Im Todesnebel
kräftige Öse am Schaftende des Hakens lief, hing unbewegt an der Bordwand hinab und verschwand in dem dichten Nebel über dem Meer. Pitt hatte nun keine Mühe mehr, sich auszumalen, wie es diesen sonderbaren Kriegern aus dem Meer gelungen war, mehr als dreißig Schiffe und eine unbekannte Zahl von Seeleuten auf dem Grund dieser gottverfluchten Ecke des Pazifischen Ozeans verschwinden zu lassen.
Seine Gedanken wurden abrupt unterbrochen von dem lauten Krachen der Automatikrevolver Kaliber 45 und dem schärferen Knallen der 30er Kaliber-Karabiner. Schreie von Verletzten hallten durch den feuchten Dunst. Pitt fühlte sich auf merkwürdige Weise abgesondert und getrennt von dem Kampf, der jetzt immer heftiger wurde.
Ein Querschläger zog wimmernd seine Bahn am Helikopter vorbei und hinauf aufs Meer.
»Verdammt noch mal!« rief Pitt wütend. Ein Treffer an der richtigen Stelle, und der Helikopter würde unbrauchbar sein.
Drei verschwommene Schatten, die bald als Besatzungsmitglieder der
Martha Ann
zu erkennen waren, stolperten heran. Die Männer waren schweißgebadet. »Nun macht schon«, feuerte Pitt sie an. »Bewegt euch!« Pitt hatte sich ihnen nicht zugewandt, sondern starrte weiter beobachtend in die Finsternis. Zwei junge Seeleute, die in panischem Schrecken herangestürzt kamen, glitten auf dem feuchten Deck aus und wären mit Sicherheit über die Reling gefallen, wenn Pitt sie nicht im letzten Moment an ihren wild rudernden Armen gepackt und festgehalten hätte.
»Macht mal langsam, Jungs«, sagte er mit ruhiger Stimme.
»Das ist ein weiter Weg, wenn ihr nach Hause schwimmen wollt.«
»Tut mir leid, Sir«, brachte einer der beiden stockend hervor.
»Aber Sie haben die Kerle nicht gesehen. Sie sind schon über einem, bevor man auch nur die leiseste Chance zur Gegenwehr hatte.«
Als Pitt den jungen Soldaten unter den Rotor des Helikopters schob, tauchten die nächsten vier Männer aus dem grauen Dunstschleier auf. Einer von ihnen war der Rudergänger der
Martha Ann,
der Farris, um die Schultern gefaßt, mit sich schleppte. Der einzige Überlebende der
Starbuck
schien das Geschehen um sich herum überhaupt nicht wahrzunehmen.
Seine unnatürlich geweiteten Augen blickten gerade durch Pitt hindurch, als reichte ihr Blick bis in die Unendlichkeit.
»Setzen Sie ihn auf den Copilotensitz, und schnallen Sie ihn fest«, wies Pitt den Rudergänger an. Dann wandte er sich zum Bug des Schiffes. Er legte seine linke Hand hinter das linke Ohr und lauschte. Schließlich hörte er schwere Schritte wenige Meter vor sich in dem undurchdringlichen Nebel.
»Sind Sie da, Pitt?« rief eine Stimme.
»Kommen Sie näher«, erwiderte Pitt. »Aber machen Sie keine schnellen Bewegungen!«
»Das ist noch meine geringste Sorge«, rief die Stimme. »Ich habe einen Verwundeten im Arm.«
Lieutenant Harper, ein Riese von fast hundert Kilo und der Bordingenieur des Schiffes, trat aus dem Nebel. Über seiner Schulter trug er einen jungen Soldaten, der nicht älter als neunzehn Jahre sein konnte. Das Gesicht des Soldaten war aschfahl, und an seinem rechten Bein lief das Blut in einem breiten Strom herunter und tropfte dann in kastanienbraunen Klecksen auf das Deck. Pitt streckte helfend seine Arme aus.
Seine Hände erwischten einen eisenharten Bizepsmuskel und zogen den schweren Körper, der dazu gehörte, auf das Flugdeck hinauf. »Wie viele sind noch hinter Ihnen?«
»Wir sind die letzten.«
»Und Commander Boland?«
»Eine ganze Horde von diesen halbnackten Kerlen hat ihm und Lieutenant Stanley hinter der Brücke den Weg abgeschnitten.« Harpers Stimme hatte einen entschuldigenden Ton bekommen. »Ich fürchte, sie sind den Enterern in die Hände gefallen.«
»Bringen Sie den Jungen in den Helikopter, und sehen Sie zu, daß Sie die Blutung irgendwie zum Stillstand bekommen«, sagte Pitt. »Dann lassen Sie die Männer mit allen Waffen, die sie noch haben, eine Feuerlinie bilden. Ich sehe mich noch einmal nach Verwundeten um.«
»Aber passen Sie auf sich auf, Sir, Sie sind der einzige Pilot an Bord.«
Pitt antwortete nicht mehr, sondern war im nächsten Moment vom Landedeck heruntergesprungen. Die Mauser im Anschlag, hastete er von Deckung zu Deckung, sein Atem ging in kurzen, heftigen Zügen. Schatten tauchten aus dem Nebel auf, und Pitt schoß ohne Warnung. Drei Männer fielen wie Weizen unter der Sichel zu Boden. Mit kurzen Feuerstößen hielt sich Pitt den Weg frei. Dann verfing sich sein linker Fuß in einer ausgerollten
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