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Im Taumel der Herzen - Roman

Im Taumel der Herzen - Roman

Titel: Im Taumel der Herzen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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sofort als einen der drei Schläger wiedererkannt, die Milton angestellt hatte, als er, Richard, damals zu groß für seine Gerte geworden war. Richards letzte Erinnerung an Willow Woods war, dass sein Vater verlangt hatte, er sollte sich die Haare schneiden, die damals knapp schulterlang gewesen waren. Obwohl Richard wusste, dass die Strafe auf dem Fuße folgen würde, hatte er sich natürlich geweigert. Er und sein Vater lagen zu jenem Zeitpunkt längst miteinander im Krieg, und es ging nur noch darum, wer den stärkeren Willen besaß. Deswegen hatte Milton seinen Schlägern befohlen, das Haareschneiden für ihn zu übernehmen. Die Männer hatten Richard aus dem Tiefschlaf gerissen, an einen Stuhl gebunden und praktisch skalpiert. Gott, er wusste noch genau, was für eine ohnmächtige Wut er damals empfunden hatte! Noch am selben Abend war er nach London aufgebrochen, ohne sich auch nur ein einziges Mal umzublicken.

    Als Richard Olaf in der eingeschlagenen Tür stehen sah, durchzuckte ihn eine explosive Mischung aus Wut und Freude. Er konnte in dem Moment nur noch an Rache denken, sodass er sich nicht einmal fragte, was der Grobian überhaupt in dem Gasthaus zu suchen hatte.
    Olaf war immer noch viel größer als er, ein gottverdammter Riese, aber dafür strohdumm, und Richard war kein Junge mehr. Trotzdem blieb ihm nicht einmal genug Zeit, um sich ein paar Sekunden lang genüsslich auszumalen, wie er Olaf zu Brei schlagen würde, denn fünf weitere Männer drängten in den Raum. Zu sechst gingen sie auf Richard los und rangen ihn nieder. Er hatte nicht die geringste Chance, es waren einfach zu viele. Deswegen wäre es auch keineswegs nötig gewesen, ihn bewusstlos zu schlagen, doch einer der Männer tat es trotzdem.
    Nun, im Arbeitszimmer seines Vaters, schaffte Richard es endlich, sich wieder in eine stehende Position zu manövrieren. Seine Bemühungen, die Hände frei zu bekommen, blieben jedoch ebenso wirkungslos wie der zornige Blick, den er seinem Vater zuwarf. Wie hatte das passieren können? Er war so sicher gewesen, dass niemand aus der Gegend ihn wiedererkannt hatte, doch allem Anschein nach war sehr wohl jemand auf ihn aufmerksam geworden und mit der Neuigkeit schnurstracks zum Grafen geeilt.
    Er und Ohr hätten längst nicht mehr in dem Gasthaus weilen sollen! Viel klüger wäre es gewesen, aufzubrechen und sich für die Nacht eine andere Bleibe zu suchen, die näher bei London lag, weit weg von Willow Woods. Aber er hatte mit dem Gedanken gespielt, am nächsten Morgen Charles an der Straße abzufangen und die Gelegenheit zu nutzen, seinen Neffen kennenzulernen, ehe er England endgültig verließ.
    Milton hatte sich kaum verändert. Der Braunton seines Haars war höchstens eine Nuance blasser geworden, das Blau
seiner Augen noch ebenso kalt wie früher. Lediglich die leicht hängende Haut an seinen Wangen ließ erahnen, wie viele Jahre ins Land gezogen waren. Milton jedoch hatte ihm seinerseits noch nicht einmal in die Augen geschaut. Sein Blick war voller Abscheu an dem langen Haar hängen geblieben, das Richard über die Schultern fiel.
    »Mein Gott, es ist noch länger, als ich dachte! Du siehst aus wie ein gottverdammter Bettler, der sich keinen Haarschnitt leisten kann!« An seinen Schläger gewandt, fügte er hinzu: »Sorge dafür, dass das herunterkommt!«
    Richard drehte sich nach dem größeren Mann um und warnte ihn in ruhigem Ton: »Versuch es ruhig – dieses Mal bringe ich dich um.«
    Olaf lachte nur, aber Milton meinte kopfschüttelnd: »Besser nicht. Zweifellos ist er noch genauso störrisch wie eh und je.«
    »Was hast du erwartet?«, knurrte Richard, an seinen Vater gewandt. »Du hast nicht mehr darüber zu entscheiden, wie ich aussehe oder was ich tue, alter Mann. Ich bin erwachsen. Deine Regeln gelten für mich nicht mehr.«
    »Ach, glaubst du? Und was ist mit den Gesetzen? Die gelten sehr wohl noch für dich, und von denen hast du ein paar gebrochen, bevor du davongelaufen bist.«
    »Welche Gesetze? Die deinen?«
    Milton fasste an den Siegelring, der mittlerweile wieder an seinem Finger steckte. »Du hast mir diesen Ring gestohlen, bevor du damals verschwunden bist. Hast du das vergessen?«
    Richard entgegnete: »Den Ring erbt mein Bruder, wenn du einmal stirbst, und er hätte sicher nichts dagegen gehabt, ihn mir für eine Weile zu leihen … Warum zum Teufel stirbst du nicht und setzt unserem Elend ein Ende?«
    Seufzend sagte Milton zu den anderen Männern im Raum: »Seht ihr,

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