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Im Tod vereint - Divided in Death (18)

Titel: Im Tod vereint - Divided in Death (18) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Robb
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und so war er sehr oft mit mir allein. Er hat mir irgendwelche Medikamente eingeflößt, um mich … ruhigzustellen, während er sich an mir verging. So ging es lange Zeit. Ich habe niemandem davon erzählt. Meiner Meinung nach hatte mein Vater mich im Stich gelassen, und meine Mutter liebte diesen Mann anscheinend mehr als mich. Ich habe versucht mich umzubringen, denn ich war der festen Überzeugung, dass es meine Eltern nicht im Geringsten interessierte, ob es mich überhaupt gab.«
    »Es ist entsetzlich schwer, wenn man das Gefühl hat, völlig allein zu sein.«
    »Sie waren damals tatsächlich allein. Aber ja, es ist genauso schwer, sich allein zu fühlen. Hilflos und schuldbewusst zu sein. Zum Glück war ich zu dumm, um mich erfolgreich umzubringen. Als ich wieder zu mir kam, standen meine Eltern beide neben meinem Bett im Krankenhaus und hatten keine Ahnung, was der Grund für den versuchten Selbstmord war. Da brach alles aus mir heraus. All der Zorn, die Furcht, der Hass. Zweieinhalb Jahre der Vergewaltigungen und des Missbrauchs brachen mit einem Mal aus mir heraus.«

    »Und wie sind sie damit umgegangen?«, fragte Eve, als Mira nichts mehr sagte.
    »Ihre Reaktion war völlig überraschend. Sie haben mir geglaubt und ihn verhaften lassen. Stellen Sie sich meine Überraschung vor«, murmelte Mira leise. »Meine Überraschung, weil ich diesem Albtraum einfach dadurch ein Ende machen konnte, dass ich darüber sprach. Dass ich nur darüber sprechen musste, und schon war es vorbei.«
    »Deshalb haben Sie Psychologie studiert. Um anderen dabei zu helfen, Dinge laut auszusprechen, damit ihr Leid ein Ende nimmt.«
    »So habe ich es damals nicht gesehen. Ich war noch immer wütend und verletzt, aber vielleicht haben Sie Recht. Erst mal habe ich selber eine Einzel, eine Gruppen- und eine Familientherapie gemacht. Irgendwann im Verlauf dieses Heilungsprozesses haben meine Eltern wieder zueinandergefunden und gekittet, was zwischen ihnen zerbrochen gewesen war. Wir sprechen nur sehr selten über diese Zeit, und ich denke auch nicht allzu oft daran zurück. Wenn ich an meine Eltern denke, denke ich an die beiden, wie sie vor der Trennung waren und wie sie seit ihrer zweiten Hochzeit sind. Die bitteren Jahre habe ich verdrängt.«
    »Sie haben Ihren Eltern also verziehen.«
    »Ja, und auch mir selbst. Nachdem auch die beiden sich und mir verziehen hatten, waren wir stärker als jemals zuvor. Ich glaube, was mich vor allem an Dennis angezogen hat, waren seine unendliche Güte und sein grundlegender Anstand. Mir ist bewusst, wie wertvoll diese Eigenschaften sind, denn ich weiß, wie Menschen
sind, denen jede Form des Anstands und auch nur die geringste Güte fehlt.«
    »Wie findet man zurück? Wie findet man zurück, wenn eine Ehe anfängt zu zerbrechen und man sich voneinander distanziert? Wenn es so schlimm ist, dass man nicht darüber reden und noch nicht einmal dran denken kann?«
    Mira griff nach ihrer Hand. »Und Sie können mir nicht sagen, was Sie beide derart quält?«
    »Nein.«
    »Dann werde ich Ihnen die einfachste und zugleich die schwerste Antwort auf diese Frage geben. Liebe zeigt einem den Weg. Sie ist das, womit alles beginnt und womit auch alles endet, wenn man sich mit aller Kraft darum bemüht.«

20
    Sie wollte nicht nach Hause fahren. Auch wenn sie sich eingestehen musste, dass sie ein Riesenfeigling war, wollte sie einfach nicht zu all den anderen Menschen zurück. Und vor allem nicht zu Roarke zurück.
    Liebe konnte unmöglich die - einfache oder komplizierte - Lösung für ihre Probleme sein. Sie liebte diesen Mann so sehr, dass diese Liebe sie beinahe verbrannte. Trotzdem hatte sie keine Ahnung, auf welchem Weg sich diese Klippe, an der ihre Ehe zu zerschellen drohte, noch umschiffen ließ.
    Auch dass sie ihm auswich, konnte nicht die Lösung für ihre Probleme sein, doch im Augenblick erschien es ihr als die einzige Möglichkeit.
    Es lenkte sie von ihrem Elend ab, als sie an diesem warmen Abend durch die vertrauen Straßen schlenderte und den vertrauten Lärm der Autos und der Flieger hörte, während ihr der Geruch verbrannter Sojaburger und das gelegentliche Wusch der U-Bahn, das durch die Belüftungsschlitze an die Oberfläche drang, entgegenschlug.
    Auch das Gedränge auf den Bürgersteigen, wo sich jeder nur um seine eigenen Angelegenheiten kümmerte und seinen eigenen Gedanken nachzuhängen schien, bot ihr ein gewisses Maß an Anonymität und Schutz vor ihrem ganz privaten Leid.
    Ihr kam

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