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Im Visier des Verlangens

Im Visier des Verlangens

Titel: Im Visier des Verlangens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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wieder frei atmen. Gleichzeitig wallte Zorn in ihr auf.
    „Ich kann gehen?“
    Er sah sie nicht an, ballte nur die Hände zu Fäusten.
    „Ich kann gehen? Dabei dachte ich immer, darauf verstehst du dich am besten.“
    Er zuckte zusammen und wandte sich ihr zu. „Ich wollte nur höflich sein … ein Gentleman.“
    „Für mich bist du kein Gentleman, sondern der begriffsstutzigste Mann der gesamten Christenheit.“
    „Mag sein, obwohl ich das zu bezweifeln wage.“ Entschuldigend zog er die Schultern hoch. „Es gibt Abermillionen Christen, und eine ganze Menge davon sind Idioten. Wenn dem nicht so wäre, hätte Großbritannien sich nicht wegen Opiumhandel auf einen Krieg mit China eingelassen.“
    Sie schlug mit der Schuhspitze gegen seinen Stiefel, nicht heftig, aber immerhin stark genug, um ihrem Zorn Ausdruck zu verleihen. „Ich kann übertreiben, so viel ich es will. Undglaube bloß nicht, du kannst mich mit deiner dämlichen politischen Meinung vom Thema ablenken. Das ist weder fair noch gentlemanlike.“
    „Glaub mir“, entgegnete er gedehnt, „im Moment bin ich vollauf damit beschäftigt, an meine Manieren zu denken. Ich wäre überfordert, an etwas anderes zu denken als an meine Pflichten als Gentleman.“
    Er schluckte und starrte auf ihren Busen. Ihr war beinahe, als seien drei Jahre der Trennung ausgelöscht und sie erst drei Monate verheiratet. Als sei sie es wieder, die sich sehnsüchtig nach ihm verzehrte, während er sich in höflicher Zurückhaltung übte.
    „Ich nehme meine Bemerkung zurück.“ Ihre Stimme bebte. „Du bist nicht der begriffsstutzigste Mann der gesamten Christenheit.“
    „Nein, nein. Du hast völlig recht. Die Herrin über dieses Weideland hat jedes Recht zu Übertreibungen. Meinen Segen hast du.“
    „Den brauche ich nicht“, entgegnete Kate. „Ich sehe ein, dass ich an Begriffsstutzigkeit nicht zu überbieten bin.“
    Sein fragender Blick flog in ihr Gesicht.
    Sie war gekommen, um zu ergründen, ob ihre Ehe überhaupt noch Sinn machte, ob er eine Ehefrau akzeptieren könnte, die sich mit Dingen beschäftigte, die einer Dame fernliegen sollten. Aber nach all den Jahren war sie immer noch empfänglich für ihn. Und trotz seiner saloppen Kleidung benahm er sich wie ein formvollendeter Gentleman.
    „Da stehe ich vor dir“, fuhr sie immer noch mit bebender Stimme fort, „und bettle geradezu um einen Kuss von dir, den du mir verweigerst … schön und gut. Aber ich bin nicht so naiv, um nicht zu wissen, was das zu bedeuten hat. Männer sind lüsterne Bestien. Und wenn du deiner Lust nicht nachgibst, empfindest du vermutlich keine. Jedenfalls nicht für mich.“
    Ned blieb der Mund offen stehen.
    „Sag es doch einfach.“ Angriffslustig blickte sie ihm in die Augen. „Mach es uns beiden leichter, wenn ich dich bitten darf. Sage mir klipp und klar, dass du kein Interesse an mir hast. Gestehe es endlich, damit ich nicht länger auf einer Wiese stehen muss und auf einen Kuss von dir hoffe. Es sind drei Jahre vergangen, Ned, und ich habe es endgültig satt, auf dich zu warten.“
    Endlich drehte er sich ihr zu, sah sie lange unter zusammengezogenen Brauen an, dann schüttelte er den Kopf.
    „Sag endlich etwas.“ Kate war am Rande der Verzweiflung. „Sprich! Wovor hast du Angst? Ich kann dir nicht wehtun. Und du kannst mich nicht noch mehr verletzen, als du es bereits getan hast.“
    „Frauen sind rätselhafte Geschöpfe.“ Er hob die Hand und kringelte eine Locke an ihrer Wange um seinen Finger.
    Diese flüchtige Berührung ließ sie erstarren. „Wie bitte?“ „Das denkst du wirklich, nicht wahr? Dass ich dich nicht küsse, weil ich kein Interesse an dir habe?“
    „Wenn du etwas für mich empfinden würdest, dann würdest du dich nicht zurückhalten. Ich weiß um diese Dinge Bescheid.“
    „Jemand hat dir Lügen aufgetischt. Offenbar hältst du alle Männer für Bestien, die beim Anblick einer Frau losstürmen, wie Champion, und über sie herfallen.“
    Er rückte näher, und Kate wich zurück, bis der Holzpfosten sich in ihren Rücken drückte.
    „Du denkst, Männer haben keine Selbstbeherrschung und lassen sich nur von niederen Instinkten leiten.“
    Damit gab er in knapper Form das wieder, was ihre verheirateten Freundinnen ihr hinter vorgehaltener Hand zugeflüstert hatten. Deshalb nahmen Männer sich Mätressen – weil sie ihre Wollust nicht im Zaum halten konnten. Genau das hatte man ihr erzählt.
    „In mancher Hinsicht stimme ich dir zu“, fuhr er

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