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Im Tal des wilden Eukalyptus

Im Tal des wilden Eukalyptus

Titel: Im Tal des wilden Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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Moira konnte gerade noch aus dem Weg gehen, als das Pferd bereits den großen Kopf zum Wasser senkte. Sie lief ein paar Schritte weiter und kostete selbst vorsichtig, bevor sie wagte, mehr davon zu trinken, aber das Wasser schmeckte herrlich süß. Wahrscheinlich war dieser Bach einer der vielen Nebenflüsse des Hawkesbury River.
    Diesem Bach folgte sie nun schon seit einer ganzen Zeit, das Pferd hinter sich herführend. Inzwischen war sie so erschöpft, dass sie kaum mehr die Füße heben konnte. Am liebsten wäre sie an Ort und Stelle niedergesunken, aber solange es noch Tageslicht gab, wollte sie weiter. Musste sie weiter.
    Ein leises Plätschern zu ihrer Linken schreckte sie auf. Es hörte sich an, als gleite dort ein Tier ins Wasser. Ein großes Tier. Als sie den Kopf drehte, sah sie einen armlangen Schatten. Ein Krokodil? Nein, das war kein Krokodil. Das Tier glich eher einem Dachs mit Entenschnabel. Behende schwamm es durchs Wasser und tauchte dann unter.
    Ein wenig unheimlich war es hier schon. Jetzt, mit der Dämmerung, nahmen die Laute der Wildnis zu. Am Ufer quakten ein paar Frösche. Von irgendwo erschollen schrill e, klagende Vogelschreie, es klang wie Ki-o, ki-o . Kurz darauf erklang das keckernde, scharrende Lachen eines Kookaburras. Urplötzlich fühlte sie sich einsam, so ganz allein mit ihrem Kind und dem Pferd. Und doch – sie hatte das beunruhigende Gefühl, als beobachte man sie. Trotz ihrer Erschöpfung waren all ihre Sinne wach; angespannt lauschte sie, horchte hinein in die Wildnis. Sie drückte Joey fester an sich. Gab es hier Eingeborene? Moira sah und hörte nichts, was auf andere Menschen hindeutete, aber das hieß nicht, dass sie alleine waren.
    Die Schatten zwischen den Bäumen wurden immer länger, die Dunkelheit immer greifbarer, als das Gelände ein wenig anstieg und sie schließlich auf ein großes, steinernes Plateau stieß. Daneben erhob sich eine Felswand, ein Überhang versprach einen gewissen Schutz.
    Moira hielt an. Die letzten Schritte war sie nur stolpernd vorangekommen. Mit müden Fingern löste sie den Strick, der Decke und Schaffell auf dem Pferderücken hielt, nahm alles herunter und band dem Pferd mit dem Strick die Vorderfüße locker zusammen.
    Im schwindenden Licht sah die Felsplatte aus, als habe dort jemand tiefe Furchen hineingeritzt, aber Moira war zu müde, um es sich näher anzusehen. Unter dem Überhang, dicht an der Wand, faltete sie die Decke auf, schüttelte sie aus und legte sie auf den blanken Fels. Darüber breitete sie das Schaffell. Hier würden sie heute Nacht bleiben.
    *
    Â»Das Zeug ist widerlich!« Penrith griff nach einem Lappen und strich sich die Hände daran ab. Sein Oberkörper war frei, von den Handgelenken bis zur Schulter hatte er seine Arme mit der hellgrauen Salbe eingerieben. Es roch leicht nach ranzigem Fett.
    Â»Aber es hilft.« Alistair schloss den Tiegel mit der Salbe, die er selbst zusammengerührt hatte. »Wie fühlt Ihr Euch?«
    Â»Ich habe Kopfschmerzen.« Penriths Gesicht war leicht geschwollen – ein erstes Zeichen, dass das Quecksilber wirkte. »Und mein Magen knurrt. Verdammt noch mal, McIntyre, ich brauche endlich ein anständiges Stück Fleisch ! Nicht dieses Spülwasser, das mir diese Frau vorsetzt.«
    Er deutete auf den Topf mit Hühnerbrühe, den die Pflegerin vorhin heraufgebracht hatte.
    Alistair schüttelte den Kopf. »Mrs Walcott hält sich nur an meine Anweisungen. Es ist wichtig, dass Euer Organismus nicht durch schwere Speisen belastet wird.« In wenigen ­Tagen, wenn der Speichelfluss einsetzte, würde Penrith ohnehin jeglichen Appetit verloren haben.
    Im Untergeschoss waren Mrs Walcotts Schritte zu hören. Alistair hatte Penrith schließlich davon überzeugen kön nen, dass der Captain jemanden brauchte, der für ihn kochte , putzte und ihn versorgte. Die Frau kam aus Dorset und war angeblich erfahren in der Krankenpflege.
    Â»Ihr müsst schon ein wenig Geduld haben, Cap… Mr Anderson.«
    Im letzten Moment erinnerte Alistair sich an den vereinbarten Namen. Noch immer fiel es ihm schwer, die Täuschung aufrechtzuerhalten. Captain Penrith trat hier natürlich nicht unter seinem richtigen Namen auf, und auch die Tatsache, dass er ein Offizier des New South Wales Corps war, hielten die beiden Männer geheim. Hier war er James Anderson, ein freier Siedler

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