und in diesem Namen hatte Alistair Dr. Balmains Haus gemietet, das einsam und abgelegen inmitten grasiger Viehweiden zwischen Parramatta und Toongabbie lag. Wie geschaffen für die Wünsche des Captains.
    Penrith nickte missmutig und angelte nach seinem Hemd. Alistair half ihm, das Kleidungsstück, das der Captain bereits seit drei Tagen trug, wieder überzustreifen. Seit der einleitenden Behandlung am Neujahrsmorgen mit Bad, Abführkur und Aderlass war Alistair täglich hier erschienen, um den Captain anzuweisen, wo und wie er die Salbe auftragen musste. Am ersten Tag auf den Unterschenkeln. Dann auf den Oberschenkeln. Heute auf den Armen.
    Penrith verzog angewidert das Gesicht, als er sich ins Bett legte. »Die Laken stinken schon. Können wir wenigstens das Fenster öffnen?«
    Â»Nein, Sir, das wäre nicht hilfreich. Wir müssen sichergehen, dass das Quecksilber gut wirken kann.«
    Es war warm und stickig im Zimmer. Gerade richtig für die Schwitzkur, die Penrith jetzt für mindestens zwei Stunden ertragen musste. Auch ihm selbst rann unter dem dunklen Rock der Schweiß.
    Â»Noch nichts Neues von Eurem Sohn?«, fragte Penrith, während er umständlich die Laken um sich schlang.
    Â»Nein, Sir.« Wie immer, wenn er daran dachte, was Moir a g etan hatte, zog sich Alistairs Magen zu einem harten Klu mpen zusammen. »Aber inzwischen sucht ein ganzes Aufgebot an Konstablern nach den beiden. Außerdem hat man einen eingeborenen Fährtensucher verpflichtet.«
    Â»Ah, sehr gut. Nun, vielleicht sind die Wilden ja tatsächlich einmal zu etwas nütze.«
    Alistair nickte und fuhr sich über seinen Backenbart. Die drahtigen Haare waren schweißnass. »Er sagt, sie kann nicht weit weg sein.«
    Konnte sie das wirklich nicht? Alistair kannte ihre unbe zähmbare Sturheit, ihre Zähigkeit. Sie war schließlich scho n einmal in den Busch geflohen, damals, mit Duncan. Aber diesmal hatte sie keinen Mann an ihrer Seite. Zumindest vermutete er das.
    Wenn er an jenem Tag doch nur früher heimgekehrt wäre ! Aber da nicht einmal Ann gewusst hatte, wo er sich aufhielt, war wertvolle Zeit verstrichen. Erst nach seiner Rückkehr von Penrith hatte er von der Entführung erfahren, und in seinem Zorn und seiner Verzweiflung war er kurz davor gewesen, die Amme hinauszuwerfen, die ihm unter Tränen versicherte, nicht gewusst zu haben, wer sich da Zutritt zu seinem Haus verschafft hatte. Wie hatte er selbst, wie hatte Ann nur so nachlässig sein können?
    Da es schon Abend war, hatte man erst am gestrigen Morgen mit der Suche beginnen können. Ohne Penriths Hilfe hätten sie möglicherweise noch mehr Zeit verloren. Der Captain hatte Schreiben an mehrere offizielle Stellen aufgesetzt und großzügige finanzielle Unterstützung versprochen.
    So froh Alistair auch war über Penriths Einsatz, so sehr hatte es ihn anfangs befremdet. Er konnte sich nicht vorstellen, dass der Captain plötzlich Mitgefühl zeigte. Bis er gemerkt hatte, dass Penrith sich aus ganz eigennützigen Gründen einmischte. Im Gegensatz zu Alistair war der Captain nämlich der Meinung, Moira wisse sehr wohl, wo Duncan sich befinde: bei den Wilden, die sich um diesen Aufrührer Pemulwuy geschart hatten. Und dass sie mit dem Kind zu ebenjenen Wilden geflohen sei. Fand Penrith Moira, fand er auch Pemulwuy.
    Plötzlich hatte Alistair es eilig. Er steckte den Salbentiegel in seine Tasche. »Ich komme morgen wieder, Sir. Bis dahin haltet Ihr bitte strenge Bettruhe.«
    Er schloss die Tür hinter sich und stolperte fast, als er die Treppe hinuntereilte. Vielleicht, ja, vielleicht hatten sie Henry schon gefunden …
    Dann drängte sich ein anderer, ein schrecklicher Gedanke zwischen den aufblitzenden Hoffnungsschimmer: Wie weit würde Moira gehen? Wäre sie womöglich fähig, sich und dem Kind etwas anzutun?
    *
    Das gleißende Licht des Mittags schmerzte fast in den Augen. Moira saß auf dem Plateau, den Rücken gegen die Felswand gelehnt. Vor ihr erstreckte sich ein weitläufiges Tal voller Eukalyptusbäume bis fast zum Horizont. Wie ein Meer erschien es ihr, genauso grenzenlos und genauso rätselhaft. Aus dem Grün in allen Schattierungen ragten immer wieder einzelne, besonders hohe Bäume hervor, und hier und da erhoben sich große Felsen wie Inseln. Dazwischen, nur