Im Taumel der Herzen - Roman
versicherte Richard ihr.
»Das freut mich.«
»Nun hast du ihn lange genug mit Beschlag belegt, Kleiner«, sagte James, der gerade auf sie zusteuerte, zu seinem Sohn. An Richard gewandt, fügte er hinzu: »Komm mit, ich habe ein Hühnchen mit dir zu rupfen!«
Stöhnend folgte Richard ihm zu einem Kamin, in dem kein Feuer brannte und der ein gutes Stück von allen anderen Gästen entfernt war.
Einen Arm auf den Kaminsims gestützt, sah James nicht
Richard an, sondern hielt den Blick auf seine Frau gerichtet, während er loslegte: »Was höre ich da? Du bist tatsächlich zur Vernunft gekommen und hast das Richtige getan? Willst du noch schnell einen guten Eindruck machen, bevor du die Stadt verlässt?«
»Sehr witzig!«, meinte Richard, der das gar nicht lustig fand.
»Komm bloß nicht auf die Idee, ein paar Häuser weiter einzuziehen, alter Junge! Jetzt nicht und auch in Zukunft nicht!«
»Du hast mein Wort darauf. Das wird nie passieren.«
Endlich ließ James sich herab, Richard anzusehen. Dabei zog er fragend eine goldene Augenbraue hoch. »Nicht einmal, wenn ihr zu Besuch seid? Ich schätze mal, in diesem Fall könnte ich eine Ausnahme machen.«
Nun musste Richard doch lachen. »Du bist wirklich zu gütig, Malory!«
»Diese Eigenschaft wurde mir schon in die Wiege gelegt«, gab James zurück, ohne eine Miene zu verziehen.
Da James offenbar guter Laune war – vermutlich, weil Richard das Land wieder verließ –, fragte Richard vorsichtig: »Hast du etwas dagegen, wenn ich mich bei Georgina entschuldige, solange ich noch hier bin? Nur für den Fall, dass ich ihr durch meine Vernarrtheit irgendwelche Unannehmlichkeiten bereitet habe?«
»Oh ja, dagegen habe ich sehr wohl etwas.«
»Ich brauchte dafür doch nur eine Minute.«
James’ Ton wurde schlagartig drohend: »Ich habe gesagt, ich habe etwas dagegen!«
Richard seufzte. »Würdest du ihr meine Entschuldigung dann bitte ausrichten? Sag ihr, dass sie eine der schönsten Frauen ist, die ich kenne …«
»Du forderst das Schicksal wirklich heraus.«
»… aber dass ich mir des Unterschieds zwischen bloßer Verliebtheit
und wahrer Liebe mittlerweile voll und ganz bewusst geworden bin«, sprach Richard den Satz rasch zu Ende.
James musterte ihn einen Moment, ehe er antwortete: »Wenn du glaubst, dass ich meiner Frau sage, dass du ihr eine andere vorziehst, kannst du nicht ganz bei Trost sein. Ich richte ihr die Entschuldigung aus, aber kein Wort mehr.«
»Einverstanden.« Richard grinste.
»Aber bei der Gelegenheit wird mir bewusst, dass Georgina Julia sicher vermissen wird. Da die beiden so nahe beieinander wohnen, sind sie inzwischen recht gut befreundet.«
»Julia kommt bald zurück«, entgegnete Richard knapp.
»Sie? Du nicht?« Als Richard zögernd nickte, fügte James hinzu: »Großartig! Eine bessere Lösung hätte ich mir gar nicht wünschen könnten. Ich würde George meinerseits zwar nicht so lange aus den Augen lassen, aber nachdem Julia auf Skylark-Schiffen reist, kannst du zumindest sicher sein, dass ihr nichts passiert.«
Richard hätte es dabei bewenden lassen sollen. Er schuldete Malory keine Erklärungen. Doch da hatte er die Worte bereits ausgesprochen. »Du hast mich falsch verstanden. Sie kommt nur mit in die Karibik, um sich scheiden zu lassen.«
James starrte ihn einen Moment an – nur für den Bruchteil einer Sekunde –, ehe er ihm seine steinharte Faust in den Magen rammte.
»Falsche Antwort – nächster Versuch!«
Doch Richard versuchte erst einmal, wieder etwas Luft in die Lungen zu bekommen und das Gesicht möglichst nicht zu verziehen. Als er es schließlich schaffte, sich aufzurichten und gleichzeitig zu atmen, sah er James aus schmalen Augen an. »Diese Idee stammt nicht von mir. Ich liebe Julia. Aber sie wäre dort, wo ich hingehe, nicht glücklich, fern von allem, was sie kennt und liebt. Das kann ich ihr nicht antun.«
»Dann ziehst du eben wieder nach England. Oder du findest
eine andere Lösung. Auf keinen Fall aber solltest du zulassen, dass dir die Chance auf wahres Glück durch die Finger gleitet, ohne dass du mit aller Macht darum kämpfst.«
»Er selbst hat gekämpft wie ein Löwe«, erklärte Anthony Malory, der gerade zu ihnen getreten war und den letzten Teil von James’ Ratschlag mitbekommen hatte. »James musste sich mit der Tatsache auseinandersetzen, dass die Brüder seiner Frau ihn töten und ihre Schwester mit nach Hause zurücknehmen wollten. Es ist verdammt hart, eine Ehe von zwei
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