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Im Visier des Verlangens

Im Visier des Verlangens

Titel: Im Visier des Verlangens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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auf das Tier ein, wie er es am Morgen getan hatte. Er schenkte ihm keinerlei Beachtung, als sei ihm gar nicht bewusst, dass er argwöhnisch beäugt wurde. Stattdessen griff er nach seiner Weste, beklopfte die Taschen, als suche er etwas, holte einen kleinen Beutel hervor und entfernte sich.
    Das Pferd – Champion hatte Ned, der Spaßvogel, ihn genannt – äugte ihm misstrauisch hinterher und machte eine halbe Drehung, um ihn nicht aus den Augen zu verlieren. Leise pfiff Ned vor sich hin und hielt den Blick in die Ferne zu den Bäumen am Fuß des Hügels gerichtet. Wie nebenbei begann er, etwas von einer Hand in die andere zu werfen. Kate beobachtete, wie das Ding, das aussah wie ein heller Kieselstein, hin und her flog. Dann ging Ned in die Hocke und schleuderte das Ding in Champions Richtung, als ließe er einen flachen Stein über die gelblichen Grasstoppeln schlittern.
    Kate trat zwei Schritte näher und griff nach dem Holzbalken der Umzäunung.
    Bei Neds plötzlicher Bewegung wich Champion mit geblähten Nüstern aufgeregt stampfend zurück. Ned wandte ihm den Rücken zu, richtete sich wieder auf und nahm im gleichen Moment Kate wahr. Das leichte Lächeln, das seineLippen umspielt hatte, verschwand. Wortlos machte er kehrt, ging zum Heuwagen zurück, schlüpfte in die Weste, legte die Krawatte um und band den Knoten mit Bedacht. Erst dann machte er sich auf den Weg zu ihr.
    Hinter ihm legte Champion die Ohren dicht an den Schädel, eine ernsthafte Warnung für jeden Angreifer, und stampfte wütend auf, einmal, zweimal. Dann trottete er vorwärts, senkte den Kopf und nahm mit der Schnauze auf, was Ned ihm hingeworfen hatte.
    Ned hatte immer noch kein Wort gesagt. Während er sich Kate näherte, holte er wieder etwas aus dem Beutel und legte es auf einen Pfosten der Koppel. In der sinkenden Sonne leuchtete das Ding wie weißes Porzellan.
    „Komm“, sagte er dann. „Gehen wir ein Stück.“
    Das Korsett war ihr plötzlich zu eng geworden. Die Fischbeinstäbchen drückten gegen ihren Busen, sie hatte Mühe, frei zu atmen. In der Nachmittagssonne, die in seinem Rücken stand, wirkten Neds Augen dunkel, beinahe schwarz, während sein brünettes Haar golden leuchtete.
    Die Rasur hatte seine markante Wangenpartie zum Vorschein gebracht. Allerdings brauchte er noch dringend die Dienste seines Kammerdieners, um ihm einen gepflegten Haarschnitt zu verpassen. Feuchte Strähnen kringelten sich im Nacken und hingen ihm in die Augen. Nun strich er sich die Haare mit gespreizten Fingern nach hinten.
    Auch diesmal empfand Kate ein Gefühl von Ungerechtigkeit. Wenn ihr das Haar in die Stirn hing, wirkte sie ungepflegt und schlampig. Ned hingegen sah nur jungenhaft aus. Könnte sie auf sein Verständnis zählen, wenn sie ihm die Wahrheit gestand …?
    Als sie heirateten, hatte sie ihn für liebenswürdig und harmlos gehalten. Das waren vermutlich die Gründe, warum sie in die Heirat eingewilligt hatte. Die Ehe war ein riskantes Wagnis für eine Frau, da sie nicht vorhersehen konnte, wie ihr Ehemann sie behandelte. Der Mann, den Kate geheiratet hatte,hätte sich allerdings niemals zu Misshandlungen hinreißen lassen, wie Harcroft sie seiner Ehefrau angetan hatte.
    Traf das auch auf den veränderten Mann zu, dem sie nach Jahren wieder begegnet war?
    Als sie sich dem weißen Kieselstein näherte, den er auf dem Pfosten abgelegt hatte, leuchtete ihr das Ding entgegen. Mochte ihr Ehemann auch leichtfertig und gedankenlos gewesen sein, hatte er keine Anzeichen von Grausamkeit erkennen lassen. Und von einem Mann, der einen geschundenen Gaul – sie schnupperte an dem vermeintlichen Stein – mit Pfefferminzbonbons fütterte, hatte sie vermutlich nichts zu befürchten.
    Er war im Grunde immer noch harmlos. Aber damals war er süß wie ein Sahnebaiser gewesen – gezuckerter Schaum, ohne Substanz. Jetzt hingegen …
    Ihre Finger klopften einen fahrigen Rhythmus auf dem Holzbalken. Zehn Schritte vor ihr blieb er in der Koppel stehen. Nur ein paar Holzbalken von ihr getrennt, keine echte Schranke.
    Tief atmete Kate gegen die Enge an, die ihr die Brust zuschnürte. „Offenbar willst du dem Gaul etwas Gutes tun.“
    Er lachte trocken. „Einer muss es ja tun.“
    Sie scheute sich, ihn anzusehen, um nicht in Versuchung zu geraten, auf seine muskelbepackten Arme zu starren, um nicht an seine flache Bauchdecke zu denken, an der das nasse durchsichtige Hemd klebte.
    Sie könnte auf dumme Gedanken kommen … oh, verflixt. Die Gedanken waren

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