Im Taumel der Herzen - Roman
binnen einer Stunde nach Willow Woods bringen würde.
»Bist du endlich bereit zur Manöverbesprechung?«, fragte Richard halb amüsiert, halb verzweifelt. »Bisher hast du dich immer wieder davor gedrückt, aber recht viel länger lässt es sich nun nicht mehr aufschieben.«
Es ärgerte sie, dass er so tat, als wäre das Ganze nur ein Jux. War er wirklich so abenteuerlustig? Dabei müsste er doch ebenso nervös sein wie sie!
Nach allem, was sein Vater ihm gerade angetan hatte — und womöglich erneut antun konnte –, war es tatsächlich tapfer von ihm, dieses Wagnis einzugehen. Das hatte auch ihr Vater gesagt, als sie Richard mit nach Hause genommen hatte, um Gerald über ihren Plan zu informieren.
Richard verhielt sich während dieser Besprechung sehr respektvoll. Julia hatte ihm auf dem Schiff zwar von Geralds Unfall erzählt, von den ganzen Auswirkungen aber nichts erwähnt.
Bis zu dem Treffen mit ihrem Vater war Richard nicht klar gewesen, dass Julia während der vergangenen fünf Jahre mehr oder weniger die Leitung des Familienunternehmens übernommen hatte. Im Laufe des Abends sah er sie etliche Male erstaunt an, als könnte er es kaum glauben.
Sie brauchten sehr lange, um Gerald von der Notwendigkeit ihres Plans zu überzeugen, denn er beharrte hartnäckig darauf, eine bessere Lösung parat zu haben: Er wollte Milton so viel Geld bieten, dass dieser einfach nicht ablehnen konnte. Aber Geld war nicht immer die richtige Antwort, und Richard sträubte sich gegen diese Vorstellung.
»Am Ende gewinnt er? Und ich habe mich neun Jahre lang ganz umsonst von England ferngehalten? Bitte tun Sie das nicht! Er verdient das Geld nicht.«
Einen so bösen Menschen auch noch belohnen? Was das betraf, war Julia mit Richard ganz und gar einer Meinung: Man sollte Milton zur Rechenschaft ziehen, statt ihn auszubezahlen.
James hatte sogar angeboten, rechtliche Schritte gegen ihn in die Wege zu leiten. Er hatte bereits versprochen, dafür zu sorgen, dass die Gebrüder Cantel ihre gerechte Strafe erhielten, sobald der Vertrag vernichtet war. James wollte damit nur warten, bis Richards Plan erfolgreich war, damit der Graf nicht zu früh erfuhr, wie wütend sie wegen der Dinge waren, die er Richard hatte antun wollen. Keiner der beiden Cantel-Brüder würde je wieder ein hohes Amt bekleiden, wenn James erst einmal mit ihnen fertig war. Gegen einen Lord des Königreichs jedoch konnte man nicht so leicht vorgehen, und Richard hatte Malorys Hilfsangebot mit der Begründung abgelehnt, der Skandal würde sich auch negativ auf Richards Bruder und Neffen auswirken, obwohl die beiden an der Sache völlig unschuldig waren.
Am Ende hatte Julia zu Gerald gesagt: »Selbst wenn der
Skandal sich irgendwann wieder legt, wird er mich dennoch daran hindern, mein Leben so weiterzuleben, wie wir es kürzlich besprochen haben.« Sie hatte nicht vor, ihrem Vater zu verraten, dass sie in erster Linie ihn vor den Auswirkungen des Skandals schützen wollte — zumindest bis zu seiner vollständigen Genesung. Seiner Meinung nach war natürlich er für jede Art des Beschützens zuständig und nicht sie. »Dank dieses Plans aber werden wir in der Lage sein, diese ganze Sache hinter uns zu lassen«, fuhr sie fort. »Sämtliche Verbindungen werden dadurch ohne Skandal gelöst, und ich kann mein Leben weiterleben.«
Am Ende war Gerald einverstanden gewesen, allerdings nur unter der Bedingung, dass er ihnen eine aus acht bewaffneten Männern bestehende Eskorte mit auf den Weg geben durfte. Als Zeugen und zur tatkräftigen Unterstützung, falls es nötig sein sollte. Richard hatte zugestimmt, beabsichtigte allerdings, die kleine Armee unter Ohrs Leitung in dem nahe gelegenen Weiler zurückzulassen. Von dort aus konnten die Männer trotzdem Tag und Nacht ein Auge auf das Haus haben. Wären Julia und er jedoch in Begleitung dieser Armee in Willow Woods aufgetaucht, hätten sie den Grafen nur darauf aufmerksam gemacht, dass ihnen irgendetwas Sorgen bereitete — was ihrer Lügengeschichte nicht zuträglich gewesen wäre.
Julia warf einen Blick zu Richard hinüber. Er war dem Anlass entsprechend gekleidet und wirkte an diesem Tag wie ein typischer junger Lord. Er trug sogar eine ordentlich gebundene Krawatte. Sein Haar hatte er sich zwar nicht schneiden lassen, aber es war zumindest streng zurückgebunden.
Während dieses letzten Abschnitts der Reise saßen sie allein in der Kutsche. Sie hatten zwei Kutschen gebraucht, um Julias ganzes Gepäck
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