Im Todesnebel
Seiteneingang aus dem Hospital davongestohlen, auf der Straße ein Taxi angehalten, und während der Fahrt nach Waikiki Beach war er auf dem weichen Rücksitz des Wagens friedlich eingenickt.
In seinem bequemeren Hotelbett hatte er nicht einmal eine halbe Stunde geschlafen, als jemand heftig gegen die Tür seines Apartments klopfte. Erst glaubte er, daß das Geräusch nur in seinem Traum existierte, und er versuchte, es sich einfach wegzudenken. Schließlich aber stand er schlaftrunken auf und wankte zur Tür, um zu öffnen.
Frauen in den Fängen der Angst sind von einer eigentümlichen Schönheit, als hätte ein lange verborgener animalischer Instinkt sie zu fieberhaftem Leben erweckt. Sie hatte ein kurzes
muumuu
an, ein weites Hemd, wie es die Hawaiianerinnen oft tragen, das mit roten und gelben Blumen bedruckt war und kaum bis zu ihren Oberschenkeln reichte. Ihre dunklen kastanienbraunen Augen waren angstvoll geweitet.
Einen Moment lang starrte Pitt sie stumm an, dann trat er beiseite, um sie hereinzulassen.
Adrian Hunter war mit drei Schritten an ihm vorbei. Doch kaum war sie über die Türschwelle getreten, da wandte sie sich auch schon zu ihm um und ließ sich in seine Arme fallen. Sie zitterte am ganzen Körper, und ihr Atem ging keuchend.
Pitt hielt sie fest. »Um Gottes willen, Adrian, was ist los mit dir?«
»Sie haben ihn umgebracht«, schluchzte sie.
Pitt hielt sie auf Armlänge von sich ab und sah forschend in ihre geröteten, tränennassen Augen. »Wovon redest du?«
Die Worte kamen ihr nur stockend über die Lippen. »Ich lag in meinem Bett mit… mit einem Freund. Sie kamen durch die Terrassentür, es waren drei. Sie waren so leise, daß wir sie nicht im Zimmer bemerkt haben, bis es zu spät war. Er wollte noch mit ihnen kämpfen, aber sie hatten merkwürdige kleine Pistolen, die völlig geräuschlos schossen. Sie haben ihn umgebracht. Sie haben ein dutzendmal auf ihn geschossen. Sein Blut war überall.
Es war schrecklich.«
Wieder überlief sie ein Schauer. Pitt führte sie zum Sofa und zog sie an seine Schulter.
»Ich schrie und lief ins Bad und verriegelte die Tür«, fuhr sie fort. »Sie lachten. Sie standen da und lachten. Wahrscheinlich dachten sie, daß ich in der Falle sitzen würde. Aber das Bad hat eine zweite Tür. Sie führt direkt ins Gästezimmer. Ich griff mir etwas zum Anziehen und bin durch das Fenster geklettert. Ich wollte nicht zur Polizei gehen. Ich hatte Angst. Ich habe versucht, Daddy anzurufen, aber in seinem Büro hat man mir gesagt, daß er im Moment nicht zu erreichen sei. Da fiel ich in Panik, weil ich nicht mehr wußte, wohin ich gehen oder an wen ich mich wenden sollte. Und deshalb bin ich zu dir gekommen.«
Sie wischte sich mit dem Handrücken über die Augen und trat an das Balkonfenster. Gegen das Morgenlicht konnte Pitt erkennen, daß sie unter dem
muumuu
, nackt war. »Es ist wie ein Alptraum«, flüsterte sie. »Ein widerlicher böser Alptraum.
Warum haben sie das getan? Warum?«
»Eins nach dem anderen«, sagte Pitt sanft. »Jetzt gehst du erst einmal ins Badezimmer und wäscht dir das Gesicht ab. Dein Augen-Make-up ist dir schon halb die Wange hinuntergelaufen.
Und anschließend verrätst du mir, wen
sie
umgebracht haben.«
Sie wandte sich ab. »Das kann ich nicht.«
»Sei doch vernünftig«, fuhr Pitt sie an. »In deinem Apartment liegt ein Toter. Was glaubst du, wie la nge du das geheimhalten kannst?«
»Ich… ich weiß nicht.«
»Die Polizei wird keine zwanzig Minuten brauchen, bis sie ihn identifiziert hat. Warum willst du also die große Märtyrerin spielen? Ist er eine örtliche Größe mit Frau und zehn Kindern oder was?«
»Viel schlimmer. Es war ein Freund meines Vaters.« Sie sah ihn bittend an.
»Den Namen«, forderte er.
»Captain Orl Cinana«, murmelte sie langsam. »Er ist Daddys Flottenoffizier.«
Pitt war beherrscht genug, eine ausdruckslose Miene zu bewahren. Es war noch schlimmer, als er befürchtet hatte.
Schließlich wies er befehlend auf die Tür zum Badezimmer.
»Nun geh endlich!«
Gehorsam ging sie hinein, wandte sich noch einmal zu ihm um und schenkte ihm ein hilfloses Lächeln. Dann schloß sie die Tür. Sobald er das Wasser in das Waschbecken laufen hörte, griff Pitt zum Telefon. Er hatte mehr Glück als Adrian. Fünf Sekunden nachdem er der Vermittlungsstelle der 101. Flotte seinen Namen genannt hatte, explodierte Hunters Stimme an seinem Ohr.
»Was fällt Ihnen ein, mir nicht sofort Bericht zu
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