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Im Visier des Verlangens

Im Visier des Verlangens

Titel: Im Visier des Verlangens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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zu stolpern. In den letzten Jahren war er gleichsam in diese Füße hineingewachsen. Seine einst ungelenke, täppische Haltung war einer dynamischen Tatkraft gewichen, einer verwegenen Vitalität, die durch die sonnengebräunte Haut noch unterstrichen wurde.
    Ihr Ehemann war nicht mehr gefahrlos für sie.
    „Wollen wir die Gäste gemeinsam begrüßen?“ Er bot ihr seinen angewinkelten Arm.
    Selbst diese kleine Geste weckte ungebetene Erinnerungen. Hatte er früher seine langen Arme eng an die Seiten gepresst, als müsse er sich entschuldigen, zu viel Platz einzunehmen, schien seine Präsenz nun mehr Raum einzunehmen, als sein Körper beanspruchte. Ihr war, als vollbringe sie eine Heldentat, als sie ihre Finger in seine Armbeuge legte. Eine Aura beklemmender Gefahr schien von ihm auszugehen. Mache einen weiten Bogen um diesen Mann, warnte eine innere Stimme.
    Tapfer umschloss sie mit den Fingern den feinen Stoff seines Ärmels und spürte die männliche Kraft darunter.
    „Ich glaube kaum, dass unser gemeinsamer Auftritt unsere Gäste täuschen kann.“ Sie zwang sich, den Kopf zu heben und seinem klaren Blick zu begegnen. „Wenn jemand die Wahrheit über unsere Ehe kennt, so sind es die Menschen in diesem Salon.“
    Er legte den Kopf schräg. „Und was ist die Wahrheit über unsere Ehe, Kate?“
    Seine Frage war ernst gemeint, denn er schmunzelte nicht und zog die Brauen nicht hoch. Als wüsste er nicht Bescheid. Seine gespielte Ahnungslosigkeit versetzte Kate einen schmerzhaften Stich in der Brust.
    „Unsere Ehe dauerte nur ein paar Monate. Nach deiner Abreise verblasste das, was davon übrig war, schneller als die Tinte auf unserer Heiratsurkunde. Und der Rest … nun ja, der Rest könnte beim leisesten Windhauch verwehen.“
    „Wenn du meinst.“ Er klang aufrichtig. „Dann versuche ich, nicht zu heftig auszuatmen.“
    „Lass es gut sein. Ich habe schon vor Jahren aufgehört, den Atem anzuhalten.“
    Auch als unreifer Jüngling war er ihr gefährlich gewesen. Sie hatte gelitten, als er gegangen war. Nun keimte eine törichte Hoffnung in ihr auf. Das lächerliche Flüstern eines Gedankens,der ihr einreden wollte, aus ihrer Ehe könnte doch noch etwas werden.
    Die wirkliche Gefahr ging nicht von seinem markanten Gesicht oder den sehnigen Muskeln unter ihren Fingern aus. Nein. Wie immer lauerte die Gefahr in ihren eigenen Hoffnungen und Begierden. Es war dieses sehnliche Flüstern, eine Liste, die damit begann: Schritt eins – suche ein seidenes Nachthemd …
    Diese kindisch naiven Wünsche würden sich ungebeten wieder einstellen, wenn sie nicht aufpasste.
    Mittlerweile galt es allerdings, weit wichtigere Geheimnisse zu hüten als bloß einen durchsichtigen Seidenfetzen.
    „Dann wollen wir“, sagte er. „Unsere Gäste warten.“ Damit legte er seine Hand mit sanftem Druck in einer Geste der Zuversicht über ihre Finger. Er wusste nicht, was sie beide erwartete. Kate verdrängte das Flattern in ihrer Magengegend und betrat an seiner Seite den Salon.
    Nach dem Halbdunkel der Halle schlug ihr das helle Morgenlicht grell in die Augen. Die Gespräche verstummten, jedes Geräusch erstarb in der verblüfften Stille. Dann das Rascheln seidener Röcke. Ein violetter Wirbel huschte an Kates Gesicht vorbei, und ehe sie blinzeln oder ihre Fassung wiedererlangen konnte, warf eine in Seide gekleidete Dame sich in Neds Arme und trennte sie von ihrem Ehemann.
    „Ned, du Scheusal“, rief die Dame. „Keine Nachricht, kein Sterbenswörtchen von deiner Rückkehr. Wann hattest du bitteschön vor, uns davon in Kenntnis zu setzen?“
    „Ich bin gerade erst angekommen“, erklärte Ned entschuldigend. „Das heißt, letzte Nacht. Du findest meine Nachricht bei deiner Heimkehr.“
    Bei der Dame handelte es sich um Jennifer Carhart, Marchioness of Blakely, die Gemahlin seines Cousins. Eine von Neds engsten Freundinnen, wie er Kate kurz nach der Hochzeit anvertraut hatte. „Du hast mir gefehlt“, erklärte Lady Blakely einschmeichelnd.
    Sie war hübsch, dunkelhaarig und klug, und Kate verspürte einen unangebrachten Stich des Grolls. Keine Eifersucht, nicht im üblichen Sinne. Sie beneidete Lady Blakely nur um ihren vertraulichen Umgangston mit ihrem Ehemann.
    Als die Marchioness sich aus seinen Armen löste, trat der Marquess vor. „Ned.“
    „Gareth.“ Ned ergriff seine dargebotene Hand. „Glückwunsch zur Geburt deiner Tochter. Meine Wünsche kommen zwar reichlich spät, aber ich erfuhr die freudige Botschaft erst

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