Im Taumel der Sehnsucht
italienische Sopran recht bemerkenswert sei, aber Caroline schenkte ihm kaum Beachtung. Sie kletterte in die Kutsche und ließ sich in die Mitte der einen Bank fallen - ein eindeutiger Hinweis darauf, daß sie niemanden neben sich haben wollte. Milford folgte ihr nach und setzte sich gegenüber.
Bradford hatte offenbar keine Lust, sich neben seinen Freund zu setzen. Er bat auch nicht höflich um den Platz. Caroline konnte sich gerade noch rechtzeitig zur Seite werfen und ihren Rock an sich reißen, damit er den Stoff nicht zerdrückte, als er sich auch schon neben ihr niederließ. Sie rückte so weit von ihm ab, bis sie sich an die Kutschenwand drückte.
Den größten Teil der Fahrt war Caroline sehr still. Sie wußte, daß Milford die Spannung spürte, aber es kümmerte sie nicht im geringsten, ob es ihm unangenehm war oder nicht.
Bradford schien sich im Gespräch mit seinem Freund ein wenig zu entspannen. Er ignorierte sie genauso wie sie ihn, und doch saß er so dicht neben ihr, daß sein Arm ständig an ihrer Seite rieb und sein Schenkel an ihrem zu kleben schien.
»Caroline«, wandte sich Milford schließlich an sie. »Sie sind sehr ruhig. Geht es Ihnen nicht gut?«
»Sie hat Bauchschmerzen«, erwiderte Bradford an ihrer Stelle. Seine Stimme klang leicht gepreßt. »Und sie werden auch nicht mehr weggehen. Sobald sie das als gegeben hinnimmt, wird es ihr bedeutend besser gehen.«
Milford sah verwirrt von seinem Freund zu Caroline und wieder zu Bradford.
»Ach, doch, es gibt gewisse Heilmittel für diese abscheulichen, unerträglichen, penetranten Bauchschmerzen«, erwiderte Caroline bissig.
Bradford schwieg. Milford kratzte sich ratlos am Kopf, und Caroline bemühte sich, ihn unbekümmert anzulächeln. Für den Rest der Fahrt behielten alle drei ihre Gedanken für sich.
Der Opernbesuch war wundervoll, und Caroline genoß ihn tatsächlich. Bradford blieb die ganze Zeit an ihrer Seite und stellte sie einer Reihe von Leuten vor. Auch Brummell war anwesend, und er begrüßte sie direkt vor einer sehr großen Gruppe überaus bedeutender Persönlichkeiten der Londoner Gesellschaft.
Bradford und Caroline sprachen so gut wie kein Wort miteinander. Als sie nach der Vorstellung hinausgingen, um auf ihre Kutsche zu warten, stellten sie fest, daß vor dem Opernhaus bereits ein gewaltiges Gedränge herrschte. Es hatte zu regnen begonnen, und einige der Ladies quiekten indigniert. Caroline stand zwischen Milford und Bradford, ignorierte das schlechte Wetter und wartete schweigend, daß ihre Kutsche endlich vor dem Platz hielt.
Als das Gefährt endlich kam, öffnete Bradford die Tür und half Caroline hinein. Irgend etwas schien ihn zu beunruhigen, und plötzlich wandte er sich um und ging um die Kutsche herum nach vorne. Als er zurückkam und sich zu Milford und Caroline gesellte, lag seine Stirn in tiefen Falten.
»Es geht das Gerücht, daß Ihr Vater Lady Tillman heiraten will«, meinte Milford zu Caroline, als die Kutsche anzog.
Caroline sah aus dem Fenster und wunderte sich, warum die Kutsche eine andere Strecke als sonst einschlug. Oder war sie so durcheinander, daß sie nicht mehr wußte, in welcher Richtung sie wohnte? Stirnrunzelnd bat sie Milford, seine Frage zu wiederholen, und warf Bradford einen kurzen Blick zu. Der jedoch starrte ins Leere und schien ganz in seine eigenen Gedanken versunken zu sein.
»Mein Vater scheint sich in Lady Tillmans Gesellschaft wohl zu fühlen«, gab Caroline endlich zur Antwort. Was sie betraf, war das Thema damit erledigt. Sie wandte den Kopf, um wieder aus dem Fenster zu sehen, und erkannte augenblicklich, daß sie sich in einer absolut fremden Gegend befanden.
»Ziehen Sie den Vorhang zu!« Bradfords knapper Befehl ließ Caroline zusammenzucken. Entsetzt sah sie ihn an. Er wirkte plötzlich unglaublich wütend.
»Verdammt! Mein Instinkt hat mich im Stich gelassen!« sagte Bradford leise zu seinem Freund.
Caroline begriff nichts. Sie begriff noch weniger, als die beiden Männer plötzlich ihre Pistolen zogen.
Die Kutsche steigerte nun das Tempo, und Caroline tastete nach etwas, an das sie sich klammern konnte. Bradford schlang ihr einen Arm um die Taille und zog sie an sich.
»Was ist denn mit Harry los?« fragte Milford. Harry war Bradfords Fahrer.
»Das ist nicht Harry«, erwiderte Bradford. Seine Stimme klang nun sehr beherrscht, und Caroline nahm an, daß er sich um ihretwillen zusammennahm. Er wollte ihr nicht noch zusätzlich Angst einjagen.
Bradford war in
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