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Im Tal des Windes: Roman (German Edition)

Im Tal des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Im Tal des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Maly
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ihrem Vater geerbt hatte. Doch Johanna dachte gar nicht daran, sie ihre kleinen Schätze sehen zu lassen.
    Das Gedränge wurde dichter, als sie in die Nähe der Schausteller kamen. Johanna stellte sich auf ihre Zehenspitzen und entdeckte zwischen federverzierten Hüten und Zylindern der vornehmen Zuschauer zwei Frauen auf einer Bühne. Ein Mann in kunterbuntem Anzug drehte eine Afrikanerin an den Schultern herum wie ein lebloses exotisches Ausstellungsstück. Oh! und Ah! war aus der Menge zu hören, als die Menschen die Holzscheiben sahen, die die Afrikanerinnen irgendwie an ihrem Mund befestigt hatten. Und auch Johanna erschrak, als die Frau plötzlich die Scheibe herausnahm und ihre Unterlippe ausgeleiert bis über das Kinn herunterbaumelte.
    Als der Schausteller mit eben dieser Scheibe herumging und Geld einsammelte, während die Leute weiter die perlengeschmückten Wilden begafften, zog Lord Chester Johanna weiter. Sie sah nicht, wo sie hintrat, und unterdrückte einen undamenhaften Fluch. Der morastige Boden erinnerte nur ganz entfernt an den grünen Rasen, der dort einmal gewesen war, bevor zahllose Zuschauer ihn zertrampelten. Johanna raffte ihren Rock und verabschiedete sich im Geiste von ihren cremefarbenen Stiefeln, die gerade im Schlamm versanken.
    An der Seite ihres Vaters und MacDougals zwängte Johanna sich durch die Besuchergruppen, bis sie nur noch einen Wunsch hatte: aus der Menge zu flüchten!
    Ihren Begleitern schien es nicht anders zu ergehen. Sie mieden das Durcheinander für eine Weile und flanierten an einer Hecke blühender Buschrosen entlang. Johanna atmete tief durch. Eigentlich mochte sie keine Menschenmengen.
    Obwohl sie nicht einmal versuchte, Anthony Chesters und Henry MacDougals Gespräch zu folgen, schwirrte ihr bald der Kopf von merkwürdigen Ritualen, Löwenjägern und stolzen Negerhäuptlingen, von denen der Forscher zu berichten wusste.
    Bald gelangten sie zu einem Platz mit einem Reiterdenkmal, wo neue Attraktionen warteten. Johanna konnte sich nicht sattsehen an all dem Fremden, während sie am Arm ihres Vaters weiterspazierte. Kleine Äffchen turnten in Metallverschlägen und streckten ihre winzigen Hände nach ihr aus. Ein Falkner trug einen riesigen Adler auf dem Arm. Johanna erkannte das Tier aus den Naturkundebüchern ihres Vaters, deren detailreiche Tierstudien sie immer gerne bewunderte. Der Schnabelgrund, dessen leuchtende Farbe auch die Augen umgab, und die schlanke Figur des Tieres waren unverkennbar.
    » Mr MacDougal, ist das ein Verreaux-Adler? «
    Der Forscher sah sie einen Moment ungläubig an. » Ja, genau richtig, junge Dame. Sie leben in unzugänglichen Gebirgswäldern und an Steilhängen. Anthony, Ihre Tochter macht Ihnen bald Konkurrenz. Ich bin geneigt, Miss Johanna auf meine nächste Expedition mitzunehmen. «
    » Dann würde meine Frau Sie lynchen, MacDougal, und mich gleich noch dazu « , konterte Chester amüsiert. » Gehen wir weiter. «
    In der Luft hing der Geruch von Rauch und gebratenem Fleisch.
    Als sie ein künstliches afrikanisches Dorf erreichten, das in der Mitte der Ausstellung errichtet worden war, entfuhr Johanna ein leiser Ausruf des Entsetzens.
    Wie aus dem Nichts war vor ihr ein halb nackter Wilder aufgetaucht, dessen sehniger Körper nur dürftig von einem schlecht gegerbten Raubtierfell verhüllt wurde. Seine Augen waren angsteinflößend und genauso dunkel wie seine Haut. Im nächsten Moment lachte er einnehmend, und sie kam sich töricht vor, dass sie sich vor dem Fremden gefürchtet hatte.
    Auf dem Boden zwischen den Hütten saßen mehrere Frauen und zerrieben etwas mit Steinen und kleinen Mörsern. Dabei schwatzten sie in einer fremden, kehligen Sprache. Ihre nackten Brüste wurden von Ketten und Amuletten bedeckt.
    Sie bemerkten Johannas Blick. Diese nickte ihnen freundlich zu, doch die Frauen wandten sich schnell wieder ab, als sei ihnen die Aufmerksamkeit unangenehm.
    Zwischen Rundhütten aus Schilf und Leder liefen zwei kleine schwarze Kinder umher und spielten Fangen. Etwas weiter gab es einen Tanz der Eingeborenen zu sehen. Von dort klangen auch die Trommelgeräusche herüber, die Johanna schon während der Kutschfahrt gehört hatte.
    Doch im Augenblick fesselte Johannas Aufmerksamkeit etwas anderes.
    Scheinbar unbeteiligt lehnte ein junger Mann am Stamm einer Buche, die das künstliche Dorf beschattete, und kritzelte etwas in ein kleines Notizbuch. Hin und wieder sah er zu den drei Eingeborenenfrauen und dann wieder in sein

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