Im Taumel der Herzen - Roman
die Karibik gesegelt war, alles gelernt hatte, was es über ein Schiff zu lernen gab. Sie stand wirklich gern am Steuer. Das einzige Problem war, dass sie es nur für eine begrenzte Zeit schaffte, weil dann ihre Arme von der Anstrengung zu erlahmen begannen.
Drew löste sie ab. Er sagte dabei kein Wort, sondern drückte ihr lediglich einen Kuss auf die Wange, ohne ihr jedoch Gelegenheit zu geben, beiseitezutreten, so dass sie nun zwischen seinen Armen gefangen war. Was ihr allerdings nicht das Geringste ausmachte. Mit einem zufriedenen Seufzer lehnte sie sich an seine breite Brust. Ihre Mutter hatte sie oft davor gewarnt, sich in einen Mann zu verlieben, der die See liebte. Da ihr Vater während ihrer Kindheit so viel auf dem Meer unterwegs gewesen war, hatte Gabrielle diese Warnung durchaus ernst genommen, bis ihr irgendwann klar wurde, wie sehr sie ihrerseits das Meer liebte. Deshalb würde sie nicht allein zurückbleiben, während ihr Mann um die Welt segelte, sondern stets an seiner Seite sein.
Dies stellte ihre erste lange Reise dar, seit sie letztes Jahr geheiratet hatten. Sie hatten viele kürzere Strecken zwischen den Inseln zurückgelegt und waren auch ein paarmal nach Bridgeport, Connecticut gesegelt, um in Drews Heimatstadt Möbel einzukaufen. Diese Reise aber sollte sie endlich nach England zurückführen, wo sie einander zum ersten Mal begegnet waren und wo inzwischen Drews halbe Familie lebte.
Anfang des Jahres hatte ein Brief seines Bruders Boyd sie erreicht, in dem dieser ihnen die erstaunliche Neuigkeit mitteilte, dass er sich – nicht lange, nachdem Drew den Bund der Ehe eingegangen war – ebenfalls vermählt hätte. Boyds Heirat kam zwar unerwartet, aber dennoch nicht völlig überraschend, da er kein ganz so eingefleischter Junggeselle wie Drew gewesen war. Kurioserweise hatten mit Boyd nun bereits drei Anderson-Geschwister in die riesige in England lebende Familie Malory eingeheiratet. Wirklich überraschend aber war, dass Boyd sich in eine Malory verliebt hatte, von der niemand etwas gewusst hatte, einschließlich seiner Frau und deren Vater!
Der verflixte Boyd teilte ihnen nur sehr bruchstückhaft mit, wie sich das alles zugetragen hatte, so dass Drew es kaum erwarten konnte, die ganze Geschichte zu hören, und am liebsten sofort nach Erhalt des Briefes nach England gesegelt wäre, hätten er und Gabrielle auf der schönen kleinen Insel, die Gabrielle zur Hochzeit geschenkt bekommen hatte, nicht gerade mitten im Hausbau gesteckt.
Nun aber war ihr Haus endlich fertig, und sie befanden sich auf dem Weg nach England. Boyd hatte in seinem Brief ohnehin vorgeschlagen, die ganze Familie sollte doch dieses Jahr in England zusammenkommen, um den Geburtstag ihrer Schwester Georgina zu feiern – der perfekte Anlass für ein Familientreffen. Gabrielle und Drew würden rechtzeitig dort sein, um beides miteinander zu verbinden: die Befriedigung ihrer Neugier und Georginas Geburtstagsfest.
Als Einzelkind war Gabrielle hocherfreut darüber, in eine Großfamilie eingeheiratet zu haben. Es gab fünf Anderson-Brüder und eine Schwester. Bisher kannte Gabrielle nur die drei jüngeren Geschwister, blickte ihrer ersten Begegnung mit den drei älteren Brüdern aber völlig gelassen entgegen. Sie freute sich richtig darauf, sie endlich kennenzulernen.
Vorhin hatte sie gefroren, bis Drew sie mit seinem Körper umschloss. Obwohl fast schon Sommer war und ihr Schiff, falls ihnen der Wind weiter wohlgesinnt blieb, am nächsten Tag England erreichen würde, ließ der kalte Atlantik sich einfach nicht mit den warmen karibischen Gewässern vergleichen, an die sie sich inzwischen gewöhnt hatte.
»Vielleicht solltet ihr beide euch lieber in eure Kabine zurückziehen«, meinte Richard Allen mit einem verschmitzten Grinsen, als er neben sie trat. »Wollt ihr, dass ich das Steuer übernehme?«
»Unsinn, wir sind doch nicht mehr frisch vermählt!«, begann Drew, doch Gabby hatte sich bereits umgedreht und ihn in eine enge Umarmung gezogen, sodass er atemlos stöhnte: »Aber wenn ich es mir recht überlege …«
Lachend brachte seine Frau ihn auf andere Gedanken, indem sie ihn zu kitzeln begann. Sie verstand sich durchaus auch aufs Necken, hielt solche Neckereien aber meist nicht lange durch, weil in der Regel ihre Gefühle mit ihr durchgingen, wenn sie ihrem Mann derart nahe war.
»Ihr könnt ja nach mir rufen, falls ihr es euch anders überlegt«, bot Richard an und fügte dann lachend hinzu: »Ich an eurer
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