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Im Tempel des Regengottes

Im Tempel des Regengottes

Titel: Im Tempel des Regengottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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besaß. Doch vor den beiden Kumpanen hatte er sich an jenem Abend als erstrangiger Kenner aufgespielt.
    »Wenn das so ist, können Sie keinen Augenblick länger zögern, Mr. Thompson«, sagte Mortimer in abschließendem Ton. »Zum Donner, Ihr Platz ist an unserer Seite!«
    »Wo Ruhm und Reichtum auf Sie warten«, fügte Climpsey hinzu. Unbemerkt war er so dicht hinter ihn getreten, daß seine Lippen beinahe Roberts Ohr berührten. Jetzt legte er ihm von hinten seine Jacke um, so straff, daß Robert kaum mehr die Arme regen konnte. Eingezwängt wie Schinken in einem Sandwich stand er zwischen den beiden Männern, und Mortimer rückte sein Gesicht noch näher an ihn heran, als er in scharfem Tonfall sagte: »Dann ist es also beschlossen. Wir brechen unverzüglich auf.«
    Es klang wie ein Befehl. Angst stieg in Robert empor, eine Fontäne schierer Furcht, die zu einer Kaskade aus Schreckensbildern zerstob: wie er im Dschungel herumirrte, von Giftspinnen gepeinigt, von Raubkatzen verfolgt, von Mayadesperados gejagt wurde und schließlich in einem mückenverseuchten Sumpfloch versank. »Nein, es geht nicht«, sagte er rasch, »ich muß erst noch...« Er biß sich auf die Unterlippe, sein Blick noch immer auf die Mayamänner im Schatten gerichtet, die sich auf einmal alle drei erhoben.
    Mortimer hatte seinen Blick bemerkt, nun wandte er sich gleichfalls um. »Ach, die drei Affen«, sagte er, absichtlich laut, wie Robert dachte. »Was haben Sie mit denen zu schaffen, Mr. Thompson?«
    »Es ist nur...«
    »Verstehe«, fiel ihm Climpsey ins Wort, »Ihre Zeichnung, Robert, die letzte Nacht zuschanden ging, als Sie einige Mundvoll Rum darüber versprühten.« Auch er hatte wieder seinen gewöhnlichen Tonfall angenommen, vibrierend vor kaum verborgenem Hohn. »Und jetzt hocken auf dem Fleck, den Sie zeichnen wollen, diese drei Heidentiere.«
    Noch einmal zog er Roberts Jacke straff, so heftig, daß eine Naht mit hörbarem Knirschen nachgab, dann trat er an ihm vorbei und machte einige Schritte auf die Indios zu. »Xen!« rief Climpsey. »Tzelik ub'aj!«
    Mit den Armen vollführte er wedelnde Bewegungen, und Robert sah voller Abscheu auf seine schmale Schultern, die unter dem Umhang zuckten.
    »Da staunen Sie, Mr. Thompson«, hörte er Mortimer brummen, »unser unschätzbarer Paul beherrscht tatsächlich die Affensprache.«
    Die drei Maya verließen nun tatsächlich den Schattenfleck, unter Führung des Uralten gingen sie langsam auf Climpsey zu, in feierlicher Prozession über den Rasen, dessen Grün in der Vormittagssonne zu leuchten schien. Climpsey rief ihnen weitere Befehle in der »Affensprache« zu, doch sie beachteten ihn überhaupt nicht, ihre Augen waren auf Robert gerichtet. Auf einmal schien es ihm, als ob sie ihn voller Erwartung ansähen, zugleich hoffnungsvoll und besorgt, als ob er irgendeine Macht über ihr Schicksal besäße. Was um Himmels willen mochten sie von ihm erwarten? Während Robert noch fieberhaft überlegte, trat Climpsey den Maya mit einem seitlichen Schritt in den Weg. Er verschränkte die Arme vor der mageren Brust, und wieder bellte er einige Worte in ihrer Sprache.
    Da verzog sich das Gesicht des Uralten zu einer Grimasse so finsteren Zorns, daß Robert ein Frösteln überlief. Der Greis hob die Arme vor seinen Kopf, als ob er sich schü tzen wollte, die Fäuste seitlich aneinandergedrückt. Auf einmal ging alles so rasch wie im tiefsten Traum. Seine Hände sprangen auf, als ob sie von innen aufgedrückt würden, und ein Schwarm goldener Insekten stob hervor und stürzte sich auf Climpsey und hü llte seinen Kopf in eine Wolke aus flirrendem Gold.
    Climpsey schlug mit den Armen um sich und schrie etwas, das wie »Verfluchte, gottverfluchte Affen« klang. Er drehte sich um sich selbst und schlug mit seiner Schildmütze in die Luft, raufte sich die Haare und versetzte sich Ohrfeigen, um sich von der goldenen Plage zu befreien. Die drei Mayamänner waren wieder einige Schritte zurückgewichen, in den Schatten der Zwillingspalme, und noch ehe Robert begriffen hatte, was das metallische Klacken neben ihm bedeutete, sprang eine Pistole in Mortimers Rechter empor, und ein Schuß detonierte. Einer der Maya stürzte rücklings zu Boden, genau auf den Schattenfleck, mit gurgelndem Schrei.

10
     
     
    Noch während der Schuß zwischen den Parkmauern widerhallte, erklangen von der Straßenseite her Kommandos, Schritte, ein schriller Pfiff. Robert sah nach Climpsey und erkannte voller Erstaunen, daß die

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