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Im Todesnebel

Im Todesnebel

Titel: Im Todesnebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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sich Summer mit unsicheren Handgriffen auf die Schulter und richtete sich schwankend auf. Plötzlich war ihm der Gedanke gekommen, daß sie womöglich nicht alleine gewesen war und sich ein paar Freunde von ihr im Dunkeln versteckt hielten. Pitt hatte keine Lust, sich noch einmal auflauern zu lassen. Sein Hotel lag gute zweihundert Meter entfernt, also rückte er seine Last zurecht und machte sich mit unsicheren Schritten auf den Weg.
    Um nicht von den Schwärmen der Touristen entdeckt zu werden, die auch noch des Nachts auf den Bürgersteigen flanierten, mußte er sich seinem Ziel durch das dichte Grün der Anlagen im Rücken der Häuser nähern. Pitt wollte es unter allen Umständen vermeiden, einem Polizisten auf seinem Streifengang in die Arme zu laufen oder etwa einem Touristen, dem es plötzlich in den Sinn kommen könnte, Superman zu spielen, um Rotkäppchen aus den Fängen des bösen Wolfs zu befreien.
    Im Licht der Straßenlaternen wäre die Strecke in fünf Minuten leicht zu schaffen gewesen, durch den Dschungel der Hinterhöfe brauchte Pitt jedoch mehr als eine Viertelstunde. Als er sich in einen Schatten drückte, um ein paar angetrunkene Spätheimkehrer aus seinem Blickfeld verschwinden zu lassen, stieg ihm wieder der Duft von Summers Parfüm in die Nase.
    Und dieses Mal erkannte er ihn, es war der Duft der Plumeria, einer Blüte, die auf allen Hawaii-Inseln anzutreffen war; doch hatte Pitt ihn nie zuvor an einer Frau wahrgenommen.
    Er hatte sein Hotel jetzt fast erreicht. Die Lichter hinter der Eingangstür auf der anderen Straßenseite lockten ihn wie das sichere Feuer eines heimischen Herdes. Als der Verkehrsstrom einen Moment lang abriß, hastete Pitt hinüber. Auf seinem Gesicht waren noch immer die Spuren des Schmerzes eingegraben, und er atmete keuchend von der Anstrengung, einen leblosen Körper über einen vierhundert Meter langen Hinderniskurs getragen zu haben. Mit wenigen Schritten war er an den Wagen, die am Straßenrand parkten, vorbei und stand dann vor der Glastür des Hoteleingangs. Rasch warf er einen prüfenden Blick in die Empfangshalle.
    Im nächsten Augenblick hatte ihn sein Glück verlassen. Eine Putzfrau saugte den Teppichboden vor den Fahrstühlen. Es war eine große, schwere hawaiianische Mammy mit dem Ich-schrei-um-Hilfe-Blick. Pitt drückte sich um die Hausecke herum und eilte die Abfahrt hinunter, die zur Tiefgarage des Hotels führte.
    Bis auf wenige für die Nacht abgestellte Wagen lag die Garage verlassen. Pitt fand einen leeren Fahrstuhl und stieg ein. Er drückte den Etagenknopf und lehnte sich gegen das Teakholz-Geländer, das die wandschrankartigen Wände des Fahrstuhls umlief. Pitt schwitzte am ganzen Körper. Die Anstrengung, verbunden mit der hohen Luftfeuchtigkeit der Nacht, hatte ihn fast völlig ausgepumpt. Während er sich unter Summers Last mühsam im Gleichgewicht hielt, kam er langsam wieder zu Atem. Der Fahrstuhl trug seinen Teil zum Gelingen des Unternehmens bei und hielt erst wieder in dem Stockwerk, das Pitt gedrückt hatte.
    Auf der Anzeige erschien die Zahl 10. Jetzt blieb Pitt das Glück treu, der Flur war in beiden Richtungen leer. Ein paar zähe Sekunden lang suchte er mit ungeschickten Fingern in seiner Hosentasche herum, dann hatte er seinen Zimmerschlüssel endlich gefunden und schob ihn in das Schloß einer Tür aus Rosenholz mit dem Schildche n: 1010.
    Im Grunde hätte sich Pitt die luxuriös ausgestattete Suite von seinem Einkommen gar nicht leisten können, doch entschuldigte er seine Großzügigkeit vor seinem Gewissen damit, daß es sein erster Urlaub seit drei Jahren war.
    Er ging ins Schlafzimmer und ließ seine Last unsanft auf das breite Bett fallen. Zu jeder anderen Gelegenheit hätte ihn der Anblick eines so liebreizenden Frauenkörpers mit Sicherheit in Erregung versetzt. Aber nicht an diesem Abend. Pitt fühlte sich leer und erschöpft. Der Tag war zu Ende gegangen, wie er auch begonnen hatte: mit einem zermürbenden Langstreckenlauf. Pitt weckte Summer nicht, sondern ging hinüber zum Badezimmer, wo er sich auszog und duschte.
    Er konnte sich die Vorgänge nicht erklären. Warum sollte jemand, der ihn überhaupt nicht kannte, die Absicht haben, ihn zu töten? Die einzige Person, die nach seinem Tod auf eine Erbschaft hoffen durfte, war seine kleine weißhaarige Mutter.
    Und die hatte bestimmt kein Motiv zu einer solchen Tat, es sei denn, sie hatte damit aufgehört, Wohltätigkeitsfeste zu veranstalten, ihr Strickzeug aus der Hand

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