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Im Tempel des Regengottes

Im Tempel des Regengottes

Titel: Im Tempel des Regengottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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goldenen Insekten verschwunden waren, ein Trugbild, dachte er, der uralte Mann mußte über Zauberkraft verfügen. Auch Climpsey blickte sich nach allen Seiten um, mit verwunderter Miene, anscheinend aber unverletzt, und ehe Robert begriffen hatte, was überhaupt geschehen war, spürte er, wie etwas Kaltes, Metallisches in seine Hand glitt. Mechanisch griff er zu.
    Da eilten die beiden Wachsoldaten bereits quer über den Rasen auf sie zu, die Revolver gezückt. Der ältere Uniformierte, ein hohlwangiger, hochgewachsener Mann mit scharfen Nasenfalten, stürzte an Robert und Mortimer vorbei und beugte sich über den Indio, der am Boden lag.
    Robert fo lgte ihm mit dem Blick und sah, daß Mortimers Schuß den Maya niedergestreckt hatte, der etwa in seinem Alter sein mochte, dreißig oder wenig darüber. Und als blicke er auf ein Triptychon, das in traumhafter Verfremdung ihn selbst zeigte, empfand er einen jähen, scharfen Schmerz. Für einen Moment war ihm tatsächlich, als liege er selbst dort am Boden, sein gegenwärtiges Ich, ausgestreckt auf dem Rücken, die Augen weit geöffnet, die Arme seitlich ausgebreitet, als wäre er im Begriff, eine vom Himmel fahrende Gestalt zu umarmen. Ein hellrotes Rinnsal sickerte aus seinem Mund, und ein großer Fleck färbte, vor Nässe leuchtend, die linke Hälfte seiner Tunika von der Schulter bis zur Hüfte rot. Jetzt erst wurde Robert bewußt, daß der Mann tot sein mußte, erschossen von Mortimer, dachte er, und obwohl er das Schreckliche der Tat spürte, erschien ihm das Geschehnis als Ganzes noch immer vollkommen irreal. Die Gefährten des Toten, der Greis und der Knabe, standen zu beiden Seiten des Leichnams, verfinstert vor Zorn und Trauer, und erneut schien es Robert, als ob ihn der Uralte mit Blicken durchbohrte.
    Nun richtete sich der Uniformierte wieder auf und schüttelte fast unmerklich den Kopf. Der zweite Soldat, ein schlaksiger, junger Sergeant namens Charles Muller, war unterdessen zwischen Robert und Mortimer getreten. Auch Climpsey war näher herangekommen, eine Hand am Gewehrriemen, stand er gegenüber von Mortimer, dem er verstohlene Zeichen zu machen schien.
    »Sie haben auf den Mann geschossen, Sir?« Der ältere Wachsoldat fragte es in einem Tonfall, als ob er die Antwort schon kennte. Seltsamerweise richtete er seine Frage nicht an Mortimer, sondern sah unverwandt Robert an. »Mit dieser Waffe - Mr. Thompson, wenn ich nicht irre?« Und er deutete auf den silberfarbenen Gegenstand, den Robert in seiner rechten Hand hielt und auf den sie nun alle für einen Moment stumm hinabsahen.
    »Das... ist nicht meine Waffe«, stammelte Robert, »und ich war es auch nicht...«
    »Diese Affen da haben uns angegriffen«, fiel ihm Mortimer ins Wort. »Mr. Thompson blieb nichts anderes übrig, als zu feuern. Lassen Sie mich versichern, Officer«, fügte er hinzu,
    »daß Mr. Climpsey und ich diesem Gentleman sehr zu Dank verpflichtet sind.«
    Die Luft zwischen den Bäumen flimmerte vor Hitze, doch selbst der Schweiß, der ihm über Brust und Rücken hinabrann, schien Robert in diesem Moment unwirklich wie ein Spuk.
    »Im übrigen«, ergänzte Climpsey, »wen kümmert es, ob ein Affe ins Gras beißt?« Er zwinkerte Robert zu, die Mütze schief auf dem fuchsroten Haar, und sein Schnurrbart zuckte.
    »Es sind Abgesandte«, sagte der ältere Wachsoldat, »offizielle Gäste des Gouverneurs.« In seiner Stimme schwang Erstaunen mit, mehr aber noch Besorgnis, und trotz der Sonnenbräune sah sein hageres Gesicht auf einmal grau aus. Er blickte kurz zu Mortimer und Climpsey, dann sah er abermals Robert an. »Ich fürchte, Sir«, sagte er, »dies ist ein sehr ernster Vorfall, der umfassender Untersuchung bedarf.«
    »Abgesandte, Untersuchung - was soll das heißen?« Vergeblich versuchte Robert sich auf den Soldaten zu konzentrieren. Wie magnetisiert ging sein Blick immer wieder zu der Zwillingspalme, wo die beiden Maya, der Greis und der Knabe, starr neben ihrem toten Gefährten verharrten. Die Sonne stand mittlerweile fast senkrecht am Himmel, und der längliche Schatten war zu einem mageren Fleck am Fuß des Baumes eingeschrumpft.
    »Genug der Worte, Mr. Thompson. Händigen Sie mir Ihre Waffen aus - Sie alle, Gentlemen, wenn ich bitten darf.« Die Stimme des Wachsoldaten klang nun kalt und unpersönlich, als zitiere er militärische Vorschriften. »Außerdem fordere ich Sie auf, mich in das Haus des Gouverneurs zu begleiten.«
    Er griff nach der Pistole in Roberts Hand, und im

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