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Im Taumel der Herzen - Roman

Im Taumel der Herzen - Roman

Titel: Im Taumel der Herzen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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Nachmittag hatte schmoren lassen. Obwohl sie ursprünglich vorgehabt hatte, ihn freundlich und respektvoll zu behandeln, war sie nun nur noch wütend und wollte so schnell wie möglich wieder weg.
    Der Diener hatte noch nicht einmal die Tür hinter ihr zugezogen, als sie bereits auf den Punkt kam. »Ich bin hier, um Ihnen zwei Dinge mitzuteilen, Lord Allen. Mein …«
    »Wo hast du deine Manieren gelassen, mein Mädchen?«, unterbrach er sie streng. »Setz dich!«
    Gehorsam ließ Julia sich auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch sinken, auf den er deutete. Sie tat das, ohne nachzudenken, weil sein autokratischer Befehlston einfach keinen Widerspruch duldete. Der Graf war dünner, als sie ihn in Erinnerung gehabt hatte, und sein braunes Haar ein wenig stumpfer. Nachdem sie erst vor Kurzem Richard gesehen hatte, fiel ihr außerdem auf, dass Vater und Sohn keinerlei Ähnlichkeit miteinander aufwiesen. Doch soweit sie sich erinnerte, war Charles ebenfalls nicht nach seinem Vater geraten. Offenbar tendierten beide Söhne vom Aussehen her eher zur mütterlichen Seite der Familie.
    »Nun«, fügte er hinzu, als wollte er absichtlich die Höflichkeit wahren, die sie hatte vermissen lassen, »wie geht es deinem Vater?«
    Plötzlich grinste er höhnisch. Womöglich, weil er sie gerade zum Kuschen gebracht hatte, ohne sich dabei groß anstrengen zu müssen?

    Trotzig sprang sie wieder auf.
    »Bestens.«
    Abrupt beugte er sich vor. »Wie bitte?«
    »Meinem Vater geht es wieder bestens. Sein Gehirn funktioniert genauso gut wie früher, und er wird jeden Tag ein wenig kräftiger.«
    Allem Anschein nach hatte Milton genau wie alle anderen – einschließlich Geralds Arztes – diese Möglichkeit nie wirklich in Betracht gezogen. Für einen kurzen Moment konnte Julia sehen, wie fassungslos er war, doch dann riss er sich am Riemen. »Wie … schön«, murmelte er steif.
    In Wirklichkeit war es ihm völlig egal. Was für ein verabscheuungswürdiger Mensch er doch war! Wie der Vater, so der Sohn. Schlagartig begriff Julia, dass Milton sich wahrscheinlich sogar über Geralds Zustand gefreut hatte. Vorausgesetzt, Richard wäre in den drei Jahren, die sie nun schon volljährig war, als Bräutigam greifbar gewesen, dann hätten die Allens durch diese Heirat über den gesamten Besitz der Millers verfügen können, ohne auf Geralds Tod warten zu müssen.
    »Des Weiteren wollte ich Ihnen sagen, dass ich Richard getroffen habe und sich zwischen uns nichts geändert hat. Wir hassen uns immer noch und haben einvernehmlich beschlossen, niemals zu heiraten.«
    Milton musterte sie mit schmalen Augen. »Glaubst du wirklich, dass es irgendeine Rolle spielt, was ihr beide wollt? Außerdem wird Richard seine Meinung ändern.«
    »Nein, das wird er nicht.«
    »Oh doch! In ungefähr sieben Monaten. So lange hast du Zeit, dich auf deine Hochzeit vorzubereiten.«
    Julia war allmählich nach Schreien zumute. Wie konnte er so etwas sagen und dabei auch noch so sicher klingen, obwohl er Richard doch nicht einmal zu Gesicht bekommen hatte? Um sich zu beruhigen, zählte sie erst bis fünf und dann weiter
bis zehn. Eigentlich hätte sie bis zu einer viel höheren Zahl zählen sollen, doch der Graf musterte sie mit seinen eisig blauen Augen, sodass zu ihrem Gefühlswirrwarr auch noch Nervosität hinzukam.
    »Was ist denn das für eine willkürliche Zahl?«, platzte sie heraus. »Sie glauben tatsächlich, Sie könnten ihn in sieben Monaten finden?«
    »Ich weiß genau, wo er sich aufhält.«
    »Und wo wäre das?«
    »Spielt das eine Rolle? Für dich ist nur wichtig, dass er bald zur Verfügung stehen wird, um den Makel der alten Jungfer von dir zu nehmen. Du solltest dich freuen.«
    Sie konnte es kaum fassen. Warum legte der Adel so großen Wert darauf, dass eine junge Frau direkt aus dem Klassenzimmer in die Ehe ging? Doch er hatte ihre Frage nicht beantwortet. Wahrscheinlich wusste er gar nicht, wo Richard war, sondern bluffte nur. Wie sollte es auch anders sein?
    Julia biss die Zähne zusammen. » Wenn mir das wichtig wäre, was nicht der Fall ist, ändert es dennoch nichts an der Tatsache …«
    »Du willst mit mir diskutieren?«, fragte er.
    »Nein, natürlich …«
    Abrupt hielt sie inne, weil ihr klar wurde, dass er ihr tatsächlich Angst machte. Lag es am Ton seiner Stimme? Gütiger Gott, wie hatte Richard es nur geschafft, seine ganze Kindheit unter dem Dach dieses Mannes zu verbringen und ihm dennoch derart zu trotzen, dass er sich dafür immer wieder

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