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Im Tal des wilden Eukalyptus

Im Tal des wilden Eukalyptus

Titel: Im Tal des wilden Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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breitgefächerte Schwanzschleppe über dem Körper. Dazwischen zeigten sich mehrere feine helle Federn, die bislang verborgen geblieben waren.
    Moira lachte leise. »Versuchst du etwa, mit mir zu tändeln?«
    Als hätte der Vogel sie verstanden, öffnete er den Schnabel und setzte zu einer weiteren Darbietung seines erstaunlichen Repertoires an. In kurzer Folge vernahm Moira das Lachen des Kookaburras, dann Töne, die wie Gewehrschüsse klangen, sowie ein Klicken und Quietschen, unterbrochen durch Zwitschern und Fiepen in allen Tonlagen. Zuweilen klang es gar, als kämen die Geräusche aus mehreren Quellen.
    Als sie die Schüsse gestern zum ersten Mal gehört hatte, war sie überzeugt gewesen, dass man sie aufgespürt hatte. Aber kurz darauf war von derselben Stelle ein grunzendes Bellen gekommen und danach das täuschend echte keckernde Lachen eines Kookaburras. Als mache sich jemand einen Spaß daraus, sie zu erschrecken. Oder als übe er sich im Imitieren von Geräuschen. Sie hatte es nicht glauben können, als sie kurz darauf entdeckt hatte, dass ein einziger Vogel all diese Laute hervorbrachte. Er konnte sogar menschliche Stimmen nachahmen. Und seit heute offenbar auch ein Pferdeschnauben. Er hatte wirklich schnell gelernt. Sie waren erst seit zwei Tagen hier, und schon konnte er Artemis nachmachen.
    Wieder ein Schnauben, dann leise Stimmen. Moira erstarrte. War das wirklich der geflügelte Tausendsassa?
    Als sie sich aufrichtete, verschwand der Vogel eilig im Unterholz. Die Stimmen blieben.
    Angespannt bahnte sie sich einen Weg durch die Bäume, zurück zu ihrem Lagerplatz – und prallte zurück, wie von einer unsichtbaren Wand aufgehalten.
    Mehrere Soldaten des New South Wales Corps hatten sich unterhalb des steinernen Plateaus versammelt. Moira stand nur wenige Meter entfernt, verdeckt von den Büschen , und sah die feuchten, roten Uniformröcke und den Schweiß , der ihnen über die Gesichter rann. Jeder führte ein Pferd mit sich.
    Sie schluckte schwer. Man hatte sie aufgespürt.
    Im Schatten der Bäume presste sie Joey eng an sich. Es hatte keinen Sinn, wegzurennen, auch wenn ihr Herz raste und alles in ihr zur Flucht drängte. Sie hatte gewusst, dass dies passieren würde. Die Zeit des Glücks war vorbei.
    Auf dem Felsplateau, wo sie ihren Schlafplatz hatte, hockte ein dunkelhäutiger Mann. Er trug Hemd und Hose wie ein Europäer, aber sein tiefdunkles Gesicht mit den schwarzen Locken wies ihn als Eingeborenen aus. Er hob den Kopf, schien ihr direkt ins Gesicht zu blicken. Dann stieß er einen leisen Ruf aus und deutete in ihre Richtung.

11.
    Die Decke stank. Nach den vielen Kusus, deren Felle man dafür zusammengenäht hatte, nach Fett und nach Erde. Im Erdloch in der Mitte der Hütte glühten die Reste des kleinen Feuers, das Yani, die junge Eora -Frau, entzündet hatte, als es Duncan trotz der sommerlichen Hitze einfach nicht warm werden wollte. Inzwischen war ihm entsetzlich heiß, er kam sich vor, als würde er von innen heraus verbrennen, und er hatte schrecklichen Durst. Er schlug die Felldecke zurück. Die glatte, lederne Außenseite der Decke war mit fremdartigen Malereien verziert; Clan-Muster, Ornamente , Tiere. Im Schein des glimmenden Feuers schienen sie sich zu bewegen.
    Mühsam richtete er sich so weit auf, bis er die Schale mit Wasser zu greifen bekam, die Yani neben ihn gestellt hatte. Sein Bein pochte, und sein Körper fühlte sich an, als würde man ihn langsam auf kleiner Flamme rösten. Der Schnitt hatte nur eine kurzfristige Erleichterung gebracht. Das Fieber war zurückgekehrt, die Schussverletzung, die sich zu bessern schien, hatte sich erneut entzündet.
    In der Blätterwand der Hütte raschelten Käfer oder anderes Ungeziefer. Wie spät war es? Sicher tief in der Nacht. Die Dunkelheit schien allumfassend, nur Blätterrauschen und ein paar entfernte Tierstimmen waren zu hören; das Reden und die Gesänge, die den Jagderfolg feierten, waren längst verstummt.
    Am Abend waren die Männer des Clans von der Jagd zurückgekehrt. Auch Joseph. Duncan hatte nicht mit ihm reden wollen. Er wollte mit niemandem reden. Und so hatte er getan, als schliefe er, als sein Vater kurz im Eingang der Laubhütte erschienen war, um nach ihm zu sehen. Ein paar geflüsterte Sätze mit Yani in ihrer kehligen Sprache, von denen Duncan nur ein, zwei Worte verstand,

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